TTIP sollte für Drittstaaten offen gestaltet werden

Markt in Honda, Columbien
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Markt in Honda, Columbien

Die geplante Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft TTIP wird nicht nur ökonomische Auswirkungen auf die beiden Vertragsparteien EU und USA haben, sondern auch den Handel von Drittstaaten beeinflussen. Wie müsste das Abkommen formuliert werden, um negative Folgen für andere Länder gering zu halten?

Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten von Amerika verhandeln aktuell mit der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) ein präferentielles Handelsabkommen. Solche auf bilateraler oder regionaler Ebene geschlossenen Abkommen ermöglichen eine gegenseitige Marktöffnung zwischen den Vertragspartnern, die über das auf globaler Ebene ausgehandelte Niveau hinausgeht. Gleichzeitig tragen diese - besonders wenn sie wie TTIP ein Drittel der globalen Exporte und Importe betreffen - jedoch zu einer Fragmentierung des Welthandels bei und stehen damit in einem Spannungsverhältnis zu den Prinzipien des multilateralen Handelssystems. Eine spätere „Multilateralisierung“ bilateraler Verträge ist zwar nicht ausgeschlossen, schränkt jedoch die Mitsprachemöglichkeiten von zunächst nicht beteiligten Drittstaaten bedeutend ein.

Um diesen Risiken entgegenzutreten, sollten präferentielle Freihandelsabkommen wie TTIP möglichst „offen“ ausgestaltet werden. Wichtige Möglichkeiten sind hierfür eine Beitrittsklausel für Drittstaaten, offene Produktstandards und inklusive Ursprungsregeln.

Staaten sollten TTIP beitreten können

Die EU und die USA haben bereits angedeutet, dass andere Staaten nach Abschluss der Verhandlungen eingeladen werden könnten, dem Abkommen beizutreten. Eine explizite Beitrittsklausel wäre die umfassendste Art, TTIP für weitere Staaten zu öffnen, damit auch diese vom präferentiellen Zugang zum transatlantischen Markt profitieren können. Sie folgt der Idee, dass Freihandelsabkommen das multilaterale Handelssystem nicht aushöhlen, sondern letztlich tiefere Liberalisierung ermöglichen. Das Transpazifische Partnerschaftsabkommen, das derzeit zwischen den USA und 12 pazifischen Staaten verhandelt wird, soll beispielsweise eine Beitrittsklausel für Drittstaaten enthalten.

Beitrittskandidaten hätten jedoch nur geringe Flexibilität was den Inhalt des Vertrags betrifft. Der Spielraum für Nachverhandlungen ist begrenzt und besteht nur bei Marktzugangsfragen, etwa in der Ausgestaltung des Zeitplans für die Senkung von Zöllen. In allen anderen Bereichen müssten neue Mitglieder die von EU und USA ausgehandelten Regelungen übernehmen. Dies ist insbesondere für Entwicklungsländer, welche bisher unter einseitigen Zollpräferenz- und Freiquoten in die EU und die USA exportieren, wenig attraktiv. Ein solches „Andocken“ bietet sich vor allem für Staaten an, die bereits ein Freihandelsabkommen mit einem oder beiden TTIP-Parteien abgeschlossen haben. So könnte der Verlust von Handelsanteilen verringert werden. Da auch hier Drittstaaten zu „Regelnehmern“ werden, kann der Beitritt eine multilaterale Handelspolitik nicht ersetzen.

Produktstandards sollten möglichst offen gestaltet werden

Die Harmonisierung oder gegenseitige Anerkennung bestimmter Normen, Standards und Testverfahren, die bislang zwischen der EU und den USA stark variieren, würde den größten Teil der Handelserleichterungen im TTIP-Abkommen ausmachen. Deshalb ist der Bereich jedoch auch für Drittstaaten von großer Bedeutung, die hier Vorteile für amerikanische und europäische Produzenten befürchten. Einzelne Waren müssen etwa unterschiedlichen Gesundheitsstandards oder technischen DIN-Normen entsprechen, wenn sie in die EU oder die USA importiert werden. Werden diese Produktstandards nun bilateral harmonisiert, oder als äquivalent anerkannt, vereinfacht dies den Handel zwischen EU und USA. Ob Drittstaaten ebenfalls teilhaben können, hängt von den getroffenen Regelungen in TTIP ab.

Aus Sicht von Drittstaaten ist eine Regelung durch das Äquivalenzprinzip der Harmonisierung vorzuziehen. Die Feststellung der Äquivalenz der Regulierungsziele bedeutet, dass Standards und Normen aus dem jeweils anderen Markt akzeptiert werden, obwohl sich die eigentlichen Regulierungen unterscheiden. Hierbei ist es wichtig, dass das Verfahren durch TTIP auf Drittstatten ausgeweitet wird. Nur so könnte ein Produkt eines anderen Staates, das Standards und Normen des EU-Binnenmarkts erfüllt, auch eine Zulassung für den amerikanischen Markt bekommen. Werden Drittstaaten ausgeschlossen, profitieren nur europäische und amerikanische Hersteller von den neuen Regelungen zu Produktstandards. Die Harmonisierung von Regulierungen bietet hingegen mittelfristig den Vorteil, dass Produkte bei Erfüllung des neuen transatlantischen Standards sowohl in den europäischen als auch amerikanischen Markt exportiert werden können. Kurzfristig würde dies jedoch zusätzliche Mehrkosten bedeuten, da Drittstaaten ihre Produktionsprozesse an den neuen Standard anpassen müssen. Dies wäre vor allem für Entwicklungsländer nachteilig.

Ursprungsregeln sollten den Marktzugang für Produkte aus anderen Staaten erleichtern

Bilaterale Handelsabkommen unterscheiden zwischen Waren, die in einem der beteiligten Staaten hergestellt wurden, und solchen, die aus Drittstaaten stammen. Nur erstere sollen vom verbesserten Marktzugang profitieren. So soll verhindert werden, dass andere Staaten, die beispielsweise ein Freihandelsabkommen mit der EU abgeschlossen haben, ihre Güter über TTIP nun auch unter präferentiellen Bedingungen in die USA exportieren können. Da heute allerdings kaum noch Waren ausschließlich in einem Land hergestellt werden, wird diese Bestimmung durch ein komplexes Regelsystem vorgenommen, das den „Ursprung“ des Gutes definiert. Es liegt hierbei im Ermessen der EU und der USA, wie streng oder „offen“ die Ursprungsregeln in TTIP ausgestaltet werden.

Um die Auswirkungen auf andere Staaten abzumildern, sollte der gestattete Fremdanteil in TTIP möglichst hoch angesetzt werden. Das bedeutet, dass Rohstoffe und Komponenten aus Drittstaaten in größerem Umfang in europäische und amerikanische Produkte einfließen können, ohne die präferenzielle Behandlung der fertigen Waren im transatlantischen Handel zu gefährden. Um Produktionsnetzwerke und Lieferketten nicht zu gefährden, wäre es außerdem möglich, diagonale Kumulierung zuzulassen. Kumulierung erlaubt es, Vormaterialien aus einem Drittstaat, die in den USA oder der EU weiterverarbeitet werden, gleich zu behandeln wie solche mit Ursprung in EU und USA. Eine solche Regelung sollte vor allem Entwicklungsländer einschließen. Zusätzlich könnte TTIP den Marktzugang für Drittstaaten erleichtern, wenn das Abkommen zu einer deutlichen Vereinfachung und Vereinheitlichung von „offeneren“ Ursprungsregeln führen würde. EU und USA verfügen beide über eigenständige, hochkomplexe Regelwerke zur Bestimmung der Produktherkunft. Eine Vereinfachung und Vereinheitlichung durch TTIP würde auch für Produzenten in Drittstaaten Zeit und Kosten bei der Beurteilung und Planung der Lieferketten sparen.

Für die laufenden Verhandlungen von TTIP ist es wichtig, Offenheit und Anschlussfähigkeit für Drittstaaten nicht aus dem Blick zu verlieren – nur so können die Risiken für das multilaterale Welthandelssystem verringert werden.