Folgen des Klimawandels: Marokko unter Zugzwang

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Teilnehmer/innen der nationalen Konferenz „Klimawandel in Marokko: geteiltes Wissen und engagierte Netzwerke" (10.02.2015, Rabat)

 „Marokko ist direkt von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen“, wenn auch Stadt und Land in unterschiedlicher Weise. Um gemeinsame Strategien für die Zukunft zu entwickeln, hat unser Büro in Rabat zu einer nationalen Klimakonferenz geladen.

Konferenzbericht: „Klimawandel in Marokko: geteiltes Wissen und engagierte Netzwerke" (10. Februar 2015, Rabat)

„Marokko ist direkt von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen“, mit diesen Worten eröffnete Frau Dr. Aawatif Hayar, Wissenschaftlerin an der Universität Hassan II in Casablanca die Konferenz. Die direkten Auswirkungen des Klimawandels sind in Marokko für jeden in Form von Trockenperioden und starken Unwettern zu spüren. Diese Veränderungen sind für ein Land, das zu einem großen Teil von der Landwirtschaft lebt, von gravierender Bedeutung.

Darum war es nicht erstaunlich, dass das Interesse an der Konferenz groß war. Neben Landwirten nutzten NGO’s, die zum Thema Klimaschutz in Marokko arbeiten sowie Wissenschaftler/innen und internationale Expert/innen die Plattform, um nach geeigneten Lösungen und Strategien zu suchen.

Nationale Herausforderungen und Strategien

Der marokkanische Staat ist sich den Herausforderungen bewusst, das unterstrich Mohammed Maktit, Leiter des Planungs- und Perspektivenstabs im marokkanischen Umweltministerium.

Mit verschiedenen Programmen und Strategien versucht der Staat die wirtschaftliche Entwicklung mit einem Plan für „grüne Investitionen“ zu flankieren.

Energiegewinnung ist neben der Wasserversorgung in Marokko ein Schlüsselprojekt. Doch wie kann die Energieversorgung für das ganze Land garantiert und gleichzeitig der CO2-Ausstoß, der maßgeblich für die Erderwärmung verantwortlich ist, minimiert werden? Die Konferenz machte klar, dass hierbei Solarenergie eine große Rolle spielen muss.

Erste konkrete Solarenergieprojekte gibt es bereits: so hat die marokkanische Solaragentur MASEN mit dem Bau einer Solaranlage in Ouarzazate begonnen, die aller Voraussicht nach noch dieses Jahr an das Netz angeschlossen werden kann. Die Vertreterin von MASEN, Frau Fatma Handouch, machte deutlich , dass Marokko sich in mitten der Übergangsphase hin zu sauberen Energiequellen befinde. Neben Ouarzazate soll es in Zukunft noch weitere Standorte für Solaranlagen geben. Dafür ist es dringend notwendig, dass die Industrie in diesen Produktionszweig stärker investiert. Mindestens genauso wichtig ist es, dass auch die Zivilgesellschaft, allen voran die Bevölkerung, die direkt vom Bau der Solaranlagen betroffen ist, mitgenommen und eingebunden wird.

Die Ära des neuen Klimas hat längst begonnen

Als höchste Priorität erachtete Dr. Said Karrouk, Klimaforscher und Mitglied des internationalen Gremium zu Klimawandel (IPCC), den Stopp der Erderwärmung, damit es zu keinen weiteren Verschiebungen der Klimazonen kommen kann. Allerdings müsse auch der Status quo genauer betrachtet und darauf reagiert werden. Denn das neue Klima ist schon längst Realität und keine Ausnahmeerscheinung mehr, wie Herr Karrouk  betonte. Die Klimazonen verschieben sich bereits. Dadurch kommt es zu einer neuen Verteilung der Temperaturen auf dem Planeten. Für Marokko bedeutet das: Unwetter und Trockenheit nehmen zu. Extreme Temperaturen sind die Konsequenz: heiße Spitzenzeiten wechseln sich mit Schnee und Kälte ab. Mit diesem neuen Klima kommen neue Herausforderungen auf Marokko zu. So müsste sich zum Beispiel die Ressourcenpolitik dem neuen Rhythmus anpassen und neue Ideen für die Wasserspeicherung entwickeln. Als letzte wichtige Veränderung nannte Dr. Karrouk die Tatsache, dass die Klimaveränderungen auch die Bevölkerungsdichte direkt beeinflusst: die Ballungszentren verdichten sich immer weiter, da zunehmend mehr Klimaflüchtlinge, häufig ehemalige Landwirte aus der Provinz und Migrant/innen aus den Nachbarländern, in die Stadt drängen.

Inwiefern Frauen von den Folgen des Klimawandels betroffen sind, wurde ebenfalls auf der Konferenz diskutiert. Frau Bouchikhi Soumiya, Wissenschaftlerin an der Universität Sidi Mohamed Ben Abdellah in Fès, machte anhand eines beispielhaften Tagesablaufs einer Bäuerin klar, wie stark Frauen im ländlichen Gebieten durch den Klimawandel beeinträchtigt sind. So führen zum Beispiel die starken Trockenperioden dazu, dass Ackerland intensiver bearbeitet werden muss. Mit der Folge, dass die komplette Arbeitskraft dort benötigt wird. Für den Haushaltbleibt so weniger Zeit, für diesen werden explizit  die Töchter herangezogen. Im Zweifelsfall wird bewusst auf die Schulausbildung der Kinder verzichtet, um mehr Kapazitäten im Haushalt zu haben.

Internationale Verhandlungen – COP 2016 in Marokko

Alle Anstrengungen auf nationaler Ebene müssen auf internationaler Ebene einen Widerhall finden, denn Klimawandel macht nicht an den Grenzen halt sondern  ist ein globales Phänomen. Um den Druck auf alle Parteien bei internationalen Verhandlungen zu erhöhen, kommt der Zivilgesellschaft eine wichtige Rolle zu: sie muss informieren, auf Missstände und Ungerechtigkeiten hinweisen, Alarm schlagen und verbindliche Absprachen einfordern, so Said Chakri von der Vereinigung der Biologie- und Erdkundelehrer.

2016 wird die COP in Marokko stattfinden. Darauf muss sich die marokkanische Zivilgesellschaft aber nach Meinung von Said Chakri noch vorbereiten, denn die meisten NGO’s engagieren sich im Bereich der Sensibilisierung, aber nicht in der Politikbeobachtung und  –beratung. Bislang gibt es kein funktionierendes Netzwerk und es fehlt an Führungsfiguren. Als ersten Schritt für eine bessere Zusammenarbeit bot unser Büro in Rabat mit dieser Konferenz einen Raum für Vernetzung und Austausch. In den Workshops der Konferenz wurden konkrete Empfehlungen der Zivilgesellschaft erarbeitet, damit diese ihr Engagement auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene ausweiten kann.