System Error: "Wachstum ist nicht naturgegeben"

Interview

Der Film "System Error" zeigt die Welt des Kapitalismus und die selbstzerstörerischen Zwänge des Systems. Im Interview spricht der Regisseur Florian Opitz über die Hintergründe zum Film, seine Protagonisten und eigene Erkenntnisse.

Der Regisseur Florian Opitz zeigt in seinem neuen Film "System Error" die Welt des Kapitalismus.
Teaser Bild Untertitel
Regisseur Florian Opitz

Wir treiben das Wachstum immer weiter, obwohl wir wissen, dass man auf unserem endlichen Planeten nicht unendlich wachsen kann. Der Film „System Error“ sucht Antworten auf diesen Widerspruch unserer Zeit. Die Heinrich-Böll-Stiftung begleitet die Filmtour durch Deutschland. Der Regisseur Florian Opitz spricht im Interview über die Hintergründe zum Film.

Wie kam es zu dem Film?

Ursprünglich wollte ich einen Film über den Wachstumszwang im Kapitalismus drehen und vorhandene Ansätze aufzeigen, ob Regionalwährungen, solidarische Landwirtschaft oder Urban Gardening. Aber zum einen gab es, als wir 2014 anfingen zu drehen, einen regelrechten publizistischen Hype um diese Projekte und sie wurden auf einmal in zahllosen Beiträgen und auch Filmen vorgestellt, zum anderen habe ich mir einige Projekte näher angeschaut.

Ich bin beispielsweise nach England gefahren wegen der Transition-Town-Bewegung, an der sich mittlerweile mehr als tausend Städte weltweit beteiligen. Die Idee ist ja im Grunde, lokal etwas zu verändern und global damit etwas zu bewirken. Es gibt viele tolle Bücher und Vorschläge dazu. In Totnes, der südenglischen Stadt von der alles ausging, gab es aber kaum etwas zu sehen, außer einem Gemüsebeet am Hafen der Stadt, wo ein paar Gemüsesorten angepflanzt sind. Leider verändert das nicht die Welt. Das kann ich dem Zuschauer unmöglich als eine große Alternative zum Kapitalismus verkaufen, schon gar nicht in Deutschland. Wir sind hier durch Jahrzehnte Ökologiebewegung schon viel weiter. Ich musste also erst mal schmerzhaft einsehen, dass mein filmisches Konzept nicht aufging und war erst einmal ratlos.

Sie haben sich dann für einen anderen Film entschieden?

Ja, auch weil ich mich immer mehr mit den theoretischen und realen Funktionsweisen und Zwängen unseres Wirtschaftssystems beschäftigt habe und erkennen musste, dass es einfach nicht ausreicht, wenn wir uns darauf beschränken, etwas im Kleinen verändern zu wollen. Natürlich kannst du individuell etwas erreichen, aber das verändert doch nicht dieses Monster an System, in dem wir stecken. Ich fand dann plötzlich diese Ebene viel spannender: Warum streben wir eigentlich wie die Verrückten immer noch mehr Wachstum an, obwohl wir doch schon seit Jahrzehnten wissen, dass es uns am Ende umbringt. Wir haben den Fokus für unseren Film deswegen um 180 Grad gedreht.

 

Florian Opitz

Der Regisseur Florian Opitz (geb. 1973) ist Filmemacher, Autor und Journalist und gibt an einigen Hochschulen Seminare zum Thema Dokumentarfilm.

Seit 1998 hat Opitz zahlreiche preisgekrönte Dokumentationen und Dokumentarfilme für verschiedene europäische Sender und das Kino gedreht. Opitz’ dritter Kinofilm SYSTEM ERROR kommt 2018 bundesweit in die Kinos und ist in der Vorauswahl zum Deutschen Filmpreis 2018.

Um die Innenwelt des Kapitalismus vorzuführen?

Ja, ich wollte nun zeigen, was bewegt die Entscheider in unserer Wirtschaft, die Kapitalisten wenn man so will. Warum ist für sie exponentielles Wirtschaftswachstum so unverzichtbar. Wie erklären sie uns das? Haben sie vielleicht ein Spezialwissen und gute Gründe dafür oder folgen sie irgendeiner Ideologie? Das finde ich spannend. Mein professionelles und persönliches Interesse als Dokumentarfilmer ist es ja, in Welten einzutauchen, die ich und die meisten meiner Zuschauer nicht kennen. Und die Finanzwelt ist so eine fremde Welt, die mich, je mehr ich davon erfahren habe, fasziniert.

Und was denken die Manager dort?

Ich war ziemlich überrascht wie meine Gesprächspartner – allesamt Hochkaräter aus der Wirtschafts- und Finanzwelt – mit Konsequenz und Absolutheit die Notwendigkeit für ihren jeweiligen Wirtschaftsbereich begründet haben. Sie sprachen zum Beispiel davon, dass es exponentielles Wirtschaftswachstum quasi seit dem Beginn der Menschheit gegeben habe und behaupteten, dass Wirtschaftswachstum ein „Naturgesetz“ sei, so wie die Schwerkraft. Mich haben ihre Begründungen an ideologische oder religiöse Bekenntnisse erinnert. Keiner meiner Gesprächspartner machte sich die Mühe die behauptete Notwendigkeit des Wirtschaftswachstums argumentativ mit Fakten zu untermauern.

War es schwierig solche überzeugten Protagonisten für das Projekt zu gewinnen?

Ja, ziemlich sogar. Erstens haben solche Leute meist gar keine Vorstellung davon, was ein Dokumentarfilm ist oder will. Sie sind zwar durchaus medienerfahren, aber sprechen eben nur mit den Medien ihrer Filterblase. Und außerdem sagt ihnen der Instinkt – oder vielmehr ihre Kommunikationsabteilungen –, dass sie bei dem Gespräch mit einem Dokumentarfilmer nichts gewinnen aber viel verlieren können. Diese Hürden musste ich erst einmal nehmen. Das ist mir aber zum Glück bei den meisten gelungen, die mit mir gesprochen haben. Häufig gerät man aber auch an Leute, die viel Kreide gefressen haben und durch mindestens eine Schulung in Nachhaltigkeitssprech gegangen sind. Da wird dann noch das rücksichtlosestes Profitstreben, mit Worten beschrieben, die aus einer Umwelt- oder Menschenrechtskampagne einer NGO stammen könnten.

Warum kommen eigentlich überhaupt keine Frauen in System Error vor?

Es freut mich, dass Ihnen das aufgefallen ist. Und das ist etwas, dass uns den kompletten Prozess des Machens über beschäftigt und an den Rand der Verzweiflung gebracht hat. Nicht nur allein deswegen, weil die Hälfte der Erdbevölkerung weiblich ist, weil weibliche Protagonisten immer noch eine andere Perspektive in einen Film hineinbringen, sondern auch weil ein großer Teil unseres Teams und alle vier Redakteurinnen Frauen sind und die natürlich mit Recht auf so etwas achten, sondern auch weil wir wussten, dass sich die Zuschauer genau das fragen werden.

Wir haben also in den Sektoren, die wir portraitiert haben, bei den hohen Funktionsträgern des Kapitalismus, wenn man so will, auch immer explizit nach weiblichen Führungskräften gesucht und bei all unseren Interviewanfragen betont, dass wir uns über weibliche Interviewpartner sehr freuen würden. Es war aber wirklich erstaunlich zu sehen, wie wenige Frauen in den Führungsetagen der Finanzwelt, der Flugzeugindustrie und des Agrobusiness in Brasilien tätig sind. Kaum eine. Wir kennen ja auch die seit Jahren die Debatte um eine Quote für Vorstandsposten bei DAX-Unternehmen. Es gibt da kaum eine Frau.

Und die wenigen, die wir überhaupt ausfindig machen konnten, hatten kein Interesse von uns interviewt zu werden. „It’s a man’s world“, hat uns mal ein ausgestiegener Fonds-Manager gesagt. Und irgendwann haben wir uns dann auch entschieden, genau das zu zeigen, anstatt die Welt, die wir in unserem Dokumentarfilm abbilden, besser zu machen als sie ist. Das erschien uns der ehrlichste Weg damit umzugehen. Und es zeigt doch unendlich viel über den Zustand unseres Finanzsystems.

Welchen Eindruck bekamen Sie von ihren Protagonisten?

Ich will diese Leute gar nicht moralisch bewerten. Für mich agieren sie auch gar nicht moralisch gut oder verwerflich. Sie machen das, was aus ihrer Sicht und auf ihrem Posten von ihnen verlangt wird. Meist machen sie ihren Job seit Jahren sehr gut. Aus der Innensicht ist das alles sehr erfolgreich. Tritt man aber einige Schritte zurück, merkt man, dass sie kleine Rädchen in einem System sind, das im Großen und Ganzen gesehen falsch läuft, einige eingebaute und leider fatale Systemfehler hat. Ich fand meine Protagonisten im Übrigen alle sehr sympathisch.

Auch den Fondsmanager Antony Scaramucchi, den US-Präsident Donald Trump nach wenigen Tagen als Berater gefeuert hat?

Auf jeden Fall. Scaramucchi war super – ich habe ihn geliebt. Er machte keinen Hehl daraus, dass er uns als Gegner ansieht. Er kam rein und dröhnte gleich, wo sind diese kommunistischen Arschlöcher? Es war ihm völlig egal, dass wir im Raum waren und das hörten. Ich interviewe lieber einen wie Scaramucchi als einen weich gespülten Manager, der rhetorisch geschult ist, aber partout nicht sagt, was er denkt. Scaramucchi sagt eins zu eins, was er denkt. Scaramucchi wischt die ganze Wachstumskritik beiseite.

Für ihn ist es wachstumskritisches Gewäsch, das sich eine linke, intellektuelle Elite ausgedacht hat. Man müsse nur endlich Geschäftsleute wie Donald Trump ran lassen, dann brumme das Geschäft wieder. Das war vor der Wahl Trumps, als er einer der ganz wenigen an der Wall Street war, die Trump offiziell unterstützt haben. Da hat man ihn für verrückt gehalten. Das, was „the Mooch“ sagt, ist die Ideologie der Rechten in den USA. Das Schlimme ist ja, wenn man jegliche politische und soziale Verantwortung, Moral und Umweltgesetze beiseite schiebt, lässt sich in kurzer Zeit wahrscheinlich sogar ein höheres Wachstum erzielen, aber natürlich nur zu einem hohen Preis und für eine beschränkte Dauer.

Gleichzeitig erschrickt man als Zuschauer über die Vehemenz, mit der Ihre Protagonisten ein weiteres Wachstum für unverzichtbar halten...

Nehmen wir Andreas Gruber, den Chefinvestor der Allianz, also einer der Menschen in Europa, die das meiste Geld investieren können. Er sagt im Interview, es habe von den 1970er bis in die 1990er Jahre ja in Europa diese Idee gegeben, dass Wachstum in einem Widerspruch zur Ökologie stehen könnte. Aber heute sehe man ja eindeutig, dass dies nicht der Fall sei.

In einem solchen Moment fragt man sich: Hat der Mann jemals etwas vom Klimawandel gehört? Lebt er in einer anderen Realität als ich? Wir merken doch jeden Tag aufs Neue, dass unser Wachstums an Grenzen stößt. Trotzdem war das ein Moment, der mich als Filmemacher gefreut hat, weil Gruber authentisch war und etwas sagte, was ganz sicher so nicht mit der Presseabteilung abgestimmt war und weil deutlich wurde, wie fest dieser Wachstumsglaube in Teilen der Gesellschaft verankert ist

 

SYSTEM ERROR - Trailer (Kinostart 10.5.2018) - Port au Prince Films

video-thumbnailDirekt auf YouTube ansehen

 

Gab es Momente während der Dreharbeiten, wo sie das Wachstum fasziniert hat?

Durchaus! Zum Beispiel als wir in der Produktion von Airbus in Hamburg drehten, fand ich schon die schiere Größe und die technische Leistung, die die Ingenieure da vollbringen, faszinierend. Mulmig wird einem, wenn man erfährt, dass in China jedes Jahr zehn bis fünfzehn neue Flughäfen nicht nur gebaut, sondern auch eröffnet werden und sich die Zahl der Flugzeuge weltweit in den nächsten 15 Jahren verdoppeln wird. In China in den nächsten acht Jahren.

Natürlich bringt das Fliegen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen zusammen und macht unsere heutige Art des Lebens erst möglich, wie die Verteter der Flugzeugindustrie nicht müde werden zu betonen. Das ändert aber nichts an der eigentlich bekannten Tatsache, dass wir damit einen Lebensstil pflegen, manche mehr, manche weniger, mit dem wir unsere natürlichen Lebensgrundlagen immer weiter zerstören.

Was Sie aber nur dezent zeigen...

Wir hätten natürlich Flugzeugfriedhöfe, brennende Urwälder, schmelzende Eismassen und Müllberge zeigen, also die gängige Bildsprache für kritische Wachstumsberichterstattung bedienen können. Aber solche Bilder der Zerstörung lösen meiner Ansicht nach bei vielen Zuschauern nichts mehr aus. Sie berühren uns nicht mehr. Diese Schreckensbilder, mit denen wir aufgewachsen sind, haben uns abgestumpft. Dass Wachstum die Umwelt schädigt, ist doch in den Köpfen der Menschen angekommen. Ich bin Mitte 40 und mit solchen Bildern aufgewachsen wie dem Eisbär, der auf der einzelnen Eisscholle steht.

Begegnen wir deswegen in dem Film auch keinem Umweltschützer?

Ja, genau. Wir haben uns konsequent für die Perspektive der „Kapitalisten“ entschieden und wollten nicht immer die Gegenperspektive zeigen. Dass das von unseren Protagonisten beschworene Wachstum, mittel und langfristig ein ökologisches und soziales Desaster bewirkt, schwingt natürlich als Subtext mit und löst eben die oben genannten Zerstörungsbilder im Kopf aus, ohne dass wir es explizit aussprechen oder zeigen müssen.

Vielen begeisterten „Kapitalisten“ steht in dem Film mit dem englischen Wissenschaftler Tim Jackson nur ein Wachstumskritiker gegenüber, warum?

Mich hat sein Buch "Wohlstand und Wachstum" genauso beeindruckt wie die erste Begegnung mit ihm. Jackson denkt die Problematik nicht nur wissenschaftlich und ökonomisch durch – er kann seine Gedanken und Theorien auch gleichzeitig auf eine sympathische Art herunterbrechen, was für einen solchen Film enorm wichtig ist. Denn wie gesagt, so komplex wie von vielen im Bereich der Wirtschaft Tätigen behauptet, ist die Ökonomie nicht.

Kritisch äußert sich auch ein Fondsmanager, der ausgestiegen ist...

Stewart Cowley hat in jungen Jahren seine Karriere als Wissenschaftler an der Universität Oxford an den Nagel gehängt, um in der Londoner City als Fondsmanager zu arbeiten. Das war 1987 als die Börse boomte. Schon beim Einstieg in die Finanzwelt sei ihm klar gewesen, so behauptet er zumindest heute, dass die Finanzwelt kaum einen Bezug zur realen Welt habe. Aber damals habe er zumindest die Regeln dieses losgelösten Spiels verstanden und für Anleger gutes Geld machen können. Er stieg aus, als er das Geschehen an den Finanzmärkten nicht mehr verstand, als es auch für ihn vollkommen zum Glücksspiel geworden war.

Gab es Momente, in denen Sie bei Gesprächspartnern Zweifel am Wachstumsgeschehen spürten?

Ja – etwa beim damaligen Chef von Bloomberg in London, dem weltgrößten Anbieter von Wirtschaftsnachrichten. Alleine in London arbeiten für Bloomberg mehrere tausend Leute. Simon Kennedy sagte irgendwann im Interview, laut den ökonomischen Lehrbüchern müsste das Wachstum ja immer so weitergehen, wenn man aber in die Zeitungen schaue, bekäme man einen anderen Eindruck. Als ich ihn nach seiner persönlichen Meinung fragte, meinte er nur, als Journalist habe er keine Meinung, schob dann aber hinterher, er habe zwar sehr wohl eine Meinung, würde sie uns aber nicht verraten. Hier beschlich mich das Gefühl, dass da einer an dem zweifelt, was er tagtäglich propagiert.

Über die Grenzen des Wachstums wurde bereits vor 40 Jahren gesprochen - trotzdem wächst die Wirtschaft munter weiter, richtet sich unsere Gesellschaft auf weiteres Wachstum ein?

Auch vielen Politikern, wie Angela Merkel oder Nicolas Sarkozy, war und ist doch bewusst, dass das nicht ewig so weitergehen kann. Das sagen sie auch immer wieder in ihren Sonntagsreden, etwa auf Klimagipfeln. Gleichzeitig stellt sich die Bundeskanzlerin beim Bundesverband der Deutschen Industrie jedoch immer wieder hin und erklärt: Wir brauchen mehr Wirtschaftswachstum. Wachstum, Wachstum, Wachstum. Das ist absurd.

Oder Nicolas Sarkozy, der ehemalige französische Staatspräsident, hat nach der Finanzkrise ein Kommittee mit Wissenschaftlern wie Joseph Stieglitz einberufen, damit diese sich Gedanken über ein anderes Wirtschaftsmodell jenseits des klassischen Wirtschaftswachstums machen sollen. Auch im Bundestag ist schon eine Enquete-Kommission dazu eingerichtet worden.

Es entstehen dann immer tausende Seiten starke Berichte, die in großen Schubladen verschwinden oder auf dem Müllhaufen der Geschichte landen. Wenig davon wird umgesetzt. Die Politiker scheinen Angst zu haben, die Konsequenzen auszusprechen. Niemand traut sich, den Bürgern zu sagen, dass sie künftig den Gürtel enger schnallen müssen. Denn dann, so glauben sie, würden sie nicht gewählt. Und wahrscheinlich haben sie damit Recht.

Kennen Sie eine Alternative zum jetzigen Kapitalismus?

Nein – das hätten sich viele, vom Verleih bis zu den Redakteurinnen, auch gewünscht, dass ich am Ende eine Lösung anbiete. Aber wer bin ich denn? Ich bin ein Filmemacher, soll ich jetzt die Alternative für den Kapitalismus aus der Schublade ziehen, die bisher noch niemand gefunden hat? Das soll nicht heißen, dass ich der Meinung bin, dass es sie nicht gibt oder zumindest Möglichkeiten.

Oder soll ich kleine sinnvolle Projekte wie das Regiogeld als Alternativen für das gesamte System aufbauschen, das fände ich doch arg naiv und verlogen. Es reicht eben nicht, wenn jeder von uns ein bisschen bei sich anfängt. Das ist ohnehin selbstverständlich. Das System aber stinkt vom Kopf her, von seinen inhärenten Strukturen und Zwängen, wie eben der Notwendigkeit, dass es ständig wachsen und sich beschleunigen muss. Unser System stößt nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch an seine Grenzen – das will ich den Zuschauern zeigen und sie mit meinem Film auffordern, endlich wieder über unsere Zukunft und Alternativen zum Kapitalismus zu diskutieren.

Haben Sie während der Dreharbeiten etwas gelernt?

Ja – man sollte der Komplexitätsbehauptung von Politik, aber insbesondere der Wirtschaft nicht auf den Leim gehen. Sicher ist vieles im Detail kompliziert, etwa der Finanzmarkt in seiner Aufsplitterung und seinen Produkten, den kann man kaum durchschauen. Aber im Großen und Ganzen ist vieles wesentlich einfacher zu verstehen, als man denkt.

Warum sollte ich mir den Film anschauen?

Er zeigt einige sehr interessante und teilweise vergessene Zusammenhänge auf, die man entdecken kann. Er zeigt, welch zerstörerische Mechanismen dem Kapitalismus innewohnen. Wachstum ist eben nicht gott- oder naturgegeben. Es entpuppt sich als eine lange Zeit nützliche Idee, die zur Ideologie wurde. Und diese Idee ist von Menschen erdacht, also können Menschen sie auch ändern.

Solange wir allerdings blind dieser Ideologie folgen und gar nicht erst versuchen, Alternativen zu entwickeln – mit dem Verweis darauf, dass der Kommunismus auch nicht funktioniert hat – wird sich nichts ändern. Und das nutzt natürlich auch vielen bestehenden Machtstrukturen. Wir tun gut daran, uns mehr Gedanken darüber zu machen, was wir anders machen können, bevor unsere Natur und unser Wirtschaftssystem kollabieren.