Belarus braucht einen Neuanfang

Statement

Statement von Dr. Ellen Ueberschär zu den Entwicklungen in Belarus.

Ellen Ueberschär

Zum wiederholten Mal hat das Regime des Diktators Aleksandr Lukaschenka am 9. August 2020 dem belarussischen Volk die souveräne Entscheidung über die eigene politische Führung versagt. Mit der eklatanten Wahlmanipulation von vorn bis hinten und der massiven Gewaltanwendung gegen friedlich demonstrierende Menschen ist die Maske des umsorgenden Landesvaters endgültig gefallen.

Mit allergrößtem Respekt verfolgen wir die mutigen und kreativen Proteste der Menschen, die trotz der Einschüchterungen und Repressionen im ganzen Land andauern und bei denen insbesondere die Frauen in hohem Maße die Initiative ergriffen haben. Wahlfälschung, die blutige Niederschlagung von Demonstrationen, Verhaftungen und Folter, Pressezensur und Abschaltungen des Internets sind aufs Schärfste zu verurteilen.

Die Heinrich-Böll-Stiftung stellt sich entschieden hinter die Forderungen nach

  • Einer Freilassung aller politischen Gefangenen

  • Einem Ende der willkürlichen Gewalt der Sicherheitsorgane und

  • Einer Wiederholung der Präsidentschaftswahl unter fairen Bedingungen.

Sorge bereiten die Anzeichen einer möglichen neuen Gewalt- und Repressionswelle in den nächsten Tagen zur Unterdrückung weiterer Proteste, etwa die Kriminalisierung des Koordinationsrates der Opposition. Die Versuche des Regimes, EU-Staaten der Einmischung zu bezichtigen um damit den Einsatz russischer Spezialkräfte in Belarus zu rechtfertigen und den Konflikt zu internationalisieren, können in eine gefährliche Eskalationsdynamik münden. Hier ist die europäische Diplomatie, allen voran die deutsche Ratspräsidentschaft und die Europäische Kommission, in der Pflicht, vorausschauend klare Signale auch nach Moskau zu senden, von dessen Unterstützung Lukaschenka abhängt.


Am 3. September 2020 sind bei unserer Online-Lesung "Stimmen aus Belarus" Texte zu hören, die sich mit dem Umbruch und den aktuellen Ereignissen beschäftigen.