Nie müde, die Welt zu retten

Einen Wandel können wir nur gemeinsam erreichen, doch es sind immer wieder einzelne Persönlichkeiten, die den Schutz der Umwelt voran treiben. Sechs Porträts von mit Preisen ausgezeichneten Umweltaktivist*innen.

Petra Kelly - Die Charismatische

Böll.Thema Umweltpolitik: Petra Kelly

Sie war die Symbolfigur der weltweiten Anti-Atom- und Friedensbewegung und der frühen Grünen, der Partei, die Petra Kelly (1947-1992) mitgegründet hat. Ihr Charisma und ihre emotionalen Reden rissen mit, ihr bedingungsloses Eintreten für Menschenrechte beeindruckte viele. 1980 wurde Kelly in den ersten Bundesvorstand gewählt, ab 1983 war sie Teil der ersten Grünen-Bundestagsfraktion.

Kelly hat ihre Jugend in den USA verbracht und die dortige Bürgerbewegung hat sie geprägt. Auch als Abgeordnete arbeitete sie eng mit internationalen Friedens- und Menschenrechtsorganisationen zusammen. «Ich bin der festen Überzeugung, dass Menschen grundsätzlich gut sein können und sich ändern werden, wenn sie alle wichtigen Informationen erhalten und in eine Lage versetzt werden, die es ihnen erlaubt, Widerstand zu leisten», sagte die Politikerin. Für ihr Engagement wurde sie 1982 mit dem Alternativen Nobelpreis geehrt. Der Politikalltag im Bundestag jedoch lag ihr nicht. Sie verlangte Sonderrechte, lehnte das Rotationsprinzip ab und überwarf sich mit der eigenen Partei.

1992 wurde Petra Kelly von ihrem Lebensgefährten Gert Bastian erschossen. Die genauen Umstände liegen bis heute im Dunkeln.

Tewolde Berhan Gebre Egziabher - Der Erdverbundene

Böll.Thema Umweltpolitik: Tewolde Berhan Gebre Egziabher

Lokal, rural, kommunal, so beschreibt sich Tewolde Berhan Gebre Egziabher. Und in dieser Verbundenheit für ländliche traditionelle Gemeinschaften setzt sich der 1940 geborene Äthiopier seit Jahrzehnten für ihre Interessen ein. Als Leiter der äthiopischen Umweltbehörde und mit der NGO Institute for Sustainable Development kämpft er für den Erhalt biologischer Vielfalt und für die Rechte von Bauern und Gemeinschaften an genetischen Ressourcen. 2000 erhielt er dafür den Alternativen Nobelpreis.

Eine besondere Gefahr für die lokalen Gemeinschaften sieht der Biologe in der Gentechnik. Zu seinen Erfolgen zählt deshalb das Cartagena-Protokoll, das den Einsatz von genetisch verändertem Saatgut unter strenge Bedingungen stellt und die natürliche Vielfalt schützt. Zudem arbeitete er das afrikanische Modellgesetz zur Gentechnik aus. Dadurch stärkte er die Belange der Bauern national und international.

«Ich finde, die ganze Welt ist eine Gemeinschaft», sagt der Wissenschaftler. Und lokale Gemeinschaften sollten so alle Möglichkeiten nutzen, ihre Rechte auch weltweit durchzusetzen. Dafür ist er unermüdlich unterwegs.

Berta Cáceres - Die Mutige

Böll.Thema Umweltpolitik: Berta Caceres

Jahrelang wurde Berta Cáceres (1971–2016) mit dem Tode bedroht. Dennoch setzte sie sich unermüdlich für die Rechte der indigenen Lenca in Honduras ein. Cáceres, selbst Lenca, organisierte den Widerstand gegen Großprojekte, die den Lebensraum der Indigenen bedrohten – und kämpfte vor allem gegen den Bau des Wasserkraftwerks und Staudamms Agua Zarca durch das Energieunternehmen Desa. Dafür bekam sie 2015 den Goldman-Umweltpreis.

Doch die Aktivistin wusste, wie gefährlich diese Aufmerksamkeit war. «Die Armee hat eine Todesliste, auf der die Namen von 18 Menschenrechtsaktivisten stehen – mein Name steht an der Spitze.» Aber sie habe nicht ein einziges Mal überlegt, aufzugeben, auch wenn sie wusste: «Ich bin in diesem Land mit völliger Gesetzlosigkeit verletzlich. Wenn sie mich töten wollen, dann werden sie es tun.»

2016 wurde Berta Cáceres in ihrem Zuhause erschossen. Acht Männer wurden dafür inzwischen verurteilt, darunter ein Manager, der Sicherheitschef und in einem späteren Verfahren der ehemalige Direktor von Desa. Laut Staatsanwaltschaft war der Mord Teil eines Plans, jedes Hindernis gegen den Bau des Staudamms zu beseitigen. Berta Cáceres hat das Ende des Projekts mit ihrem Leben bezahlt.

Nnimmo Bassey - Der Poetische

Böll.Thema Umweltpolitik: Nnimmo Bassey

Menschenrechte gibt es nicht ohne Umweltschutz – und nicht ohne starke Worte. Nnimmo Bassey, geboren 1958, hat das vor mehr als 30 Jahren erkannt. Aus seinem Kampf für Demokratie in seiner Heimat Nigeria wurde einer für all die Bauern, Fischer, Familien, die im Niger-Delta an den zerstörerischen Folgen der Ölförderung leiden. Der Architekt prangerte an: die Ölkonzerne, die nigerianische Regierung, das UN-Umweltprogramm.

Er gründete Friends of the Earth, war Leiter von Environmental Rights Action und ist Direktor Health of Mother Earth Foundation. Erfolgreich brachte Bassey mit seinen Mitstreitenden Shell vor Gericht und erreichte viele Millionen an Schadenersatz. Dafür wurde er 2010 mit dem Alternativen Nobelpreis (Right Livelihood Award) ausgezeichnet.

Bassey kämpft auch mit Poesie für eine bessere Welt. Im Gedicht «Return to being» träumt er von einer Zukunft ohne Ausbeutung der Erde: «As daughters and sons of the soil pick up pieces of sacred hills, rivers, forests/Mother Earth awakes, embraces her visible and invisible children/And finally humans return to being.»

Heffa Schückings - Die Aufklärerin

Böll.Thema Umweltpolitik: Heffa Schücking

Kein Geld – keine umweltzerstörerischen Großprojekte: Das ist der Ansatz von Heffa Schückings «urgewald». 1992 gründete die Biologin, geboren 1959, die NGO im westfälischen Sassenberg, zunächst um die Zerstörung der Regenwälder zu verhindern. «Wir waren der Meinung, dass Deutschland als globale Wirtschaftsmacht eine Organisation braucht, die sich mit den Umwelt- und Menschenrechtsfolgen der Aktivitäten deutscher Banken und Konzerne im Ausland beschäftigt», sagt Schücking. Dafür bekam sie 1994 den Goldman-Umweltpreis.

Statt die nächste Jane Goodall zu werden, wie sie es einst erträumt hatte, kämpft Schücking mit ihren Mitstreitenden von «urgewald» erfolgreich gegen Staudammprojekte, Atomkraftwerke, Waffenexporte und aktuell gegen Finanzierungen für die Kohleindustrie – und zwar mit intensiv recherchierten Fakten, Bildern und Geschichten von Betroffenen, die sie den Darstellungen von Banken und Konzernen entgegenstellen.

Auf Aktionärsversammlungen und mit medialer Aufmerksamkeit machen sie die katastrophalen Auswirkungen der Kohlegewinnung vor Ort sichtbar, bis die Investitionen dort für die Geldgeber zum Reputationsrisiko werden. Eine Strategie, die wirkt: Fünf der weltweit größten Investoren haben ihr Geld aus der Kohle zurückgezogen.

Pat Mooney - Der Beharrliche

Böll.Thema Umweltpolitik: Pat Mooney

«Wir hinken 35 Jahre hinterher», sagt Pat Mooney. «1963 sagte John F. Kennedy, wir haben den Willen, den Hunger zu beenden. 1974 sagte Henry Kissinger, in zehn Jahren gibt es keine hungrigen Kinder mehr. 1996 hieß es, wir halbieren den Hunger bis 2015 – und heute hungern mehr Menschen als je zuvor.» Der 1947 geborene Kanadier ist Chef der NGO ETC Group und setzt sich seit den 70er Jahren mit den Auswirkungen moderner Technologien auf Landwirtschaft und ländliche Gemeinschaften auseinander.

Mooneys Herzensthema: der Erhalt ökologischer Vielfalt. Dafür bekam er 1985 den Alternativen Nobelpreis. «Man muss verstehen, dass für die Lösung des Hungerproblems die Vielfalt ganz zentral ist. Die über eine Milliarde Hungernden werden nicht primär durch Nahrungsmittelhilfe ernährt oder von Monsanto oder Cargill, sondern von ihren Nachbarn», sagt Mooney.

Doch die Lebensgrundlagen der Kleinbauern sieht er durch Nanotechnologie und Geoengineering bedroht. Denn großflächige Eingriffe in die Erdatmosphäre oder in den Boden hätten verheerende Folgen wie etwa Dürren, erklärt der Agrarexperte. Es gibt die nächsten 35 Jahre viel zu tun.


Der Poetische, der Erdverbundene, die Mutige, die Charismatische, die Aufklärerin und der Beharrliche: Sie alle tragen oder haben dazu beigetragen, den Planeten zu einem besseren Ort zu machen. Gewürdigt wurden sie von Daniela Zinser, die als freie Journalistin in Berlin lebt. Und Tanya Teibtner, die als Illustratorin ebenfalls in Berlin lebt.

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