Flicken, Löten, Schrauben

«Damit Reparieren wieder erste Wahl wird, muss es einfacher und günstiger werden.»

Person repariert ein Ladegerät

Bis vor wenigen Jahren war Nähen, Flicken, Löten, Schrauben und Kleben für die meisten Menschen normaler Bestandteil des Alltags. Es war selbstverständlich, die eigenen oder beauftragte handwerkliche Fähigkeiten dafür zu nutzen, um die Lebensdauer der Gegenstände im Haushalt möglichst zu maximieren. Gehen heutzutage das Smartphone, ein Schuh oder die Waschmaschine kaputt, steht der Paketbote mit dem Ersatzprodukt schneller vor der Tür als die Müllabfuhr, über die das alte Produkt entsorgt wird. Rohstoffe ­abzubauen und daraus Konsumgüter herzustellen ist immer billiger geworden, denn die ökologischen und sozialen Kosten werden nicht von den Produzenten getragen. Dadurch kaufen und besitzen wir mehr und verlieren den Bezug zu vielen Dingen, die uns umgeben. Handwerkliche Fähigkeiten und Reparaturwissen werden immer seltener von einer Generation zur nächsten weitergegeben.

So sind wir nun an einem Punkt angelangt, an dem Reparieren nicht mehr die erste Wahl, sondern häufig eine Qual ist: Es ist ­teuer, aufwändig oder schier unmöglich. Um nachhaltiger mit unseren Ressourcen und den Rohstoffen, die wir der Erde bereits abgerungen ­haben, umzugehen, müssen wir sie aber so lange wie möglich nutzen, weiternutzen und wieder nutzen – sie also in unserem Wirtschaftskreislauf halten. Diese Aufgabe kann nicht allein das Recycling lösen, denn die stoffliche Verwertung ist selbst sehr energieaufwendig und kann zu viele Materialien noch nicht angemessen verarbeiten.

Es braucht also einen generellen Wandel im Umgang mit unseren Produkten und eine Wiederbelebung der Reparaturkultur. Damit Reparieren wieder die erste Wahl wird, muss es einfacher und günstiger werden. Das geht nur, wenn möglichst viele Akteure in die Lage versetzt werden, zu reparieren. Zum einen, indem wir einen fairen Reparaturmarkt schaffen, auf dem unabhängige Reparaturdienstleister und -initiativen nicht diskriminiert werden und Hersteller Reparaturen nicht verhindern können. Software­blockaden, die ­einen Austausch von Teilen oder die Verwendung von gebrauchten Ersatzteilen verhindern, sind dann ebenso passé wie maßlos überteuerte oder gar nicht mehr verfügbare Ersatzteile. Stattdessen gibt es einen florierenden Reparatursektor, der vor allem auch die lokale Wertschöpfung steigert.

Zum anderen sollten wir mehr Menschen dazu befähigen, sich mit dem Innenleben von Gegenständen auseinanderzusetzen und Kenntnis über die Produkte, die sie umgeben, zurückzuerlangen und sich handwerkliches und technisches Wissen anzueignen. Gerade junge Menschen, denen Reparaturerfahrungen in der Schule, in der Familie und in außerschulischen Angeboten ermöglicht werden, könnten davon profitieren und die Tätigkeit mehr wertschätzen lernen. Das ist umso wichtiger, da der Reparatursektor vor einem großen Nachwuchsproblem steht und jeden Tag wertvolles Wissen verloren geht, das für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft notwendig ist.


Katrin Meyer koordiniert seit 2019 die Aktivitäten des Runden Tisch Reparatur e.V. (RTR). Der RTR vereint Handwerks­betriebe, Umwelt- und Verbraucherschutz­organisationen, ehrenamtliche Reparaturinitiativen und weitere Akteure aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissen­schaft, die sich für eine Förderung der Reparatur und eine neue Reparaturkultur engagieren.

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