Bio-Dünger, Gründüngung und weitere Alternativen

Atlas

Viele landwirtschaftliche Böden sind übernutzt, von Erosion betroffen oder kontaminiert mit Schadstoffen. Doch das muss nicht so sein: Es gibt vielversprechende Methoden, um Böden zu verbessern, zu schützen und nachhaltiger zu nutzen.

Mit jedem Gramm Boden geht auch unschätzbar wertvoller Lebensraum verloren, etwa von unzähligen Mikroorganismen und Wirbeltieren
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Mit jedem Gramm Boden geht auch unschätzbar wertvoller Lebensraum verloren, etwa von unzähligen Mikroorganismen und Wirbeltieren

Gesunde Böden sind keine Selbstverständlichkeit. In der Europäischen Union (EU) gelten mehr als 60 Prozent der Böden als geschädigt. Jährlich gehen in der EU bereits jetzt ungefähr eine Milliarde Tonnen Boden aufgrund von Erosion durch Wasser verloren. Die jährlichen Kosten des Verlustes an landwirtschaftlicher Produktivität durch Erosion werden auf 1,25 Milliarden Euro geschätzt.

Bodenatlas 2024 Cover

Der Bodenatlas 2024

Der Bodenatlas beleuchtet in 19 Kapiteln nicht nur die Folgen des weltweiten Verlusts an fruchtbarem Boden, sondern zeigt auch die Potentiale nachhaltiger und gerechter Bodennutzung für den Klimaschutz und die Artenvielfalt.

Um Böden zu schützen, braucht es nachhaltiges Bodenmanagement, das dabei hilft, Bodengesundheit und einen ausgewogenen Nährstoffkreislauf zu erhalten sowie Erosion durch Wind und Wasser zu vermeiden. Zu effektiven Methoden zählen etwa der Anbau von Zwischenfrüchten in Fruchtfolgen, Mulchen oder Gründüngung. Eine weitere Maßnahme zur Reduktion von Erosion ist das Anpflanzen von Hecken und Feldrainen – beispielsweise als Agroforstsystem: ein System mit Bäumen, Sträuchern und Anbaufrüchten auf derselben Fläche. Die Bäume und Sträucher halten den Boden zusammen und dienen als Barriere gegen Nährstoff- und Humusverlust durch Bodenerosion und Auswaschung, spenden Schatten und halten den Boden feucht. Eine Alternative zur Bodenbearbeitung mit Pflug und schweren Landmaschinen bietet reduzierte Bodenbearbeitung, bei der der Boden wenig bis gar nicht bearbeitet wird. In Kombination mit erfolgreichem Beikrautmanagement kann auf Pestizide wie Glyphosat verzichtet werden. Oftmals wird der Boden nur gelockert, aber nicht völlig umgewälzt. Diese Art der Bodenbearbeitung hat mehrere Vorteile: sie stärkt die natürliche Bodenstruktur, schützt vor Verdichtung und Erosion und erhöht den Humus- und damit den Kohlenstoffgehalt im Boden.

Verfügbare Nährstoffe im Boden sind die Grundlage für gesundes Pflanzenwachstum und eine reiche Ernte. Durch die Kombination und den Wechsel von standortangepassten Pflanzenarten in Fruchtfolgen werden unterschiedliche Nährstoffbedürfnisse und -aufnahmefähigkeiten genutzt. Dies sorgt dafür, dass der Boden ausreichend mit verschiedenen Nährstoffen wie zum Beispiel Stickstoff, Phosphor und Kalium versorgt wird. Besonders der Anbau von Hülsenfrüchten wie Erbsen, Ackerbohnen, Lupinen oder Sojabohnen bietet aus landwirtschaftlicher Sicht viele Vorteile. Durch Wurzelsymbiosen mit stickstoffbindenden Bakterien sind die Kulturen in der Lage, Stickstoff aus der Luft zu fixieren und für sich zu nutzen – dadurch wird keine zusätzliche Stickstoffdüngung benötigt. Die Pflanzen können sogar mehr Stickstoff im Boden speichern, als sie selbst benötigen. Das kommt nachfolgenden Kulturen zugute und reduziert den Bedarf an synthetischem Dünger. Darüber hinaus ermöglicht der Anbau von Hülsenfrüchten den Betrieben, ihre Fruchtfolgen und Einkommensquellen zu diversifizieren. Im Jahr 2022 umfasste die gesamte Anbaufläche aller Hülsenfrucht­arten knapp 261.000 Hektar, was einer fast dreifachen Steigerung gegenüber dem Jahr 2013 entspricht. Mit der Eiweißpflanzenstrategie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) werden nationale und europäische Maßnahmen angeboten, wie das Einstellen von Fördermitteln, die Landwirt*innen Anreize bieten, neben Getreide und Ölsaaten auch Leguminosen anzubauen und zu nutzen. So hat das BMEL die Mittel für die Eiweißpflanzenstrategie im Haushaltsjahr 2023 von 5,6 Millionen Euro auf 8,6 Millionen Euro erhöht.

Die Umstellung von Pflug auf reduzierte Bearbeitung verringert den Ertrag um ein Zehntel – zunächst. Vier Jahre später ist er 11 Prozent höher
Die Umstellung von Pflug auf reduzierte Bearbeitung verringert den Ertrag um ein Zehntel – zunächst. Vier Jahre später ist er 11 Prozent höher

Für die Landwirtschaft gewinnen auch biobasierte Dünger an Bedeutung, die aus Quellen wie Kompost, Wurmkompost oder Gärprodukten stammen. Sie enthalten große Anteile des für Pflanzen verfügbaren Stickstoffs, Phosphors und Kaliums und können dem Boden wichtige Bakterien und Pilze zuführen. Nährstoffkreisläufe fördern die Wiederverwertung von organischen Materialien wie Pflanzenrückständen, Mulch, kompostiertem Bioabfall und tierischen Ausscheidungen wie Gülle und Stallmist. Das Potenzial ist enorm: Allein in der Europäischen Union fielen 2017 rund 86 Millionen Tonnen Bioabfälle an.

In Deutschland beschäftigt sich der Ökolandbau seit jeher mit der Frage, wie die Bodenfruchtbarkeit auf natürliche Weise – also ohne synthetische Dünger – gesteigert werden kann. Seit vielen Jahren steigt im Ökolandbau die Zahl der Betriebe, und die bewirtschaftete Fläche wächst – im Jahr 2021 betrug der Öko-Anteil an der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche in Deutschland 9,7 Prozent. Obwohl dieser Zuwachs stetig ist, liegt das von der Bundesregierung angestrebte Ziel von 30 Prozent bis zum Jahr 2030 noch weit entfernt.

Die Förderung von Bodengesundheit ist in jeder landwirtschaftlichen Ausrichtung von entscheidender Bedeutung – ob öko oder konventionell. Fachleute betonen: Damit Böden langfristig geschützt sind und nachhaltige bodenschonende Landwirtschaft weiter expandieren kann, braucht es stärkere Anreize. Die Bundesregierung hat erklärt, das Bodenschutzgesetz in Deutschland erneuern zu wollen. Dadurch könnten verbindliche Maßnahmen zur Förderung bodenschonender Verfahren in der Landwirtschaft gesetzlich verankert werden. Denn nachhaltige Regelungen sind zwingend: Die Menschheit bewirtschaftet Böden seit Tausenden von Jahren – aber die Böden werden die jetzige Bewirtschaftung nicht noch weitere tausende Jahre aushalten.