Heizungsgesetz: Auf in die Wärmezukunft

Kommentar

Es war einmal eine Zeit, da war die Ampel sich einig. Vor fast genau zwei Jahren überfiel Russland die Ukraine mit einem brutalen Krieg. Koalitionsübergreifend standen die Regierungsparteien plus CDU für die Unterstützung der Ukraine. Das „billige“ russische Erdgas war keine akzeptable Brückentechnologie mehr in eine ohnehin vage klimaneutrale Zukunft. Im Zentrum der Debatte stand Unabhängigkeit vom russischen Erdgas und von fossilen Brennstoffen generell. Denn es war damals klar: Ohne das russische Erdgas wird fossiles Heizen nicht mehr billig.

Wärmepumpe und Speicher im Hausübergaberaum
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Wärmepumpe und 800-Liter-Pufferspeicher versorgen einen Hof in der Uckermark mit Wärme.

Energieunabhängigkeit, Preisstabilität, Klimaschutz – das war der Dreiklang, der den Weg zu den „Freiheitsenergien“ (Christian Lindner, FDP) ebnen sollte. Das Gebäudeenergiegesetz, auch Heizungsgesetz genannt, das schon im Koalitionsvertrag der Ampel vereinbart war, wurde vor diesem Hintergrund mit allgemeinem Einverständnis der Koalitionspartner um ein Jahr auf Januar 2024 vorgezogen.

Kein Klimaschutz ist unwirtschaftlich und unsozial

Man sieht daran: Klimaschutz ist nicht der einzige Grund, der von Anfang an für das Heizungsgesetz sprach. Aber schon allein Klimaschutz wäre Grund genug gewesen es einzuführen. Denn:

Kein Klimaschutz ist unwirtschaftlich und die Folgekosten wird die Allgemeinheit tragen, was für ärmere Bevölkerungsteile stärker ins Gewicht fällt. Wenn Deutschland jetzt nicht in den Klimaschutz und klimafreundliche Technologien investiert, wird das, wie in anderen Ländern auch, sehr teuer. Einer aktuellen Studie des BMWK zufolge schlagen die Folgen des Klimawandels bis 2050 alleine in Deutschland im günstigsten Fall mit 280 Mrd. Euro und im schlimmsten mit 900 Mrd. Euro zu Buche. Zugleich verpasst die Bundesrepublik den Umstieg auf klimafreundliche Produktion mit negativen Folgen für grünes Wachstum und Beschäftigung.

Kein Klimaschutz ist unsozial. Zum einen, weil wohlhabende Menschen sich den Folgen der Klimakatastrophe besser entziehen können als ärmere. Zum anderen, weil es die Kosten auf die jungen Generationen abwälzt. Das widerspricht ihren Grundrechten, wie das Bundesverfassungsgericht 2021 in seinem wegweisenden Urteil zum Klimaschutz entschieden hat: Wenn man nur allgemeine Beschlüsse zum Klimaschutz fasst, aber keine Maßnahmen beschließt, wie dieses Ziel glaubwürdig bis 2045 erreicht werden kann, bürdet man die Aufgabe den Jungen auf, deren Freiheit und Wahrnehmung individueller Grundrechte dadurch substanziell beschnitten werden.

Umstellung auf klimaneutrales Heizen lange überfällig

Bei allen Schwächen im Gesetzgebungsprozess bleibt es dabei: Das Heizungsgesetz war überfällig. Denn zuvor stagnierte der Gebäudesektor jahrzehntelang bei über 80 % fossilen Heizungen. Heizen und Warmwasser sind in Deutschland für fast ein Fünftel der CO2-Emissionen verantwortlich. Eine Dynamik hin zu mehr regenerativer Wärme war bis 2022 nicht erkennbar – und die einzige Alternative, diese in Gang zu setzen, wäre eine wesentlich höhere Förderung gewesen. Das behinderte jedoch die restriktive Haushaltspolitik.

Nun wurde als Enddatum für den Betrieb fossiler Heizungen das Jahr 2045 gesetzt und als Anfangsdatum, ab wann man bei einem Heizungstausch mit 65 % regenerativer Wärme heizen muss, der 1. Juli 2026 (für Großstädter) bzw. 2028 (für alle anderen). Durch die Kopplung von Gebäudeenergiegesetz (GEG) und Wärmeplanungsgesetz werden zwar bis 2030 voraussichtlich 15 Mio. Tonnen CO2 weniger gespart als ursprünglich geplant – aber diese Zeit haben Hausbesitzer/innen gewonnen, um sich gründlich mit dem Thema Heizungserneuerung auseinanderzusetzen. Die beiden Gesetze zu koppeln ist grundsätzlich auch sinnvoll und betont die Bedeutung grüner Fernwärme, deren Kapazität stark ausgebaut werden soll.

Heizungs-Förderung wurde angepasst

Die Förderung neuer GEG-kompatibler Heizungen (nicht nur der Wärmepumpe) wurden angepasst und sind als durchaus großzügig zu bezeichnen: 50 % für alle Schnellentschlossenen, die ihre Heizungen vor 2029 auf 65 % Erneuerbar umstellen (sie werden durch 20 % Geschwindigkeitsbonus belohnt) und bis 70 % für Geringverdienende.

Auch die Förderung für die Gebäudeeffizienz (also Dämmmaßnahmen am Haus) wurden angepasst. Zwar beträgt der Fördersatz auch weiterhin (nur) 15 - 20 % Grundförderung und 5 % zusätzlich für einen individuellen Sanierungsfahrplan, den ein/e Energieberater/in erstellt. Neu ist, dass man Heizungstausch und Dämmmaßnahmen kombinieren kann und die förderfähigen Ausgaben dann bei 90.000 Euro liegen. Eingeführt wurde auch ein ergänzendes zinsvergünstigtes Kreditangebot von bis zu 120.000 Euro für alle Eigentümer/innen mit weniger als 90.000 Euro zu versteuerndem Jahreseinkommen. Das ist wichtig, weil beispielsweise für den Einbau von Wärmepumpen moderate Dämmmaßnahmen an Dach oder Fenstern notwendig sind, damit sie richtig funktionieren.

Der Heizungstausch muss für alle leistbar sein

Es gibt weiterhin Eigentümer/innen, die sich klimaneutrales Heizen wirklich nicht leisten können und für diese müssen weitergehende Lösungen gefunden werden. Aber für das Gros der Eigentümer/innen mit ein paar Ersparnissen sollte der Heizungstausch leistbar sein. Ein Haus ist ein langlebiges Gut, das man ab und zu ertüchtigen muss. Und schließlich ist man (wie die Eigentümer/innen in unserem Dossier zum klimaneutralen Heizen) mit der neuen Heizung, insbesondere mit einer Wärmepumpe, auf der sicheren Seite: sicher vor plötzlichen Preissteigerungen fossiler Brennstoffe durch Krisen und Kriege und sicher vor einem steigenden CO2-Preis. Denn ab ihrer Anschaffung spart die Wärmepumpe jährlich Kosten ein.

Heizungsgesetz und Wärmeplanungsgesetz setzen den Rahmen für wirtschaftliche und klimapolitische Eigendynamiken, die sich im Laufe der nächsten Jahre entfalten und in Zukunft für sicheres und preiswerteres Heizen sorgen werden. Dann wird der Spirit der Freiheitsenergien hoffentlich auch wieder das Gesellschaftsprojekt Wärmewende antreiben.