Fukushima: Es ist noch lange nicht vorbei

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Proteste gegen Atomkraft in Tokio, 2011

Auch zweieinhalb Jahre nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima hat sich die Situation vor Ort nicht verbessert. Ganz im Gegenteil: Jeden Tag erreichen uns neue Horrorgeschichten aus der Atomruine. Dass der Betreiber der Atomruine TEPCO (Tokyo Electric Power Co.) heillos mit der Situation überfordert ist, ist nicht erst seit den letzten erschreckenden Nachrichten bekannt, sondern bereits durch das schlechte Krisenmanagement und die Desinformationspolitik des Konzerns direkt nach dem Unfall deutlich geworden.

Kühlwasser außer Kontrolle

Gerade erst wurde ein neuer, tödlicher Strahlenrekordwert auf dem Gelände gemessen. Täglich fließt radioaktiv verseuchtes Kühlwasser aus Tanks in den Pazifik. An den Tanks wurden bereits weitere Lecks gefunden. Und diese Situation wird sich über die Zeit weiter verschlimmern, denn die Tanks sind nicht für eine dauerhafte Befüllung ausgelegt.

Da es in Fukushima bei drei Reaktoren zu Kernschmelzen gekommen ist, muss ständig Kühlwasser in die Gebäude gepumpt werden, welches dann kontaminiert wieder zurückfließt. Wenn es nicht mehr zum Kühlen verwendet werden kann, kommt es in die besagten Tanks. Etwa 700.000 Liter müssen deswegen täglich entsorgt werden und warten vor Ort auf eine weitere Aufarbeitung. Bei einem von mir initiierten grünen Expertengespräch mit zwei japanischen Experten anlässlich des Fukushima-Jahrestages im März dieses Jahres berichtete bereits der Ingenieur und Wissenschaftsjournalist Mitsuhiko Tanaka, dass die Tanks auf dem gesamten Gelände frei herum stehen und es bisher keine Lösung für den Fall gibt, wenn der Stellplatz aufgebraucht ist.

Problem Kernbrennstäbe

Doch die über 1000 Tanks sind bei weitem nicht das einzige Problem. Unbekannt ist weiterhin, wie es um die Reaktoren in den Kraftwerken tatsächlich steht. Durch die Kernschmelzen sind die Sicherheitsbehälter durchlöchert. Besorgniserregend ist auch, dass im Abklingbecken von Block 4 mehr als 1.500 Brennelemente nahezu ungeschützt lagern. Die notdürftigen Stabilisierungsarbeiten gewährleisten keine Sicherheit davor, dass ein starkes Beben die gesamte Konstruktion zum Einsturz bringt oder das Becken leck schlägt. Hier muss zügig mehr unternommen werden. Japan liegt an der Nahtstelle dreier Kontinentalplatten, die ständig Erdbeben verursachen, wie gerade erst am 4. September 2013 mit einer Stärke von 6,9 im Großraum Tokio geschehen.

Dass nun die japanische Regierung TEPCO unter die Arme greifen muss, ist eine längst überfällige Reaktion auf das konstante Versagen des Betreibers. Die deutsche Bundesregierung fällt bisher ebenfalls nur durch mangelndes Interesse auf. Bereits im Juni dieses Jahres hatte ich einen Bericht zur aktuellen Lage in Fukushima bei der Bundesregierung beantragt. Der Bericht bestand ausschließlich aus einer Ansammlung von frei zugänglichen Informationen der TEPCO-Website, denn der Bundesregierung lagen offensichtlich keine aktuellen Informationen der japanischen Aufsichtsbehörde vor. Auch gibt es keine Angaben zu einem Hilfs- oder Unterstützungsangebot von deutscher Seite.

Insgesamt betrachtet werden die Stilllegungs- und Rückbauarbeiten voraussichtlich noch mehrere Jahrzehnte lang dauern. Die Probleme, die auf Japan bis dahin noch zukommen werden, sind bisher nicht absehbar. Da wird die Unterstützung der japanischen Regierung in einer Höhe von 360 Millionen Euro nur ein Pflaster auf einer klaffenden Wunde sein.

Ich habe mich am 10. Oktober mit einem Brief an Minister Altmaier gewandt und ihn aufgefordert,  sich mit den in Deutschland vorhandenen Experten dem Hilferuf des japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe zur Verfügung zu stellen.