Perspectives Africa: Die Ökologisierung des Kontinents

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Die heutige Welt sieht sich mit einer beispiellosen Serie von Krisen konfrontiert: in der Finanzwelt, im Entwicklungssektor und in der Umwelt. Die Folgen sind weltweit spürbar; Afrika bildet dabei keine Ausnahme. Obwohl das zuletzt hohe Wirtschaftswachstum in vielen Teilen des Kontinents durchaus Anerkennung finden sollte, leben dennoch fast 50 Prozent der Bevölkerung Subsahara-Afrikas von weniger als einem US-Dollar am Tag. Zeitgleich geraten wichtige Ökosysteme unter Druck, von denen ihre Lebensgrundlage abhängt. Darüber hinaus hat der internationale Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) prognostiziert, dass Afrika am stärksten vom Klimawandel betroffen sein wird, wenngleich der Kontinent am wenigsten zu dem Problem beigetragen hat.

Als Reaktion auf diese „Poly-Krise“ brachte die Konferenz der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung – allgemeinhin als Rio+20 bekannt – 2012 die „grüne Ökonomie“ als alternatives Paradigma ein. Sie verspricht Wachstum und gleichzeitig den Schutz der Ökosysteme dieser Erde und soll somit wiederum zur Armutsbekämpfung und nachhaltigen Entwicklung beitragen. Der grüne Wirtschaftsansatz zur Vermeidung eines lebensgefährdenden Klimawandels zielt zudem darauf ab, durch umfangreiche Investitionen in effizientere Ressourcennutzung und erneuerbare Energien, den CO2-Gehalt der Weltwirtschaft zu reduzieren.
 
Trotz dieser lobenswerten Ziele hat das Konzept der „Grünen Wirtschaft“ heftige Kritik von Seiten sozialer und Umweltgerechtigkeits-Bewegungen hinnehmen müssen, vor allem für den Ansatz, zum Erhalt der Ökosysteme die Natur in Wert zu setzen oder zu monetarisieren. Aus Sicht der Bewegungen zementiert diese Herangehensweise genau die Strukturen, die die Welt überhaupt erst in die wirtschaftliche, soziale und ökologische Krise geführt hat.

In dieser Ausgabe der Perspectives bietet die Heinrich-Böll-Stiftung in Afrika ansässigen Kommentatoren und Denkern die Gelegenheit zur kritischen Reflexion darüber, was der “Übergang zur Nachhaltigkeit“ oder ökologische Transition beinhaltet oder für die Region bedeuten könnte. Die hier vorgestellten Artikel gehen über ideologische Debatten hinaus und liefern auch einige konkrete Fallstudien über die Anwendung von Strategien und Prinzipien der Green Economy. Wie Professor Mark Swilling in dem Eröffnungsbeitrag feststellt: „Ob wir es grüne Ökonomie oder sonst wie nennen, wir haben bereits die Gewissheit, dass die alten Methoden nicht mehr greifen, und dies ist für Afrika eine reale Chance, selbst die Wirklichkeit zu gestalten, anstatt immer nur von außen gestaltet zu werden.“
 
Ein wesentlicher Schritt in diese Richtung besteht in einer neuen Führungsrolle für die Politik und die Regierungen: Um die ökologische Transition zu unterstützen müssen sie politischen Willen demonstrieren und damit anfangen, die öffentlichen Mittel neu zu verteilen. Die beiden Beiträge aus Nigeria deuten jedoch darauf hin, dass die Regierungen noch allzu oft am Gewohnten festhalten und eher zögerlich reagieren, wenn es darum geht, sich auf unbekanntes Terrain wie erneuerbare Energien zu wagen. Die alten Methoden der Energieversorgung mit fossilen Brennstoffen erscheinen „sicherer“ und komfortabler. Vor allem auf den unteren Regierungsebenen wird häufig das Potenzial der kleineren erneuerbaren Energieprojekte bei der Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Verbesserung des Wohlergehens der gesamten Gesellschaft vernachlässigt.

Während Kenia bei der Entwicklung einer umweltfreundlicheren Zukunft eine Pionierrolle anstrebt, bleibt vor Ort weiterhin die Herausforderung, die technischen Kapazitäten zur Entwicklung, Beschaffung, Errichtung und zum Betreiben erneuerbarer Energie-Projekte zu meistern. Nur durch die richtige Planung und den anhaltenden politischen Willen könnten erneuerbare Energien die Grundlast und den wachsenden Energiebedarf des Landes abdecken.

Erfreulicherweise zeigen die Beiträge, dass ein Übergang hin zur kohlenstoffarmen Entwicklung in Afrika möglich ist und mitunter bereits eingesetzt hat, wenngleich im Kleinen und auf verschlungenen Pfaden.
 
Mit dieser Ausgabe wollen wir dazu beitragen, neue Ideen und Strategien für eine ökologische Transition in Afrika zu erschließen, die dem Kontinent und vor allem seinen am meisten benachteiligten Bevölkerungsgruppen zugutekommt.

 

Produktdetails
Veröffentlichungsdatum
September 2014
Herausgegeben von
Heinrich-Böll-Stiftung, Büro Südafrika
Seitenzahl
36
Inhaltsverzeichnis
  • Editorial
  • Mark Swilling - Greening African Economies: Reflections on an Emerging Contested Discourse
  • Blessing Karumbidza - A Green Economy based on a Greed Agenda does not Guarantee a Just Transition for Africa
  • Ewah Eleri and Yahaya Ahmed - Interview: Green Deal Nigeria? Stumbling Along the Road from Fossil Fuels to Clean Energy
  • Bernard Osawa - Interview: Renewable Energy in Kenya: Whose Agenda?
  • Anne Wanjiku Maina - Comment: Putting a Price on Nature: Will Economic Costing Protect Kenya’s Water Towers?
  • Manisha Gulati - Comment: Financing the Green Economy Transition in Africa
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