Ist das Bündnis UmFairTeilen gescheitert?

Protestaktion UmFairTeilen Oktober 2013 in Berlin
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Das Bündnis UmFairTeilen war mit Protestaktionen wie dieser 2013 in Berlin präsent in den Medien

Gut zwei Jahre nach der Gründung: Ist das Bündnis UmFairTeilen gescheitert?
Das Bündnis UmFairTeilen fordert, die Vermögenssteuer einzuführen. Rund zwei Jahre nach der Gründung ist nichts passiert. Ralf Krämer von verdi erklärt im Interview, warum die Arbeit so schwierig ist und es mit der Großen Koalition keine realistische Chance auf  die Steuer gibt. 

Im Sommer 2012 ist das Bündnis UmFairTeilen mit großer Aufmerksamkeit gestartet. Mittlerweile ist es ruhig um die Aktionsgruppe geworden. Ist UmFairTeilen gescheitert?
Das würde ich nicht sagen. Wir haben es geschafft, die ungerechte Vermögensverteilung und die Forderung nach Besteuerung des Reichtums eine Zeit lang in der Öffentlichkeit und den Medien zu thematisieren. Aber wir konnten unser Ziel nicht umsetzen. Das wäre ein erstaunlicher Erfolg gewesen. 

Warum hat es nicht geklappt?
Die Gegenkampagne war so wirkungsvoll, dass sie auch bei SPD und Grünen Wirkung gezeigt hat. Das konnten wir nicht verhindern. 

War das Ziel von Anfang an zu hoch gegriffen?
Unser Ziel war sehr hoch angesetzt. Aber es war nicht völlig unerreichbar. . Dafür hätten wir es schaffen müssen, das Thema dauerhaft in die Öffentlichkeit zu tragen und starke Unterstützung auf der Straße zu bekommen. Die Bundestagswahl 2013 hätte anders ausgehen müssen. Die CDU hätte nicht so stark werden dürfen. SPD und Grüne hätten die Vermögenssteuer in die Koalitionsverhandlungen einbringen müssen. 

Umfragen zeigen, dass die Mehrheit der Deutschen einer Vermögenssteuer zustimmt. Warum ist es trotzdem so schwierig, Leute zu mobilisieren?
Die Vermögenssteuer ist ein sehr abstraktes Thema. Anders als bei Streitthemen wie Fluglärm oder der Atomenergie gibt es keine unmittelbare persönliche Betroffenheit, die die Leute auf die Straße treibt. Eine Vermögenssteuer bringt keine unmittelbaren Folgen, sondern wirkt über mehrere Stufen: Weil der Staat mehr Einnahmen erzielt, kann er bessere Leistungen bringen, von denen die Bevölkerung profitiert. Diese Schritte öffentlich zu kommunizieren ist sehr schwierig. 

In Frankreich gibt es eine Vermögenssteuer. In Spanien hat die konservative Regierung die Steuer wieder eingeführt. Was läuft dort anders als in Deutschland? 
Die beiden Länder sind große Ausnahmen. In Spanien hat die Finanzkrise dazu geführt, dass der Staat mehr Einnahmen erzielen muss. Deshalb wurde die Vermögenssteuer wieder eingeführt. Der weltweite Trend steht dem entgegen: Der Neoliberalismus schreitet fort, die Vermögenssteuer wird zurückgedrängt. Deshalb wäre es besonders wichtig, dass Deutschland hier ein internationales Zeichen setzt und eine Vermögenssteuer wieder einführt. 

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Sehen Sie unter der Großen Koalition die Chance, dass das Ziel von UmFairTeilen noch in dieser Legislaturperiode erreicht werden kann?
Eine Vermögenssteuer wird die aktuelle Bundesregierung nur in Erwägung ziehen, wenn sie massiv unter Druck gerät. Schlittern wir in eine neue Krise, würde der Staat höhere Einnahmen brauchen. Dann könnte sich die Debatte entwickeln: Sollen neue Bankenrettungen wieder von der Mehrheit der Bevölkerung finanziert werden? Oder soll eine Vermögenssteuer die nötigen Einnahmen bringen? SPD, Grüne und Linke müssten dann gemeinsam politischen Druck ausüben. Im normalen politischen Betrieb sehe ich bei dieser Koalition keine Chance, dass die Vermögenssteuer kommt. 

Konkurrenzgruppen wie die Arbeitgeberinitiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) halten sich seit Jahren erfolgreich. UmFairTeilen hat nach zwei Jahren schwer zu kämpfen. Was macht die Konkurrenz so stark?
Diese neoliberalen Initiativen sind nicht erfolgreich, weil sie die Bevölkerung mobilisieren. Sie arbeiten mit Millionenetats. Dadurch können sie sich Personal leisten, das nur für die Initiative arbeitet. Sie können Plakatkampagnen finanzieren, haben den besseren Zugang zu Massenmedien und können durch Lobbyarbeit mehr Druck auf die Politik ausüben. Hinter Initiativen wie der INSM stehen Personen und Unternehmen, die über Arbeitsplätze und Einkommen entscheiden. Sind angeblich Arbeitsplätze bedroht, knicken alle ein. Diese Machtposition haben soziale Initiativen wie UmFairTeilen nicht. Unsere einzige Chance ist eine Mobilisierung der Bevölkerung. Wir können keine großen Kampagnen finanzieren.

Ist UmFairTeilen also an Geld- und Personalmangel gescheitert?
Höhere Etats und mehr Personal wären hilfreich gewesen. Aber unser größtes Problem ist, dass wir mit unserem Anliegen nicht ausreichend Bürger mobilisieren konnten. Beteiligt am Bündnis haben sich bisher Leute, die sowieso schon aktiv waren. Da ist die Gefahr groß, dass die Vermögenssteuer in den Hintergrund gerät, wenn andere Themen wichtig werden. In der letzten Zeit steht die Mobilisierung gegen das Freihandelsabkommen TTIP im Vordergrund.  

Im Bündnis haben sich einige Gewerkschaften, Vereine und andere Gruppen organisiert. Warum unterstützen nicht noch mehr Organisationen UmFairTeilen?
Für viele Organisationen ist die politische Arbeit nicht das Kerngeschäft. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ist am Thema der Vermögenssteuer näher dran als andere. Bei den Gewerkschaften herrscht  außerdem Skepsis, in Bündnissen gleichberechtigt mit anderen tätig zu werden. 

Wird die Arbeit von UmFairTeilen trotz aller Schwierigkeiten weitergehen?
Nach der Bundestagswahl im letzten Jahr sind einige Mitgliedsorganisationen aus dem Bündnis ausgeschieden. Wir haben uns aber entschieden, weiter zu machen. Demnächst erwarten wir das Urteil zur Erbschaftssteuer des Bundesverfassungsgerichts. Und wir planen weitere Aktionen. Im Frühjahr 2014 haben wir die Zeitung „BALD Umfairteilen“ produziert, von der in über 100 Städten fast 200.000 Stück verteilt wurden. Vor der nächsten Bundestagswahl werden wir darauf hin arbeiten, die Vermögenssteuer wieder auf die öffentliche Agenda zu setzen.