Perspectives #02/2016: Laughing Out Loud – Politische Satire in Afrika

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In seinem glänzend ironischen Essay „How to write about Africa“ (Eine Anleitung für Berichte über Afrika), in welchem er westliche Vorurteile aufs Korn nimmt, rät der kenianische Autor Binyavanga Wainana, im Text stets bekümmerte und hungernde Menschen vorkommen zu lassen. Weiter empfiehlt er: „Vermeiden Sie afrikanische Figuren, die lachen oder die sich schwer tun, ihre Kinder richtig zu erziehen, oder die einfach nur mit ganz banalem Alltagskram zu kämpfen haben.“

Gewöhnliche vergnügte Menschen fehlen in den bekannten Darstellungen des Kontinents. Ähnlich verhält es sich mit afrikanischem Humor und afrikanischer Satire, die als Mittel gesellschaftlicher und politischer Auseinandersetzung dienen – aber im Vergleich zu anderen Weltgegenden ist das nur wenigen bekannt. Dabei hat Afrika eine satirische Tradition, die weit zurückreicht. Die Rolle des Preissängers – des „imbongi“ im Südlichen Afrika oder des „griot“ in Teilen von Westafrika – wurde verglichen mit jener der Komödienschreiber im antiken Griechenland oder jener der mittelalterlichen Hofnarren. Es handelt sich um eine Figur, die unterhält, die aber auch auf schelmische Art Wahrheiten sagen kann, die, in anderer Form ausgedrückt, nicht geduldet würden. Aktuelle Beispiele zeigen, in allen Teilen Afrikas gibt es spritzige und gewitzte Satire: Trevor Noah aus Südafrika ist seit kurzem im US-Fernsehen Moderator der Daily Show, der Ostafrikaner Godfrey Mwampembwa (besser bekannt als Gado) zeichnet treffende Karikaturen und die sogenannten Nollywood-Filme haben weltweit Erfolg.

Einfach hatte es Satire in Afrika dabei nie. In vielen Teilen des Kontinents werden Satiriker angeklagt – oder man droht ihnen zumindest mit einer Beleidigungs- und Verleumdungsklage –, wodurch die Meinungsfreiheit stark einschränkt wird. Selbst in Südafrika, der dynamischsten Demokratie des Kontinents, stellen die Reaktionen der Mächtigen für Satire eine ernste Gefahr dar. Auch wenn die Klage später fallen gelassen wurde, verklagte Präsident Jacob Zuma, zum Beispiel, den Karikaturisten Zapiro wegen Verleumdung. Während Bildungsminister Blade Nzimande gar ein „Gesetz gegen Beleidigung“ forderte, nachdem ein Bild des südafrikanischen Künstlers Brett Murray Präsident Zuma mit entblößten Genitalien zeigte.

Immer schon waren Narren gleichermaßen mächtig und ohnmächtig: Wenn es den königlichen Hoheiten an Humor gebrach, drohten ihnen Strafen. Allerdings gilt, wie Samm Farai Monro von Simbabwes Zambezi News es ausdrückt, dass man „Satire nicht umbringen kann, da sich die Lachbereitschaft der Menschen ebenso wenig töten lässt, wie ihr Sinn für Gerechtigkeit.“ Der Erfolg von Zambesi News zeigt deutlich, wie sehr sich durch die sozialen Medien die Lage der Humorschaffenden verändert hat – und das ganz besonders in autoritären Umfeldern. Auf Twitter, Facebook und YouTube wimmelt es von satirischen Beiträgen und Bildern, mit denen Berufskomiker wie auch Normalbürger den politischen Alltag umdeuten. Der Hofnarr ist nicht länger Einzelgänger, heute gibt es ihrer viele.

Durch Satire ändert sich zwar vielleicht nicht die große Politik, aber – und das belegen die meisten Beiträge in dieser Ausgabe – sie ist ein mächtiges Mittel, um Propaganda und Machtmissbrauch bloßzustellen und kulturelle wie gesellschaftliche Tabus zu verhöhnen. Wie jede Form der Macht, hat aber auch Satire ihre eigenen Gefahren und ihre dunklen Seiten, daran erinnert uns Sisonke Msimang, wenn sie schreibt: „Im schlimmsten Fall ... kann Satire verkommen zu blankem Rassismus und Sexismus und allein die Vorurteile jener stärken, die sie benutzen, um sich über Andere lustig zu machen.“ Der Artikel von Rebecca Davis spürt dem Machtgefüge und den Hierarchien nach, welche auch Satire prägen und die beeinflusst sind von Kolonialismus, Rassismus und Patriarchat. Nicht allein die politischen Machthaber kontrollieren die Öffentlichkeit, Zensur kann auch auf anderen, versteckten Wegen zum Tragen kommen. Bevor es die sozialen Medien gab, waren viele Satiriker weitgehend abhängig von den Launen der Herausgeber, Fernsehproduzenten und Theaterdirektoren. Da die Frage, ob es bestimmte Möglichkeiten gibt oder eben nicht gibt, für das Schicksal eines Künstlers entscheidend sein kann, können wir in der verborgenen Geschichte der afrikanischen Satire noch auf viele Entdeckungen hoffen.

Jochen Luckscheiter
Programmmanager

Layla Al-Zubaidi
Regionaldirektorin

Produktdetails
Veröffentlichungsdatum
April 2016
Herausgegeben von
Heinrich-Böll-Stiftung e.V.
Sprache der Publikation
english
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