Mehr Gemeinwohlorientierung in der öffentlichen Daseinsvorsorge; Rekommunalisierung

Kommunen und kommunale Unternehmen müssen ein neues Verständnis ihres öffentlichen Auftrags entwicklen. Die Daseinsvorsorge soll stärker genutzt werden, um soziale Ausgleicheffekte zu erzielen.

Die Leistungen der Daseinsvorsorge beeinflussen die Lebensbedingungen der Menschen sowie die sozialen Menschenrechte und ermöglichen Integration in die Gesellschaft. Daher darf ihre Produktion nicht ausschließlich dem freien Markt überlassen werden. Welche Leistungen Daseinsvorsorge genau umfasst, ist Gegenstand der gesellschaftlichen Aushandlung. Derzeit werden darunter hauptsächlich Infrastrukturleistungen wie Verkehrswesen, Wasser- und Energieversorgung, Müllabfuhr, Abwasserbeseitigung, Bildungs- und Kultureinrichtungen, Krankenhäuser, Telekommunikation verstanden.

Leistungen der Daseinsvorsorge sind traditionell Gegenstand der wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen gewesen. Kommunale Betriebe sind einem öffentlichen Zweck verpflichtet, d.h. der Berücksichtigung von Gemeinwohl- bzw. sozialen und ökologischen Kriterien bei der Leistungserbringung. Die Kommunalwirtschaft ist allerdings durch die Durchsetzung des EU-Beihilferechts und der Marktöffnung bestimmter Sektoren für Private seit Beginn der 90er Jahre stark unter Druck geraten.

Die soziale Aufgabenerfüllung durch kommunale Unternehmen ist durch die Privatisierungen allerdings teilweise auf der Strecke geblieben. In der Wohnungswirtschaft trug die Abschaffung der Wohngemeinnützigkeit zu einer umfassenden Privatisierungswelle von ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen bei, wobei die kommunalen Wohnungsunternehmen eher einen geringeren Teil ausmachten.
Erst seit den 2000er Jahren zeichnet sich in vielen Kommunen aus Enttäuschung über die Effekte der Privatisierung eine Trendumkehr zur Rekommunalisierung ab. Auch über die Neugründung von kommunalen Wohnungsunternehmen und den Ausbau des Bestandes wird aktuell intensiv diskutiert.

Die kommunale Daseinsvorsorge muss stärker genutzt werden, um soziale Ausgleicheffekte zu erzielen. Kommunale Unternehmen müssen den Begriff des öffentlichen Auftrags neu mit Leben füllen. Kommunen sollten nach Kräften versuchen, ihren Einfluss auf die Leistungen der Daseinsvorsorge zu erhalten und ggf. zurückzugewinnen. Dabei ist der reale Einfluss politischer Gremien und die Wahrung öffentlicher Interessen vorrangig, der mit entsprechenden Eigentumsformen allerdings auch direkter umzusetzen ist. Entscheidend ist auch, die Bürger/innen in die Definition der kommunalen Strategien zur Daseinsvorsorge einzubeziehen.