Illiberale Demokratie contra demokratische Republik: Was in Europa auf dem Spiel steht

Essay

Moderne Autokraten berufen sich auf Wahlsiege und die Volkssouveränität, wenn sie daran arbeiten, die Bedingungen von freien Wahlen und Demokratie dauerhaft zu untergraben.

Reichstagsgebäude vor Sonnenuntergang
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Freie Wahlen gelten als Symbol der Demokratie. Doch Wahlen allein reichen nicht aus, um die demokratische Republik zu verteidigen

Wer, wie der amerikanische Wissenschaftler Samuel Huntington und andere politische Experten, Wellen der Demokratisierung allein oder vor allem an der Durchführung mehr oder weniger freier Wahlen misst, kann unangenehme Überraschungen erleben. So war es sicher nicht der Weisheit letzter Schluss, dem schnellen Waffenerfolg der USA im verfehlten Irakkrieg sehr rasch Wahlen folgen zu lassen, nicht ohne zuvor mit dem Sturz des Regimes zugleich die vorhandenen staatlichen Strukturen zerschlagen zu haben. Aber man braucht nicht in den seither durch Bürgerkrieg und Terror erschütterten Irak zu schauen, um Zweifel an Wahlen als entscheidendem Kriterium von Demokratisierung zu bekommen.

Die immer zahlreicher werdenden zeitgenössischen Autokraten und Caudillos rund um den Globus, ja auch innerhalb des Westens und der EU brauchen Wahlen, erfolgreiche Wahlen. Sogar Diktatoren brauchen Wahlen, um sich auf Volkes Willen berufen zu können. Gewonnene Wahlen sind für sie der erste und entscheidende Schritt auf dem Weg, Wahlen nie mehr zu verlieren. Die unverzüglichen Angriffe auf Meinungs-, Rede- und Pressefreiheit, die Angriffe auf eine unabhängige Justiz, eine völkische Geschichtspolitik und die Einschränkung der Möglichkeiten jeder Art von Opposition und letztlich die Verfolgung und Unterdrückung verbliebener kritischer Minderheiten erklärt sich damit auf paradoxe Weise mit der Notwendigkeit aus erfolgreichen Wahlen dauerhaft demokratische Legitimation zu ziehen. Wenn das alles nichts nützt, müssen zukünftige Wahlen selbst manipuliert und notfalls direkt gefälscht werden. Da aber kann sich die Katze in den Schwanz beißen.

Eine gefälschte Mehrheit mag unterdrückten oppositionellen Kräften die Chance bieten, die Demokratie auf der Straße geltend zu machen. So kam es zum Sturz der Milošević-Diktatur in Serbien, wie zuvor schon der Protest gegen gefälschte Wahlen in der DDR zum Auslöser für die Massendemonstrationen gegen die SED-Herrschaft geworden war.

Die orangene Revolution in der Ukraine entzündete sich ebenfalls an gefälschten Wahlergebnissen. Putins brutale, wenn auch manchmal dosierte Polizeiunterdrückung jedes öffentlichen Protestes speist sich aus diesem Zwiespalt: auf Wahlen nicht verzichten zu können und sie zugleich nicht verlieren zu dürfen. Daher Putins Angst vor „farbigen“ Revolutionen, die er mit ausländischer Einmischung zu erklären versucht.

Wenn am Anschein von Demokratie festgehalten werden soll, darf kein Versuch, ihn in Frage zu stellen, von Innen kommen. Wer sich uneingeschränkt und direkt auf den Volkswillen beruft, für den kann Protest im Volk nur von außen inspiriert und finanziert sein. Zugleich müssen Autokraten, die innere Wahlen manipulieren und notfalls fälschen lassen, freie Wahlen in anderen Ländern, die als äußere Ermutigung von innerer Opposition wirken könnten, unter den gleichen Verdacht stellen, den die Wahlen im eigenen Land nicht mehr los werden. Die Manipulationen der Wahlen im eigenen Land regen damit ganz selbstverständlich den Versuch an, Wahlen in Ländern mit besserem demokratischem Ruf ebenfalls zu manipulieren und zu diskreditieren. „Es geht doch überall gleich zu“, aufbauend auf diesem geläufigen Vorurteil soll ein Generalverdacht gegen Wahlen überhaupt genährt werden. Anderswo geht es auch nicht besser zu als bei uns. Ganz im Gegenteil. Und auf schlichte Propaganda ist man nicht mehr angewiesen, seit dem Gerücht keine Grenzen gezogen sind. Man heuert einfach Hacker und Trolle an.

Ein passender Begriff wird gefunden

Viktor Orban, der ungarische Ministerpräsident, hat für den autokratischen, also manipulativen Umgang mit Demokratie den treffenden Begriff der „illiberalen Demokratie“ aufgebracht. Er beschreibt damit einen Zustand im eigenen Land und einen autokratischen Trend in der Welt, verweist aber zugleich auf ein grundsätzliches und aus der politischen Sprache fast verschwundenes Problem der Demokratie. Demokratie als Verfahren durch Mehrheitsentscheidung eine Regierung zu bilden, reicht nicht aus, um die Demokratie als politische Form zu sichern, in der Individuen unterschiedlicher Interessen, Meinungen, Herkunft und Zukunft frei miteinander umgehen und gutes Regieren ermöglichen können.

Die illiberale Demokratie ist konzeptionell auf die Zerstörung der demokratischen Republik gerichtet, die durch Institutionen und institutionelle Gewaltenteilung die Bürger- und Bürgerinnenrechte als Voraussetzung von freien Wahlen und Demokratie erst sichern kann. Dass solche Institutionen, selbst wenn sie gewohnheitsmäßig beschädigt worden sind, zu wirksamen Hindernissen eines autoritären Durchregierens werden können, bringt in den USA gerade den neuen Präsidenten gehörig durcheinander. Ein Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung berichtet ganz nebenbei, Trump leide „immer massiver unter mentalen Problemen“. Wundern kann einen das nicht, beruhigen keineswegs.

Aber auch die orangene Revolution in der Ukraine von 2003 hätte sicher nicht so unblutig zum Erfolg geführt, wenn das Verfassungsgericht der Ukraine nicht zuvor die gefälschten Wahlen für ungültig erklärt und eine Wiederholung angesetzt hätte.

Ein bisschen Kant

Die aufkommenden autoritären Regime in Europa, auch mitten in der EU, und Begriffe wie „regulierte Demokratie“ à la Putin oder „illiberale Demokratie“ à la Orban zwingen zu einer Selbstreflektion der liberalen Demokratie. Nötig ist ein emphatischer Begriff der politischen Ordnung, die Demokratie von Despotismus unterscheidet. Die Gesellschaft muss den Begriff der Republik zurückgewinnen.

Er betrifft nach Kant die „auf die Konstitution (den Akt des allgemeinen Willens, wodurch die Menge ein Volk wird) gegründete Art, wie der Staat von seiner Machtvollkommenheit Gebrauch macht: und ist in dieser Beziehung republikanisch oder despotisch. Der Republikanismus ist das Staatsprinzip der Absonderung der ausführenden Gewalt (der Regierung) von der gesetzgebenden; der Despotism ist das der eigenmächtigen Vollziehung des Staats von Gesetzen, die er selbst gegeben hat, mithin der öffentliche Wille, sofern er von dem Regenten als sein Privatwille gehandhabt wird.“

Daraus folgt für Kant, dass gerade Demokratie in Despotismus umschlagen kann oder sogar „notwendig ein Despotism ist, weil sie eine exekutive Gewalt gründet, da alle über und allenfalls auch wider Einen (der also nicht mit einstimmt), und mithin alle, die doch nicht alle sind, beschließen; welches ein Widerspruch des allgemeinen Willens mit sich selbst und mit der Freiheit ist.“

Gewaltenteilung ist demnach das republikanische Prinzip, das in der Demokratie die Freiheit sichert und in gewisser Hinsicht die Demokratie vor sich selber sichert.

Das gewichtige Zitat aus dem Ersten Definitivartikel zum Ewigen Frieden soll hier nur zeigen, dass es nicht nur hilfreich, sondern notwendig ist, in diesen Zeiten der heftigen Gefährdung der liberalen Demokratie sich erneut des Republikanismus zu versichern. Unabhängige Justiz, freie Medien sind Institutionen einer politischen Ordnung, die nicht per se der Demokratie entspringen, sondern notwendig sind, um diese in ihrer liberalen Form zu sichern. Besonders gefährlich wird es, wenn der Demos völkisch hochgeladen wird.

Auch nach dem Einzug der AfD in den Bundestag ist die Bundesrepublik nicht gefährdet, verstärkt aber muss auf die Regierung geachtet werden, damit sie sich nicht unter völkischen Druck setzen lässt.

Die semantischen Schattierungen von Demos und Ethnos

In Deutschland berufen sich die AfD und ihre Anhänger/innen schon lange vor irgendeinem Wahlsieg im Bund nicht nur auf Teile, sondern gleich auf das ganze Volk. So oder so lohnt es sich, der Begriffsgeschichte des Volks in der jüngsten deutschen Geschichte nachzugehen.

Als die Demonstranten und Demonstrantinnen in der DDR der SED-Herrschaft lautstark ihr „Wir sind das Volk!“ entgegenhielten, forderten sie das Recht auf Rebellion ein. Es stand der Demos auf gegen eine Herrschaft, die jede demokratische Legitimation verloren hatte. Schon im Namen des Staates DDR klang alles falsch. Nur das deutsch in Deutsche Demokratische Republik war wahr. Als dann die Losung aufkam „Wir sind ein Volk!“ blieb der rebellische Charakter der neuen Losung gegenüber dem Regime durchaus erhalten, denn dass eine Vereinigung mit der Bundesrepublik das Ende der SED-Herrschaft bedeuten musste, war ja offensichtlich.

Zugleich bekam der Begriff des Demos in der neuen Losung eine ethnische Bedeutung, mit deren Hilfe über die ganz unterschiedliche gesellschaftliche Formation des Volkes in der Bundesrepublik und in der DDR hinweggegangen und hinweg getäuscht wurde. Es steckte Sinn dahinter, dass die Bundesrepublik nicht deutsche Bundesrepublik sondern Bundesrepublik Deutschland hieß und heißt. Der Name bezog sich auf den Raum, war insofern auch offen für ein Bürgerrecht, das sich nicht auf Blut und Herkunft bezieht, sondern auf Teilnahme. Es hat freilich lange gedauert, bis dieser Sinn realisiert werden konnte. Zunächst beanspruchte der Namen einfach den Raum in den Grenzen von 1936, war also revisionistisch angelegt und wurde so auch lange in der herrschenden Rechtsauffassung ausgelegt.

In der Bundesrepublik hatte sich jedoch nach und nach eine multiethnische Gesellschaft heraus gebildet, die dabei war, ihre ethnische Vielfalt in staatsbürgerlicher Einheit anzustreben und als Demos zu verwirklichen. In der DDR gab es nichts dergleichen. Ethnisch verstanden trafen in dem Slogan „Wir sind ein Volk!“ zwei sehr unterschiedliche Demos aufeinander. In der Bundrepublik hätte der Slogan eine ganz andere Bedeutung gehabt, als er in der DDR hatte und vielfach immer noch hat.

Nie werde ich den Auftritt zweier Ex-DDR-Bürger vergessen, die unmittelbar nach der Vereinigung in einer Frankfurter Straßenbahn, den mehrfarbigen deutschsprachigen Insassen mit betrunkenem Zungenschlag zu verstehen gaben, dass nun neue deutsche Zeiten angebrochen seien. Die zwei fühlten sich auf völkischer Mission. Die Reaktion der Einheimischen war betretenes Schweigen.

Wenn der Alt-Frankfurter Alexander Gauland heute als Brandenburger Spitzenkandidat der AfD von der Flüchtlingsbewegung als neuer Völkerwanderung redet, dabei auf den Einbruch der Barbaren in das zivilisierte Rom anspielend, lässt sich zweierlei anmerken: Die germanischen Eindringlinge in Italien damals kamen bewaffnet, die Flüchtlinge heute, sowohl in Italien als bei uns, kommen ohne Maschinengewehre. Umgekehrt: In Frankfurt am Main empfand ich damals den Auftritt der angetrunkenen, die Einheit feiernden Ex-DDRler als barbarischen Angriff auf die multiethnische Bürgerschaft der Stadt.

Die westdeutsche Immigration in die „neuen Länder“

Alexander Gauland hatte sich noch in den frühen 90er Jahren, nach den ausländerfeindlichen Tumulten in Rostock und dem Anschlag in Solingen, an einer Frankfurter Initiative gegen Ausländerfeindlichkeit beteiligt. Wenn ich mich richtig erinnere, wandte sich die mit ihm gemeinsam eingebrachte Resolution auf einer großen Versammlung im Frankfurter Volksbildungsheim gegen ein auf Abstammung beruhendes Bürgerrecht und forderte die Erleichterung der Einbürgerung.

Heute verkündet er in Wahlveranstaltungen der AfD, es sei Zeit, sich gegen Kräfte zu wenden, „die uns Deutsche in Deutschland zu einer Minderheit machen wollen“. Will er die inzwischen eingebürgerten Deutschen nun wieder ausbürgern und alle jenseits der Grenzen „entsorgen“? Das klingt nach Vernichtungsphantasien und erinnert an die angetrunkenen Helden von damals in der Frankfurter Straßenbahn.

Wir akzeptierten Alexander Gauland Anfang der 90er Jahre als aufgeschlossenen Konservativen und er akzeptierte uns wohl als geläuterte Linke. Aber kann jemand der heute verschwörerischen Unsinn verkündet, jemals so intelligent und gebildet gewesen sein, wie er seiner Zeit erschien? Gauland ist berauscht durch den grölenden Jubel der Möchtegern-Germanen und setzt immer noch eins drauf. Im Bundestag, in den er jetzt reingekommen ist, wird ihm dieses berauschende Echo wohl fehlen. Man wird sehen, ob er in der Lage ist, kleine Brötchen zu backen.

Eine Wiedervereinigung völkischer Ressentiments

Die Entwicklungen in der Bundesrepublik waren über die Jahrzehnte vor der Vereinigung vielen nationalistischen guten Deutschen im Westen tierisch auf die Nerven gegangen. Im Westen gab es schon lange einen nationalsozialistischen Untergrund, ehe der NSU als thüringische Gang in Westdeutschland sein Betätigungsfeld suchte, um die dortigen Deutschen ethnisch zu befreien. Dieser westdeutsche Untergrund hatte in den 60er Jahren den rebellischen Jugendlichen und Studierenden vom Straßenrand aus lautstark wahlweise entgegengehalten, man hätte sie zu vergasen vergessen oder sie sollten doch nach Drüben gehen. Die NPD erzielte damals als Reaktion auf die erste große „Gastarbeiter“-Zuwanderung in Baden-Württemberg bei den Landtagswahlen ein zweistelliges Ergebnis. Diese Kreise mussten später ihre Empörung lange für sich behalten. Sie waren in der gesellschaftlichen Veränderung und einer langanhaltenden demokratischen Welle untergegangen.

Als Demos verstanden waren es zwei Völker, die sich nach dem Zusammenbruch der DDR in der Bundesrepublik Deutschland vereinigten. Als Wiedervereinigung verstanden war es ein ethnisches Missverständnis. Das heißt sicher nicht, dass die Vereinigung verkehrt war und auf ein Desaster hinauslief. Ost-West-Reibungen wird es noch lange geben. Aber auch weitere Ost-West-Vereinigungen, wie die des Alexander Gauland und eines Björn Höcke, des hessischen Oberstudienrats, und jenes Ex-Bremer Richters, der Björn Höcke auf seine Entschuldungsrede einstimmte.

Diese Westimmigranten fanden im Osten einen offensichtlich vermissten Resonanzboden, auf dem ihre von polical correctness unterdrückten Ressentiments lautstark widerhallen. Hier wurden sie zu den Volksrednern, die sie in ihrer westdeutschen Vergangenheit nie hatten werden können. Aber das politische Geschäft haben sie im Westen gelernt. Vielleicht fällt es auf, dass nicht nur die CSU in Bayern mehr als die CDU im Bund an die AfD verloren hat, sondern auch die CDU in Sachsen mehr als die CDU irgendwo sonst in Ostdeutschland. Damals, nach der Wiedervereinigung, war Bayern für die „Patenschaft“ und damit die Westbetreuung Sachsens zuständig, zunächst mit dem „DSU“-Import. Es hat sich nicht ausgezahlt, die Flanke nach rechts außen zu schützen, indem man den Rechtsaußen spielte.

Ein Volk versucht sich selbst zu erobern

Mit Pegida und AfD und der Wiederaufnahme der Losung „Wir sind das Volk!“ durch eine rechte Protestbewegung hat die changierende Bedeutung von Volk zwischen Demos und Ethnos noch einmal eine neue Wendung genommen. Einerseits richtet sich der Protest gegen eine „volksverräterische“ Obrigkeit, wie behauptet wird. Der Verrat, gegen den das „Volk“ dem Anspruch nach als „Demos“ rebelliert, bestünde demnach darin, „Volksfremde“ ins Land zu lassen. Der Demos wandelt sich damit in einen Ethnos, der weniger gegen die Obrigkeit rebelliert als dass er sich gegen die fremden Eindringlinge richtet. So nimmt der Aufstand pogromartige Formen an. Die Verkleidung des Ethnos als Demos in einer multiethnischen Gesellschaft ist wahrscheinlich das Betriebsgeheimnis des als „Populismus“ beschönigten National-Sozialismus. Er fordert allgemeinen Wohlstand für die Deutschstämmigen, den diesen die Obrigkeit vorenthält, um Fremde ins Land zu locken. Was die kriegen, geht uns ab. Mit dem Sankt Martin des sonst gern beschworenen christlichen Abendlandes hat das wenig gemein. „Wir werden uns unser Land und unser Volk zurückholen“, droht Alexander Gauland. So kann nur ein westdeutscher Politiker schwadronieren, der glaubt, endlich die Truppen gefunden zu haben, mit denen er die Bundesrepublik abräumen kann.

Ethnisierung des Demos weitverbreitet

Wie Orban und Kaczyński in ihren Reden und Taten zeigen, ist die Ethnisierung des Demos beileibe kein deutsches Vereinigungsproblem allein, sondern bleibt ein Grundproblem des europäischen Zusammenhalts. Wie ganz zu Beginn der Europäischen Union stehen nach Brexit und der offensichtlichen Weigerung einzelner Mitgliedstaaten, die EU als verpflichtende Rechtsgemeinschaft anzuerkennen, der sie auf eigenen Wunsch beigetreten sind, nun wieder Frankreich und Deutschland im Zentrum der Bemühungen, die erweiterte Europäische Union gegen die demokratisch bemäntelten völkischen Angriffe auf die Gemeinschaft zu verteidigen.

Kann sich die demokratische Republik gegenüber der illiberalen Demokratie behaupten? Die EU entstand als Gemeinschaft demokratischer Republiken. Sie ist im Kern bedroht, wenn sich Mitgliedsstaaten, und sei es nur teilweise, zu illiberalen Demokratien wandeln.

Die Wahlen in Frankreich haben die Bereitschaft zur Verteidigung der Europäischen Union signalisiert. Ein Nichteinzug der AFD in den Bundestag wäre eine weitere Absage an den völkischen Spuk in Europa gewesen. Dass sie eingezogen ist bedeutet das aber noch lange kein deutsches Ja zur illiberalen Demokratie.

Aber auch hierzulande ist die demokratische Republik zu verteidigen, denn auf die Demokratie sans phrase berufen sich ja die Kräfte, die sie als liberale Form abschaffen wollen. Und innerhalb der Europäischen Union müssen wir gegenüber jenen, die unter Berufung auf den Volkswillen uneingeschränkte nationale Souveränität beanspruchen und zurückfordern, darauf bestehen, dass innerhalb der europäischen Rechtsgemeinschaft die Souveränität nicht etwa verloren oder aufgegeben ist, sondern freiwillig und durch Vertrag institutionell grundsätzlich geteilt ist wie im Inneren von Republiken selbst durch die Verfassung. Teilen statt Alleinanspruch ist die Losung gegenüber der illiberalen Demokratie. Sankt Martin eben.