Diejenigen schützen, die unsere Menschenrechte verteidigen

Hintergrund

Die Verteidiger/innen von Menschenrechten werden in vielen Ländern für ihr Engagement verfolgt. Sie brauchen mehr Unterstützung von der internationalen Gemeinschaft.

Schild "We will no be silent"

2020 jährt sich zum 20. Mal der Tag, an dem das Mandat des UN-Sonderberichterstatters über die Lage der Menschenrechtsverteidiger/innen geschaffen wurde. Das Mandat trägt Informationen über die weltweite Situation von Menschenrechtsverteidiger/innen zusammen, arbeitet mit Regierungen und nicht-staatlichen Akteuren zusammen, um den Schutz der Menschenrechtsverteidiger/innen zu stärken und gibt Empfehlungen ab, um die wirksame Umsetzung der Erklärung zu den Menschenrechtsverteidiger/innen zu fördern. Das Mandat ist ein wesentlicher Bestandteil der weltweiten Anerkennung und des Schutzes der Menschenrechtsverteidiger/innen.

Wer sind die Menschen, die unsere Menschenrechte verteidigen?

Menschenrechtsverteidiger/innen sind Menschen, die im Sinne der Menschlichkeit handeln, ihr dienen und so zu einer besseren Menschheit beitragen. Sie sind für unser tägliches Leben wichtig – ihre Arbeit trägt dazu bei, dass unsere Regierungen transparenter und rechenschaftspflichtiger werden, unsere Umwelt sauberer und sicherer wird, unsere Schulen und Arbeitsplätze gerechter werden und unsere Zukunft nachhaltiger wird. Sie fordern Macht, Privilegien und Vorurteile heraus und setzen sich dafür ein, dass alle Menschen Freiheit, Würde, Gerechtigkeit und Gleichheit genießen.

Auf der ganzen Welt sind demokratische Werte und Menschenrechte bedroht – und so auch diejenigen, die die Menschenrechte verteidigen. Laut dem CIVICUS Monitor aus dem Jahr 2019, der die Achtung der Vereinigungs-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit in 196 Ländern beobachtet, “leben doppelt so viele Menschen in unterdrückten Ländern wie im Vorjahr”. Dieser Rückgang der Grundfreiheiten bietet nicht nur eine düstere Aussicht, sondern verdeutlicht auch, wie mutig und resilient Menschenrechteverteidiger/innen sind, die den Machthabern weiterhin die Wahrheit sagen und unsere Regierungen und Unternehmen dazu auffordern, ihre Arbeit besser zu machen. Deshalb sind sie häufig mit einer Vielzahl von Risiken und Bedrohungen konfrontiert, auch gegenüber ihren Organisationen, Familien, Freunden und Angehörigen. Allein wegen ihrer Arbeit sind sie Tötungen, Verschwinden lassen, Inhaftierung, Folter, sexueller Gewalt, Einschüchterung, Belästigung, Überwachung, Diffamierung, Verleumdungskampagnen, Reiseverboten und vielen anderen Verstößen ausgesetzt.

Sowohl Regierungen als auch nicht-staatliche Akteure versuchen noch immer, Menschenrechtsverteidiger/innen zum Schweigen zu bringen, da sie unbequem sind, Ungerechtigkeiten aufdecken und Rechenschaftspflicht für alle fordern.

Die Arbeit des UN-Sonderberichterstatters

Erstens hilft das Mandat den Menschen, die sich für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte einsetzen, sich als Menschenrechtsverteidiger/innen zu verstehen, den völkerrechtlichen Rechtsschutz zu genießen und die Solidarität und Unterstützung eines globalen Netzwerks von Personen und Organisationen zu erhalten, die nach einer besseren Welt streben. Von Lehrer/innen und Schüler/innen, die für ein besseres Bildungssystem eintreten, über Fabrikarbeiter/innen, die bessere Löhne und Arbeitsbedingungen streiten, bis zu Frauen und LGBTI+-Personen, die ein Ende der geschlechtsspezifischen Gewalt fordern – all diese Personen und Gruppen können sich als Menschenrechtsverteidiger/innen ausweisen und verdienen Anerkennung und Schutz.

Zweitens trägt das Mandat zum Schutz der Menschenrechtsverteidiger/innen bei, da es Einzelpersonen konkret unterstützt, indem Regierungen und nicht-staatlichen Akteure durch entsprechende Kommunikationen und Interventionen eingebunden werden. Diese Kommunikation kann dazu beitragen, die Verabschiedung regressiver Gesetze zu verhindern, die Freilassung inhaftierter Verteidiger/innen sicherzustellen und Täter von Angriffen zur Rechenschaft zu ziehen.

Drittens trägt das Mandat dazu bei, dass die Bedeutung und Legitimität der Arbeit der Menschenrechtsverteidiger/innen anerkannt und unterstützt wird. Dies ist von entscheidender Bedeutung, denn die Unterstützung der Öffentlichkeit und der Politik ist ein wesentliches Element für die Arbeit der Verteidiger/innen, die zum Schutz und ein förderliches Umfeld für ihre Arbeit beträgt. Das Mandat nutzt dabei verschiedene Instrumente: Recherche, Analyse, Debatten über neu auftretende Risiken und Bedrohungen für Menschenrechtsverteidiger/innen gestalten, Standards für den rechtlichen Schutz von Verteidiger/innen weiterentwickeln, auf Regierungen Einfluss nehmen, um ein sicheres und förderliches Umfeld zu schaffen und darstellen, was Regierungen tun müssen, um dies für alle zur Realität werden zu lassen.

In den letzten zwei Jahrzehnten hat das Mandat auf vielen Ebenen zum Schutz und zur Anerkennung von Verteidiger/innen beigetragen: die Freilassung von Verteidiger/innen aus der Haft, die Anerkennung spezifischer Bedrohungsarten, denen weibliche Menschenrechtsverteidiger/innen ausgesetzt sind, die Weiterentwicklung von Standards auf nationaler und internationaler Ebene und die Bedrohungen, denen Verteidiger/innen ausgesetzt sind, prominent auf der Tagesordnung der internationalen Gemeinschaft zu setzen.

Es ist zu erwarten, dass das Mandat künftig an diesen wichtigen Beiträgen anknüpft und weitere Fortschritte macht. Dennoch sind die Herausforderungen, vor denen das Mandat steht, bekannt.

Einige Staaten zögern noch immer, das Konzept der Menschenrechtsverteidiger/innen anzuerkennen und versuchen stetig, das Mandat und seine Bemühungen, Standards für den Schutz und die Anerkennung von Verteidiger/innen voranzutreiben, zu schwächen. Es ist kein Zufall, dass die meisten dieser Staaten ihren Bürger/innen systematisch Grundfreiheiten wie Vereinigungs-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit sowie das Recht auf Teilnahme an öffentlichen Angelegenheiten verweigern.

Einige Staaten lehnen es immer noch ab, dem Mandat Zugang für Besuche in ihren Ländern zu gewähren. In anderen Fällen wiederrum erachtet das Büro des Hochkommissars (das als Sekretariat für das Mandat fungiert) einige Orte für zu riskant für einen Besuch des UN-Sonderberichterstatters.

Die Staatsoberhäupter haben keine andere Wahl, als zuzuhören

Selbst wenn der Zugang möglich wäre, schränken die begrenzten Finanz- und Personalressourcen die Möglichkeiten des Mandats weiter ein. Der UN-Sonderberichterstatter kann nur zwei offizielle Länderbesuche pro Jahr durchführen (wie dies auch bei allen anderen UN-Mandaten der Fall ist). Dies ist besonders schwierig mit Blick auf die Nachbearbeitung der Länderbesuche. Die begrenzten Ressourcen wirken sich auch auf die Anzahl der Kommunikationen zu Einzelfällen und deren Weiterverfolgung aus, als auch auf die Recherche zu umfassenderer inhaltlichen Fragen.

Trotz dieser Herausforderungen ist es dem Mandat gelungen, ein breites Spektrum von Themen, die Verteidiger/innen betreffen, abzudecken, wie z.B.: Straffreiheit bei Verstößen gegen Verteidiger/innen, die Rechte von Migrant/innen, Menschenrechtsverteidiger/innen im Umweltbereich, groß angelegte Entwicklungsprojekte, die Rolle der Nationalen Menschenrechtsinstitutionen, die Anwendung von Gesetzen zur Regelung der Aktivitäten von Verteidiger/innen, Journalist/innen, Medienschaffenden, Verteidiger/innen von Jugendlichen und Studenten, und viele andere Themen.

Menschenrechtsverteidiger/innen brauchen mehr Unterstützung von der internationalen Gemeinschaft, einschließlich der Vereinten Nationen. Der UN-Sonderberichterstatter spielt zwar eine wichtige Rolle, dies ist aber aufgrund der begrenzten Ressourcen des Mandats und der weit verbreiteten Bedrohungen, denen Verteidiger/innen auf der ganzen Welt ausgesetzt sind, nicht ausreichend.

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen sollte die Bemühungen der Vereinten Nationen verstärken, indem er die Entwicklung und die verantwortliche Umsetzung einer ganzheitlichen Politik zur Förderung und zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern vorantreibt, wie sie bereits vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen verabschiedet wurde.

Alle UN-Organisationen sollten die Erklärung zu den Menschenrechtsverteidiger/innen als „Leitstern“ für ihre Arbeit sehen. UN-Organisationen, die an der Förderung der Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) arbeiten, sollten den Schutz von Verteidiger/innen als wesentlichen Bestandteil ihres Beitrags zur Umsetzung der SDG und zur Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen einbeziehen.

In einer Zeit, in der sich Menschen weltweit für eine inklusivere, nachhaltigere und gerechtere Gesellschaft einsetzen, agieren Menschenrechtsverteidiger/innen als Vorreiter/innen und Akteure des Wandels, und stellen so sicher, dass die Staatsoberhäupter der Welt keine andere Wahl haben, als zuzuhören.