Launch der Veranstaltungsreihe „reGain Space – Die Zukunft ist Jetzt!“

Barbara Unmüßig zur Eröffnung der Launch der Veranstaltungsreihe „reGain Space – Die Zukunft ist Jetzt!“

Sehr geehrte Damen und Herren,

Liebe Freund*innen,

herzlich Willkommen in der Heinrich-Böll-Stiftung und zu unserem Gespräch über „Skeptische Hoffnungen am Horn von Afrika“.

Ein ganz besonderes Willkommen geht an unsere Gäste aus Äthiopien, Sudan und Stuttgart (;-) von United4eritrea.

Der heutige Abend ist Auftakt unserer Veranstaltungsreihe „reGain Space – Die Zukunft ist Jetzt!“

Aktivist*innen aus verschiedenen afrikanischen Ländern sind die Hoffnungsträger*innen für mehr demokratische und soziale Teilhabe, für Menschenrechte und eine gerechte Entwicklung.

In unserer neuen Reihe wollen wir direkt und unmittelbar die Perspektiven und Vorstellungen einiger dieser Hoffnungsträger*innen kennenlernen.

Sich Gehör zu verschaffen, Menschen zum politischen Handeln ermutigen, das erfordert in vielen Ländern Afrikas großen Mut.

Im Sudan und in Algerien sind im letzten Jahr über Monate viele hunderttausend Menschen auf die Straßen gegangen, um für radikale politische Veränderungen und mehr Teilhabe zu kämpfen. Tausende Südafrikaner*innen protestierten im September 2019 mit dem Slogan „Genug ist genug!“ vor dem Parlament in Kapstadt gegen die massive Gewalt gegen Frauen, gegen die mangelhafte Strafverfolgung und das Schweigen und die Untätigkeit der Politik.

Wie erfolgreich sich diese Proteste in wirkliche Demokratisierung, gerechtere Entwicklung oder mehr Sicherheit für Frauen ummünzen werden, ist eine offene Frage, aber erst einmal ist es Mut machend, dass so viele Menschen für ihre Rechte, für mehr Demokratie kämpfen.

Öffentliche und politische Spielräume werden allerdings an vielen Orten auf dem Kontinent eingeschränkt und die politische Arbeit von Aktivist*innen untergraben. Äthiopien hatte bis vor kurzem eine der restriktivsten Internet-Gesetzgebungen; Tansania schüchtert nicht nur Medienakteur*innen massiv ein; in Kamerun wird im März 2019 ein Journalist einer lokalen Zeitung vom Polizeidienst der Regierung schwer misshandelt; in Uganda wird die Aktivistin Stella Nyanzi wegen Präsidentenbeleidigung inhaftiert - und gerade erst wieder freigelassen.

Wir müssen uns hier einmischen und laut gegen die vielfache Einschüchterung und Repression gegen Aktivist*innen zu Wort melden; wir müssen uns solidarisch zeigen. Auch das wollen wir mit dieser neuen Reihe „reGain Space“ bewirken.

Ein neuer Bericht des CIVICUS Monitor vom Ende des vergangenen Jahres fasst zusammen, dass politische und bürgerliche Rechte in einem Großteil der afrikanischen Länder stark eingeschränkt sind. Von den 18 Staaten weltweit, in denen von „closed spaces“ die Rede ist, befindet sich fast die Hälfte auf dem afrikanischen Kontinent.

Die Unterdrückung einer lebendigen, kritischen und emanzipatorischen Zivilgesellschaft ist nichts Neues. Für Rechte streiten, sich gegen Machtmissbrauch und Korruption wenden, das stößt bei Eliten immer auf Ablehnung. So gehen in einer Reihe von Ländern Afrikas Regierungen gegen zivilgesellschaftliche Aktivist*innen mit einer ganzen Bandbreite von Maßnahmen vor: mit restriktiver Gesetzgebung, bürokratischen und steuerlichen Auflagen, und mit Schikanen und anderen Formen von Einschüchterungen. Überwachung und geheimdienstliche Methoden gehören ebenfalls zum Handlungsspektrum. Wir sehen Hetzkampagnen in den Medien, zum Beispiel gegen LGBTIQ Personen. Der Vorwurf des Terrorismus ist ein gängiges Muster, Repression und Verhaftungen zu legitimieren.

Dennoch: der Mut, das Engagement politischer, sozialer und ökologischer Aktivist*innen, von Frauenrechtler*innen, Journalist*innen und Whistleblower*innen zeitigen in einigen afrikanischen Ländern bahnbrechende Erfolge: Ein Nuklear-Deal zwischen Russland und Südafrika und ein Kohlekraftwerk in Lamu in Kenia kommen erstmal nicht zustande. Homosexualität wird vom Hohen Gericht in Botswana entkriminalisiert, in Kenia hoffen wir auf ein ähnliches Urteil. Das Material von “Luanda Leaks“ deckt das illegitim erworbene Vermögen von Isabel Dos Santos auf. Das sind ermutigende Entwicklungen. Hinter diesen Erfolgen stehen Menschen, die mit einem wahnsinnigen Mut, mit bemerkenswerter Beharrlichkeit, mit einer inspirierenden Kreativität für ihre Rechte einstehen.

Junge afrikanische Aktivist*innen machen schon seit Jahren auf die direkten und unmittelbaren Folgen des Klimawandels, die sie ja direkt erleben, aufmerksam. Sie werden aber seit vielen Jahren mit ihren Anliegen marginalisiert und unsichtbar gemacht. Zuletzt hat die Aktivistin Vanessa Nakate aus Uganda das erlebt, als sie aus einem Gruppenbild von jungen Aktivist*innen vom Weltwirtschaftsforum in Davos geschnitten wurde. Sie will, dass der afrikanische Kontinent und seine Stimmen im Gesamtbild der Klimabewegung nicht weiter entfernt werden.

 Mit unserer Reihe „reGain Space“ wollen wir helfen, die Visionen, Kämpfe und Enttäuschungen afrikanischer Aktivist*innen sichtbar zu machen und zivilgesellschaftliche Solidarität mit ihnen organisieren. Es soll darum gehen: Was treibt die jungen afrikanischen Aktivist*innen an, was sind ihre Visionen einer zukunftstauglichen Welt?  

Deshalb wollen wir im Rahmen unserer heutigen Auftaktveranstaltung zur Reihe „reGain Space“ von Aktivist*innen aus Äthiopien, dem Sudan und Eritrea über ihre Bestrebungen, Strategien und ihre Perspektiven selbst hören. Entgegen vieler Risiken fanden und finden sie den Mut, einen politischen Wandel in ihrem Land einzufordern und mitzugestalten. Ich freue mich, dass sie alle die langwierigen Prozesse der Visa-Beantragung und die Reisen auf sich genommen haben, um uns hier in Berlin davon zu berichten.

Uns allen wünsche ich einen inspirierenden Abend und schließe mit einem Zitat der Aktivistin Stella Nyanzi:

„In the fight against one’s oppression by agents embedded within powerful systemic structures we use whatever we have at our [exposure] disposal to fight for our humanness. Use what you have to fight. Fight to win.“