Völkische Siedler*innen – eine Herausforderung auch für die Politische Bildung

Vorwort

Die Publikation "Naturliebe und Menschenhass. Völkische Siedler*innen in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Hessen und Bayern" analysiert die Landnahme nationalistischer Familienverbände in den genannten Bundesländern. Warum ist dieses Buch wichtig? Und wieso muss sich Politische Bildung damit beschäftigen?

Wandbild Völkische Siedler

Die Analysen dieser völkischen Landnahmen zeigen den Einfluss auf das gesellschaftliche und politische Leben in den betroffenen Kommunen. Sie machen aber gleichzeitig die umfangreichen Vernetzungen innerhalb rechtsextremer Szenen deutlich, den Gewinn an materiellen und finanziellen Ressourcen. Dies hat auch Folgen für die gesellschaftliche Polarisierung und die Radikalisierung in der gesamten Bundesrepublik. Die terroristischen Anschläge von Halle und Hanau sind schreckliche Fanale dieser Entwicklungen. Gleichzeitig zeigen diese Entwicklungen wie in einem Brennglas, dass – in diesem Fall – völkische Siedler*innen in „leere Räume der Gesellschaftspolitik“ (David Begrich) vorstoßen. Die Publikation zeigt, wie demokratische Strukturen vor Ort Gefahr laufen, von ihren Feinden übernommen zu werden – wenn sich Politik und Verwaltung aus der Fläche zurückziehen und die Kommunen und ihre Bürger*innen allein lässt. Demokratie entscheidet sich vor Ort.

Wie muss Politische Bildung mit der Herausforderung „Völkische Siedler*innen“ umgehen? Im Kapitel „Völkische Nachbar*innen – und jetzt?“ werden die Möglichkeiten angedeutet. Antworten auf diese Fragen sind zu geben: Institutionen der Politischen Bildung sollten die Öffentlichkeit aufklären über das Phänomen, sollten Gesellschaft, Politik und Verwaltung sensibilisieren und die demokratische Zivilgesellschaft stärken.

Aufklären heißt zu informieren über die Ideologie und Geschichte völkischer Siedler*innen. Sensibilisieren heißt, an Hand der Gegenwart aufzuzeigen, was „Landnahmen“ für die betreffenden Kommunen und Landkreise bedeuten. Wie sollten Kommunen beim Verkauf von Immobilien vorgehen? Wem können die Bürger*innen im Alltag begegnen? Woran erkennen sie völkische Nachbar*innen?

Vor allem eine Aufgabe hat Politische Bildung in diesem Fall: die demokratische Zivilgesellschaft stärken: durch Informationen, Bildungs- und Unterstützungsangebote, Lösungen und Wege für die Bürger*innen vor Ort. Hinweise zu Informations- und Beratungsstellen und zu Literatur runden die Analyse ab. Der Aufruf, aktiv zu werden, gilt nicht nur den von völkischer Landnahme Betroffenen. Erfolg wird sich einstellen, wenn alle hinschauen, sich informieren, sich vernetzen und die demokratische Zivilgesellschaft stärken.

Der von der Heinrich-Böll-Stiftung Thüringen herausgegebene Band knüpft an die (vergriffene) Publikation Braune Ökologen. Hintergründe und Strukturen am Beispiel Mecklenburg-Vorpommerns aus dem Jahr 2012 an. Die Dringlichkeit, sich mit diesen Themen zu beschäftigen ist nicht kleiner geworden. Demokratie entscheidet sich vor Ort: Mehr Aufmerksamkeit, mehr Debatten vor Ort, eine stärkere demokratische Zivilgesellschaft sind dafür notwendig.