Die Leipziger Autoritarismus-Studie 2020: Methode, Ergebnisse und Langzeitverlauf

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Dies ist das zweite Kapitel der "Leipziger Autoritarismus-Studie 2020". Hier beschreiben Oliver Decker, Johannes Kiess, Julia Schuler, Barbara Handke, Gert Pickel & Elmar Brähler die Methode und zentrale Ergebnisse der Studie und zeigen, wie sich die Verbreitung und Ausprägung politischer Einstellungen sowie ausgewählter Aspekte von Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in Deutschland über die Jahre entwickelt haben.

Kapitelinhalt:

Seit 2002 untersucht unsere Arbeitsgruppe die rechtsextreme Einstellung in Deutschland und führt dazu alle zwei Jahre Repräsentativerhebungen durch. Zunächst als »Mitte«-Studien der Universität Leipzig bekannt geworden, trägt unsere Untersuchungsreihe seit 2018 den Titel Leipziger Autoritarismus Studien zu rechtsextremen und politischen Einstellungen in Deutschland (LAS). Für die LAS 2020 wurden 2.503 Menschen in Deutschland befragt. In diesem Kapitel stellen wir die Verbreitung und Ausprägung politischer Einstellungen sowie ausgewählter Aspekte von Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in Deutschland vor, vergleichen sie mit den Ergebnissen der Vorjahre und schließen mit einer Analyse der Einflussfaktoren.

Methode und Stichprobe

Wer wurde wann und wie befragt?

Wie die vorherigen Erhebungen unserer Untersuchungsreihe wurde auch die diesjährige Befragung in unserem Auftrag durch das Meinungsforschungsinstitut USUMA durchgeführt. Der für die Studie verwendete Fragebogen bestand aus zwei Teilen. Im ersten Teil wurden die Befragten gebeten, soziodemografische Angaben über sich selbst und zum Haushalt nach den demografischen Standards des statistischen Bundesamtes zu machen und erhielten dabei Hilfe vom Interviewer bzw. von der Interviewerin vor Ort. Neben Alter, Geschlecht und Wohnort (Bundesland), wurden auch der höchste erreichte Bildungsabschluss, die Religionszugehörigkeit, das monatliche Haushaltsnettoeinkommen, der Familienstand sowie die Berufstätigkeit erhoben (vgl. Tab. 1). Danach wurde den Befragten der zweite, inhaltliche Teil des Fragebogens übergeben, den sie aufgrund der teilweise sehr persönlichen Angaben eigenständig beantworten sollten. Der Interviewende stand nun lediglich beratend zur Verfügung. Bei dieser Form der schriftlichen Befragung ist die Offenbarungsbereitschaft höher als zum Beispiel bei mündlichen Befragungen oder Telefoninterviews. Da unsere Erhebungsmethode seit 2002 unverändert ist, bietet sie den weiteren Vorteil, dass wir die Ergebnisse der Untersuchungen von 2002 bis 2020 vergleichen können.

Die Interviews wurden im Zeitraum vom 2. Mai 2020 bis 19. Juni 2020 geführt. Damit fiel Datenerhebung der LAS 2020 in jene Phase der COVID-19-Pandemie, in der die einschneidenden Beschränkungen zum Schutz vor Erkrankungen sukzessive gelockert wurden. Die Interviewenden wurden schriftlich über die geltenden Hygieneregeln informiert und erhielten Hinweise zur Durchführung von Interviews in der Pandemiezeit. Beispielsweise galt während der gesamten Erhebungsphase das Abstandsgebot, ferner waren die Interviewenden verpflichtet, Masken zum Fremd- und Eigenschutz zu tragen.

USUMA setzte insgesamt 215 Interviewende ein, die damit im Durchschnitt jeweils zwölf Interviews führten. Sie hatten den Auftrag, vor Beginn der Interviews sowohl den Forschungsauftrag und die Studienziele kurz zu beschreiben und die Befragten über die datenschutzrechtlichen Vorkehrungen gemäß der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) aufzuklären. Ferner holten sie die informierte Einwilligung zur Teilnahme ein, für Personen ab 14 und unter 18 Jahren in Absprache mit einem oder einer Erziehungsberechtigten.

Die Auswahl der Teilnehmenden erfolgte als geschichtete Zufallsstichprobe. Auf der Basis einer überschneidungsfreien Flächenaufteilung des Bundesgebietes wurden zunächst 258 Sample Points gezogen (für die alten Bundesländer 210, für die neuen 48). Die dort eingesetzten Interviewenden waren damit betraut, die Haushalte im Random-Route-Verfahren auszuwählen und die Zielperson im Haushalt mit dem  Schwedenschlüssel zu bestimmen. Die Rücklaufquote betrug in diesem Jahr 47,3%, womit sie als hoch zu bewerten ist, besonders im Vergleich zu anderen Verfahren wie zum Beispiel Telefon- oder Internetbefragungen. Um auf mindestens 2.500 Interviews zu kommen, wurden insgesamt 5.418 Haushalte aufgesucht. Für die LAS 2020 konnten 2.503 Befragungen durchgeführt werden. Im Anschluss reichten die Interviewenden die ausgefüllten Fragebögen an USUMA zurück, wo sie zu einem digitalen Datensatz aufbereitet wurden. Dieser Datensatz wurde unserer Studiengruppe zur Auswertung übergeben.

Tabelle 1- Soziodemografische Beschreibung der Stichprobe LAS 2020 (mit und ohne deutsche Staatsangehörigkeit, 14–91 Jahre)
Tabelle 1- Soziodemografische Beschreibung der Stichprobe LAS 2020 (mit und ohne deutsche Staatsangehörigkeit, 14–91 Jahre)
Soziodemografische Beschreibung der Stichprobe LAS 2020 (mit und ohne deutsche Staatsangehörigkeit, 14–91 Jahre)
Soziodemografische Beschreibung der Stichprobe LAS 2020 (mit und ohne deutsche Staatsangehörigkeit, 14–91 Jahre)

Wie messen wir "rechtsextreme Einstellungen"?

Den Kern unserer Untersuchungsreihe bildet der Fragebogen zur rechtsextremen Einstellung – Leipziger Form (FR-LF) (Decker et al., 2013a; Heller et al., 2020). An anderer Stelle haben wir uns bereits ausführlich mit den politischen und gesellschaftlichen Widersprüchen des Rechtsextremismus-Begriffs beschäftigt (Kiess & Decker, 2010; Kiess, 2011; Decker, 2018) und wollen hier deshalb nur kurz auf ihn eingehen. Uns ist wichtig, das Bild einer von »außen« – von den »extremistischen Rändern« in die »Mitte« – kommenden faschistischen oder neo-nazistischen Bedrohung zurückzuweisen, das in diesem Begriff angelegt ist.

Die mit dem Rechtsextremismus verbundenen völkisch-nationalen Ideologien und Ungleichwertigkeitsvorstellungen sind nicht auf einen Rand zu begrenzen, sondern in der Mitte der Gesellschaft verankert.

Diese Externalisierung der eigentlich in der gesellschaftlichen Mitte aktiven und gepflegten Ressentiments und autoritären Wünsche ist nicht ohne Beispiel. Bis heute sind im Narrativ vieler nichtjüdischer Deutscher die Verbrechen des Nationalsozialismus vor allem von wenigen »Nazis« begangen worden, während die breite Bevölkerung weder als Täter, noch als Mitläufer des mörderischen Systems wahrgenommen wird. Dies gilt sowohl für Familienerzählungen (vgl. Lohl & Moré, 2014) als auch zum Beispiel für Filme Made in Germany, in denen die Figur des »Nazis« als Bedrohung der »aufrechten Deutschen« dargestellt wird, etwa in »Unsere Mütter, unsere Väter« von 2013 oder »Der Untergang der Gustloff« von 2008 (vgl. Schmid, 2019). Die Vorstellung, man könne die Bedrohung einer demokratisch-liberalen Gesellschaft an den »Rändern« verorten und ausschließlich dort wirksam bekämpfen, ist ein Wunschtraum. Nichts könnte mehr über die realen Gefahren hinwegtäuschen, wie unsere Ergebnisse seit 2002 immer wieder belegen. Die mit dem Rechtsextremismus verbundenen völkisch-nationalen Ideologien und Ungleichwertigkeitsvorstellungen sind nicht auf einen Rand zu begrenzen, sondern in der Mitte der Gesellschaft verankert.

Trotz der Schwierigkeiten, die mit der Verwendung des Rechtsextremismusbegriffs verbunden sind, behalten wir ihn in der Studie weiterhin bei, da er präziser als andere Begriffe das zu untersuchende antidemokratische Phänomen bezeichnet (Kiess, 2011; Decker, 2018). Als dessen Grundlage nehmen wir allerdings eine autoritäre Dynamik in den Blick, die die Gesellschaft durchzieht und die von Menschen mit autoritären Orientierungen getragen wird (Decker et al., 2018a). Genau wie rechtsextreme Einstellungen sind auch die Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und die Verschwörungsmentalität Ausdruck dieser autoritären Orientierung – wir sprechen daher von einem autoritären Syndrom (vgl. Kap. 6). Den zentralen Platz unserer Langzeitbeobachtung nimmt aber nach wie vor die Forschung zum Rechtsextremismus ein. Wir definieren die rechtsextreme Einstellung als »Einstellungsmuster, dessen verbindendes Kennzeichen Ungleichwertigkeitsvorstellungen darstellen. Diese äußern sich im politischen Bereich in der Affinität zu diktatorischen Regierungsformen, chauvinistischen Einstellungen und einer Verharmlosung bzw. Rechtfertigung des Nationalsozialismus. Im sozialen Bereich sind sie gekennzeichnet durch antisemitische, fremdenfeindliche und sozialdarwinistische Einstellungen« (Decker & Brähler, 2006, S. 20; Heller et al., 2020).

Damit sind die sechs Dimensionen der rechtsextremen Einstellung genannt. Sie lassen sich inhaltlich und statistisch zwei Faktoren zuordnen: Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur, Antisemitismus, Sozialdarwinismus und Verharmlosung des Nationalsozialismus sind Bestandteil einer Neo-NS-Ideologie; Chauvinismus und Ausländerfeindlichkeit bilden zusammen den Ethnozentrismus (Heyder & Decker, 2011). An diese Kategorisierung angelehnt, werden wir die Ergebnisse im Folgenden vorstellen.

Der Fragebogen zur rechtsextremen Einstellung wird in den Erhebungswellen jeweils durch weitere Fragebögen ergänzt, die entweder zusätzliche Einstellungsdimensionen erfassen oder zur Erklärung der rechtsextremen Einstellung herangezogen werden. 2020 waren das zunächst Fragen zur Akzeptanz der Demokratie (wie schon in den Jahren 2006 und seit 2010). Die Bereitschaft, bestimmte Personengruppen abzuwerten, wurde mit Fragen zur Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit (Heitmeyer, 2012) erfasst, wie schon 2014, 2016 und 2018. In diesem Jahr richteten wir besondere Aufmerksamkeit auf die Einstellung gegenüber Muslima und Muslimen (Muslimfeindschaft), Sinti und Roma (Antiziganismus) sowie auf Homosexuellen (Homophobie). Außerdem kam, wie schon 2006, 2016 und 2018, ein Fragebogen zur Erfassung von Gewaltakzeptanz und Gewaltbereitschaft zum Einsatz (Ulbrich-Herrmann, 1995). Der in diesem Jahr wieder aufgenommene Fragebogen zur Sozialen Dominanzorientierung (Stellmacher, 2004) gehörte bereits in den Jahren 2002 und 2006 zur Erhebung.

Da wir dem Antisemitismus ein eigenes Kapitel gewidmet haben (Kap. 7), stellen wir die Verbreitung dieses Ressentiments hier nur mit Blick auf den tradierten Antisemitismus vor, der zum Kernbestand unserer Untersuchung gehört. Die Verbreitung und Stärke des autoritären Syndroms beschäftigt uns insgesamt im Abschnitt II dieses Bandes, wo wir uns auch mit dem Antifeminismus (Kap. 8) und der Verschwörungsmentalität (Kap. 9) auseinandersetzen.

Anders als bisher gehen in die diesjährige Auswertung alle Befragten ein. Bislang hatten wir uns auf die deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger beschränkt, um ihre politische Einstellung zu erfassen. Der Hintergrund dieser Entscheidung war, dass wir uns zu Beginn unserer Untersuchungsreihe im Jahr 2002 einem großen Vorbehalt ausgesetzt sahen: Unser Ergebnis, dass die Mitte der Gesellschaft von Einstellungen durchzogen war, die gerne nur am Rand gesehen wurden, war eine Provokation. Um diese Befunde nicht zusätzlich angreifbar zu machen, entschieden wir uns, nur Befragte mit deutscher Staatsbürgerschaft in die Berechnung aufzunehmen. Man muss dabei bedenken, dass es vor 20 Jahren bereits starke Ressentiments hervorgerufen hätte, Migrantinnen und Migranten mit deutscher Staatsbürgerschaft in der Stichprobe zu berücksichtigen. Ein Staatsbürgerschaftsrecht, das die Zugehörigkeit nicht über die Abstammung sichert, sondern inklusiv allen Menschen die Möglichkeit bietet, sich in die demokratische Gesellschaft einzubringen, war 2002 nicht in Sicht. Wir ändern unsere Praxis nun, weil wir alle, die in der Bundesrepublik wohnen, als Teil der deutschen Bevölkerung verstehen. Aus diesem Grund wurden auch die für den Langzeitvergleich herangezogenen Daten der Leipziger Autoritarismus Studien seit 2002 jeweils unter Einschluss aller Befragten neu berechnet. Die Werte verändern sich dadurch in der Regel lediglich geringfügig, können aber von den bisher veröffentlichten Daten bis 2018 leicht abweichen.

Außerdem stellen wir die Ergebnisse nicht nur als gesamtdeutschen Wert dar, sondern differenzieren zusätzlich nach Ost und West. Obwohl diese Darstellungsweise seit Beginn der Studienreihe konstant geblieben ist, prüfen wir sie für jede Erhebungswelle erneut. Gegen diese Aufschlüsselung würde sprechen, dass die rechtsextreme Einstellung kein Spezifikum des Ostens ist, sondern bundesweit auftritt; und auch andersherum leben ja in Ost wie West Menschen mit stabilen anerkennenden und demokratischen Überzeugungen. Gleichzeitig gibt es auch zwischen den Bundesländern – beispielsweise im Norden und im Süden des Landes – Differenzen. Für eine Aufschlüsselung nach Ost und West spricht allerdings, dass die Stichprobengröße repräsentative Aussagen für die Bundesrepublik, für Ost- und Westdeutschland und für die bevölkerungsstarken Bundesländer zulässt – und hier zeigen sich insbesondere in der Gegenüberstellung von Ost- und Westdeutschland die auffälligsten Differenzen. Um Strukturvergleiche anstellen zu können, erscheint uns die Beibehaltung der Ost-West-Differenzierung deshalb noch immer sinnvoll.

Die Ergebnisse der Leipziger Autoritarismus Studie 2020

Wir beginnen unseren Ergebnisbericht mit dem zentralen Fragebogen zum Rechtsextremismus. Hierfür werden wir zuerst die Zustimmungswerte zu seinen Aussagen wiedergeben, dann die Veränderungen und Entwicklungslinien von 2002 bis 2020 in den Blick nehmen und zuletzt die Zusammenhänge zwischen diesen Einstellungen und soziodemografischen Merkmalen betrachten.

Der Rechtsextremismus-Fragebogen (FR-LF) erfasst sechs Dimensionen: Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur, Antisemitismus, Sozialdarwinismus und Verharmlosung des Nationalsozialismus (Elemente einer Neo-NS-Ideologie) und Chauvinismus sowie Ausländerfeindlichkeit (Elemente des Ethnozentrismus). Jede dieser Dimensionen wurde mit drei extrem-rechten Aussagen operationalisiert (siehe Grafiken 1 bis 6). Im Interview sind die Befragten aufgefordert, zu diesen Aussagen Stellung zu nehmen, wofür eine fünfstufige Skala zur Verfügung steht. Sie reicht von »lehne voll und ganz ab« (Wert = 1) bis »stimme voll und ganz zu« (Wert = 5) (siehe Tab. 2). Demnach bilden höhere Werte stärkere Zustimmung ab. Tabelle 3 stellt die Zustimmungswerte zu den 18 Aussagen gesammelt dar, und zwar jeweils mit den fünf wählbaren Antwortkategorien.

Die Verwendung einer fünfstufigen Skala – einer sogenannten Likert-Skala – ermöglicht es, den Grad der Zustimmung relativ genau zu erfassen und die Befragten nicht in eine Entscheidung für oder gegen die vorgelegte Aussage zu zwingen. Allerdings ist die Antwortmöglichkeit »teils/teils« (die zum Beispiel bei einer vierstufigen Skala fehlt) auch geeignet, ein latentes Potenzial für den Rechtsextremismus zu übersehen, da mit ihr bereits eine gewisse Nähe zum Inhalt der jeweiligen Aussage bekannt wird, ohne dass sich die Befragten eindeutig darauf festlegen müssen. Damit haben sie auch die Möglichkeit, im Sinne der sozialen Erwünschtheit zu antworten. Deshalb werden wir die Unterscheidung zwischen den manifesten und latenten rechtsextremen Einstellungen, die wir seit 2018 explizit in unsere Ergebnisdarstellung einbeziehen, beibehalten.

Tabelle 2: Übersicht der Antwortkategorien des Fragebogens zu rechtsextremen Einstellungen
Tabelle 2: Übersicht der Antwortkategorien des Fragebogens zu rechtsextremen Einstellungen

Als manifeste Zustimmung bezeichnen wir das offen geäußerte Einverständnis mit den vorgelegten rechtsextremen Aussagen (»stimme überwiegend zu« und »stimme voll und ganz zu«). Dem steht die Zurückweisung dieser Aussagen gegenüber, weswegen wir die beiden Antwortkategorien »lehne völlig ab« und »lehne überwiegend ab« als manifeste Ablehnung einordnen. Als latente Zustimmung bezeichnen wir jene Positionierung, die schon eine Unentschiedenheit zugibt und sich partiell zum Inhalt der rechtsextremen Aussagen bekennt (»stimme teils zu, teils nicht zu«).

Tabelle 3: Bivariate Korrelationen zwischen Indikatoren zur demokratischen politischen Kultur, Toleranz und Sozialkapital
Tabelle 3: Der Fragebogen zu rechtsextremen Einstellungen – Zustimmung auf Item-Ebene (in %; N = 2.503)

Rechtsextreme Einstellungsdimensionen der Neo-NS-Ideologie

Die erste zur Neo-NS-Ideologie gehörende Dimension ist die »Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur«. Sie wird in jeder Erhebungswelle mit drei Aussagen erfasst, die klar antidemokratische, antipluralistische, aber auch völkische und nationalistische Motive aufrufen, nicht zuletzt durch Begriffe wie »Diktatur«, »nationales Interesse«, »Führer«, »starke Hand« oder »Volksgemeinschaft«. In Grafik 1 sind die Zustimmungswerte zu diesen Aussagen abgebildet, und zwar sowohl die prozentuale manifeste Zustimmung (»stimme überwiegend zu« und »stimme voll und ganz zu«) als auch die latente (»stimme teils zu, teils nicht zu«).

Grafik 1: Manifeste und latente Zustimmung zu den Aussagen der Dimension »Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur« (in %)

Grafik 1: Manifeste und latente Zustimmung zu den Aussagen der Dimension  »Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur« (in %)

Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01

Die stärkste manifeste Zustimmung erhielt die Aussage, Deutschland brauche »eine einzige starke Partei, die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert«. Über 17% der Befragten konnten sich dieser Aussage anschließen. Dabei zeigt sich ein deutliches West-Ost-Gefälle: Mit etwa 29% Zustimmung ist der Wunsch unter Ostdeutschen weitaus verbreiteter als im Westen (14%), nur eine Partei mit Alleinvertretungsanspruch für die völkische Gemeinschaft einzusetzen.
Die beiden ersten Aussagen finden etwas weniger Zuspruch, doch auch bei ihnen ist der Unterschied zwischen den Befragten aus den alten und den neuen Bundesländern deutlich. Etwa jeder zehnte Befragte in Ostdeutschland hält eine Diktatur im »nationalen Interesse [für] die bessere Staatsform«, weitere 25% können der Aussage teilweise zustimmen. In Westdeutschland sind es hingegen nur 3,3% manifeste und 11,3% latente Zustimmung. Einen »Führer« wünschen sich 14,4% in Ost- und 7,1% in Westdeutschland und damit insgesamt etwa jeder bzw. jede zwölfte Deutsche.

Grafik 2 zeigt die Zustimmungswerte zur Dimension »Antisemitismus«, deren drei Aussagen auf tradierte Ressentiments abzielen. Allerdings rechnen wir, bedingt durch die Kommunikationslatenz (Bergmann & Erb, 1986), in dieser Einstellungsdimension mit einem großen Dunkelfeld. Aus diesem Grund haben wir auch 2020 weitere Ausdrucksformen des Antisemitismus untersucht, die in Kapitel 7 ausführlich behandelt werden. In Hinblick auf die tradierten antisemitischen Ressentiments zeigt sich, dass jeder bzw. jede zehnte Befragte glaubt, der »Einfluss der Juden« sei auch heute noch zu groß. Ein weiteres Viertel stimmt dieser Auffassung noch teilweise zu (latent). Zudem sind 7,6% manifest der Ansicht, Juden würden »mit üblen Tricks« arbeiten und 6,2%, Juden hätten »etwas Besonderes und Eigentümliches« an sich. Die latenten Zustimmungswerte liegen auch bei beiden Aussagen deutlich höher: fast jeder bzw. jede Fünfte wollte diesen Positionen keine eindeutige Absage erteilen.

Grafik 2: Manifeste und latente Zustimmung zu den Aussagen der Dimension »Antisemitismus« (in %)

Grafik 2: Manifeste und latente Zustimmung zu den Aussagen der Dimension  »Antisemitismus« (in %)

 Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01

Grafik 3 stellt die Zustimmungswerte zur Dimension »Sozialdarwinismus« vor. Mit diesem Begriff werden jene Elemente der Neo-NS-Ideologie bezeichnet, mit denen Annahmen der Evolutionstheorie von Charles Darwin auf die Gesellschaft übertragen werden. Neben dieser an sich schon problematischen Biologisierung des Sozialen, ist der Sozialdarwinismus auch eng mit rassistischen Vorstellungen verknüpft. Darwins Evolutionstheorie nimmt an, dass in der Natur jene Individuen einer Art überleben, die zufällig am besten an die Umweltbedingungen angepasst sind. Welche Eigenschaften dies sein werden, ist vorab ebenso offen wie die Naturentwicklung selbst. Nur mit einem »finalen« Darwinismus kann rückblickend die beste Anpassung an die Umwelt verstanden werden, keinesfalls aber mit einem »kausalen«, bei dem der »Stärkere« schon im Vorfeld feststeht. Der kausale Sozialdarwinismus ist auf das Engste mit der rassistischen Ideologie verbunden, die aus der imaginierten »Höherwertigkeit« bestimmter »Menschenrassen«, die sich die Anhänger und Anhängerinnen dieser Ideologie vorstellen, deren gesellschaftliche Vorrechte ableitet. Er ist Bestandteil fast aller völkischer Ideologien und hatte bereits vor dem Nationalsozialismus seine Anhängerinnen und Anhänger (Sontheimer, 1978[1962]).

Insgesamt sind die drei Aussagen zum Sozialdarwinismus für nur einen kleineren Teil der Befragten explizit zustimmungsfähig. Allerdings fällt insbesondere bei der zweiten Aussage, die eine Überlegenheit der Deutschen behauptet, ein deutlicher Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschland auf. 9,2% der Westdeutschen, aber mit 18,1% etwa doppelt so viele der Ostdeutschen bestätigen diese Aussage. Ein ähnliches Bild zeigt sich für die Vorstellung, es gäbe »wertvolles und unwertes Leben«. Während dem 5,1% der Befragten in den alten Bundesländern beipflichten, sind es in den neuen 10,0%. Bundesweit sind zudem 7,7% der Ansicht, dass sich »wie in der Natur« auch in der Gesellschaft der Stärkere durchsetzen sollte.  

Grafik 3: Manifeste und latente Zustimmung zu den Aussagen der Dimension »Sozialdarwinismus« (in %)

Grafik 3: Manifeste und latente Zustimmung zu den Aussagen der Dimension  »Sozialdarwinismus« (in %)

 Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01

Grafik 4 bildet schließlich die Zustimmungswerte zur Dimension »Verharmlosung des Nationalsozialismus« ab. Die enge Verbindung von geschichtsrevisionistischen Aussagen, wie sie in dieser Dimension abgefragt werden, und einer Neo-NS-Ideologie zeigte sich in den letzten Jahren besonders deutlich im Schuldabwehrantisemitismus (vgl. Kap. 7), wie ihn beispielsweise der »Flügel« der AfD offen vertritt. Die eingesetzten Aussagen drücken den Wunsch aus, die Auseinandersetzung mit den deutschen Verbrechen im Nationalsozialismus zu beenden und sie stattdessen zu beschönigen und herunterzuspielen.

Der Aussage, Hitler würde ohne den Holocaust als »großer Staatsmann« gelten, stimmen 8,1% der Befragten zu. Weitere 6,4% sind der Auffassung, die nationalsozialistischen Verbrechen seien in der Geschichtsschreibung »weit übertreiben worden«. Und 5,4% der Befragten meinen, »der Nationalsozialismus hatte auch seine guten Seiten«. Die latenten Zustimmungswerte sind bei allen drei Aussagen deutlich höher: zwischen 17 und 20% der Befragten stimmen ihnen zumindest teilweise zu. Den höchsten latenten Wert erzielen mit fast 30% die ostdeutschen Befragten bei der dritten Aussage, die dem Nationalsozialismus positive Seiten attestiert. Wie beim Antisemitismus ist davon auszugehen, dass die gesellschaftliche Tabuisierung geschichtsrevisionistischer Bemühungen selbst in einer anonymen Befragungssituation wirksam bleibt, weswegen diese Fragen mit Zurückhaltung beantwortet werden.

Grafik 4: Manifeste und latente Zustimmung zu den Aussagen der Dimension »Verharmlosung Nationalsozialismus« (in %)

Grafik 4: Manifeste und latente Zustimmung zu den Aussagen der Dimension  »Verharmlosung Nationalsozialismus« (in %)  8

Rechtsextreme Einstellungsdimensionen des Ethnozentrismus

Die Dimension »Chauvinismus« erfasst ein übersteigertes und gegenüber Dritten aggressives Nationalgefühl. Insgesamt sind die Zustimmungswerte bundesweit hoch, im Westen jedoch etwas niedriger als im Osten (Grafik 5). Insbesondere der Wunsch, »endlich wieder Mut zu einem starken Nationalgefühl [zu] haben«, wird von vielen geteilt: Etwa jeder dritte Befragte erkennt seine Meinung in dieser Aussage wieder. Aber auch die Durchsetzung »deutscher Interessen« wird von über 20% der Befragten gefordert, und mehr als 17% gehen von einem deutschen Anspruch auf »Macht und Geltung« aus. Diese Überhöhung der Eigengruppe geht oft mit der Ausgrenzung und Abwertung all jener einher, die als nicht zugehörig definiert werden. Gerade in der Aggressivität gegen andere, die in den Items deutlich formuliert wird, äußert sich ein großes antidemokratisches Potenzial.  

Grafik 5: Manifeste und latente Zustimmung zu den Aussagen der Dimension »Chauvinismus« (in %)

Grafik 5: Manifeste und latente Zustimmung zu den Aussagen der Dimension  »Chauvinismus« (in %)

Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01, *p < .05

Auch die Aussagen der Dimension »Ausländerfeindlichkeit« treffen in ganz Deutschland auf viel Einverständnis (Grafik 6). Die Ausländerfeindlichkeit gehört wie der Chauvinismus zur Ideologie des Ethnozentrismus, und beide stehen in einem Ergänzungsverhältnis: Während der Chauvinismus die Aufwertung der Eigengruppe betreibt, ist es bei der Ausländerfeindlichkeit die Abwertung und Aggression gegenüber einer konstruierten Fremdgruppe. Mit unseren Items erfragen wir in dieser Dimension rassistisch motiviertes Konkurrenzdenken um Sozialleistungen und Arbeitsplätze (ökonomisch motivierte Ausländerfeindlichkeit), aber auch die völkische Angst vor »Überfremdung«.

Mit 28,4% schließt sich über ein Viertel der Befragten der Aussage an, dass »die Ausländer« den Sozialstaat ausnutzen. 19,2%, und damit etwa jeder bzw. jede Fünfte, sind der Ansicht, dass »die Ausländer« nur bei Bedarf auf dem Arbeitsmarkt geduldet werden sollten. Dass die Bundesrepublik »in einem gefährlichen Maß überfremdet« sei, bejahen 25,6% der Befragten manifest. Unter den in Ostdeutschland lebenden Befragten finden die Aussagen abermals deutlich mehr Beifall als in Westdeutschland. Das erste und das dritte Item werden im gesamten Bundesgebiet nur von einer Minderheit der Befragten explizit abgelehnt. In Ostdeutschland erreichen alle Items zumindest latent eine mehrheitliche Zustimmung.

Grafik 6: Manifeste und latente Zustimmung zu den Aussagen der Dimension »Ausländerfeindlichkeit« (in %)

Grafik 6: Manifeste und latente Zustimmung zu den Aussagen der Dimension  »Ausländerfeindlichkeit« (in %)

Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01

In der Gesamtschau ist bemerkenswert, dass die Unterschiede zwischen Ost und West fast durchgängig signifikant sind (vgl. Tab. 4). Darüber hinaus fällt auf, dass der Ethnozentrismus in der deutschen Bevölkerung stärker ausgeprägt ist und offener geäußert wird als die Neo-NS-Ideologie. Für diese allerdings gibt es keine Entwarnung, denn offenbar vertreten relevante Bevölkerungsteile eine Haltung, die antisemitisch, NS-verharmlosend, rassistisch-sozialdarwinistisch und diktaturbefürwortend ist.

Die Entwicklung der rechtsextremen Einstellung in Deutschland von 2002 bis 2020

Unsere Studienreihe ermöglicht es, die Entwicklung der extrem-rechten Einstellung für inzwischen fast zwei Jahrzehnte abzubilden, da wir die Befragungen stets in derselben Weise und mit demselben Instrumentarium durchgeführt haben. Für die Darstellung des Zeitverlaufs von 2002 bis 2020 betrachten wir erneut die sechs beschriebenen Dimensionen, fassen jedoch die jeweils drei Items pro Dimension zusammen. Nur jene Befragten gehen in die folgenden Darstellungen ein, die in der jeweiligen Dimension eine manifeste Einstellung bekundeten. Aus der beschriebenen fünfstufigen Skala ergibt sich für jede Dimension ein Wert zwischen 3 (alle Aussagen wurden vollständig abgelehnt) und 15 (allen Aussagen wurde vollständig zugstimmt). Wir berücksichtigen hier nur jene Befragten, die in einer Dimension den Wert von 12 erreichten oder überschritten und damit den Aussagen im Durchschnitt mindestens überwiegend zustimmten (manifeste Zustimmung). Daraus ergeben sich teils niedrigere Zustimmungswerte als für die Einzelitems. Um den Anteil manifest extrem-rechts Eingestellter je Dimension im Zeitvergleich abzubilden, ist diese Darstellung aber vorzuziehen, weil damit ein robusteres Maß für die jeweilige Einstellungsdimension vorliegt. Im Folgenden werden die Dimensionen wieder nach Neo-NS-Ideologie und Ethnozentrismus getrennt.

Die rechtextremen Einstellungsdimensionen der Neo-NS-Ideologie im Zeitverlauf von 2002 bis 2020

Grafik 7 zeigt die Zustimmung zur Dimension »Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur« im zeitlichen Verlauf von 2002 bis 2020. Während sich für die alten Bundesländer – und aufgrund des deutlich höheren Bevölkerungsanteils für Gesamtdeutschland – ein abnehmender Trend erkennen lässt, sind die zwischenzeitlich ebenfalls niedrigen Werte in den neuen Bundesländern wieder gestiegen. Mit 8,8% befürworten 2020 fast ebenso viele ostdeutsche Befragte wie 2002 (8,9%) eine rechtsautoritäre Diktatur und damit signifikant mehr, als dies unter Westdeutschen der Fall ist (mit 1,8% im Jahr 2020). Dadurch stimmen im gesamten Bundesgebiet 2020 nur 3,2% der Befragten diesen Aussagen zu, im Vergleich zu 7,6% zu Beginn der Zeitreihe. Der Anstieg zwischen 2018 und 2020 ist nicht signifikant.

Grafik 7: Anteil der geschlossen manifesten Zustimmung zur Dimension »Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur« 2002–2020 (in %)

Grafik 7: Anteil der geschlossenen manifesten Zustimmung zur Dimension "Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur" 2002-2020 (in %)

 Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01, zwischen Ost und West in 2020

Wie aus Grafik 8 hervorgeht, sinkt im Zeitverlauf der Anteil an geschlossen antisemitisch Eingestellten. Dass dies nicht unbedingt Entwarnung bedeutet, ist spätestens seit den Arbeiten von Bergmann und Erb (1986) zur Kommunikationslatenz des Antisemitismus bekannt. Das gegenwärtige Aufflammen antisemitischer Gewalt ist für uns Anlass, eine umfassendere Analyse anzubieten (Kap. 7). An dieser Stelle ist allerdings noch der Ost-West-Vergleich von Interesse: War die manifest-geschlossene Zustimmung zum tradierten Antisemitismus zu Beginn der Zeitreihe im Westen deutlich verbreiteter als im Osten (13,8%), sank sie dort relativ kontinuierlich auf mittlerweile 3,2%. Der Osten startete dagegen 2002 mit einem relativ geringen Wert (4,8%), verzeichnete stärkere Schwankungen und liegt mit seinen Antisemitismus-Werten aktuell bei 5,4% und damit – wie schon 2018 – über dem Wert des Westens.

Grafik 8: Anteil der geschlossen manifesten Zustimmung zur Dimension »Antisemitismus« 2002–2020 (in %)

Grafik 8: Anteil der geschlossenen manifesten Zustimmung zur Dimension "Antisemitismus" 2002-2020 (in %)

 Pearsons Chi-Quadrat: *p < .05, zwischen Ost und West in 2020

Die Zustimmung zur Dimension »Sozialdarwinismus« ist relativ gering und tendenziell rückläufig (Grafik 9). Über den gesamten Erhebungszeitraum ist der Anteil an Befragten, die diese Aussagen positiv beantworten, im Osten fast durchgehend etwas höher als im Westen. Insgesamt bekunden in diesem Jahr 2,1% der Befragten eine geschlossen manifeste sozialdarwinistische Einstellung; die Zustimmung zu den Einzelitems liegt jedoch, wie wir bei der Präsentation der Einzelitems gezeigt haben, teils deutlich darüber.

Grafik 9: Anteil der geschlossen manifesten Zustimmung zur Dimension »Sozialdarwinismus« 2002–2020 (in %)

Grafik 9: Anteil der geschlossenen manifesten Zustimmung zur Dimension "Sozialdarwinismus" 2002-2020 (in %)

Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01, zwischen Ost und West in 2020

Die Verharmlosung des Nationalsozialismus ist ebenfalls leicht rückläufig: von 4% in 2002 auf 2,3% in 2020 (Grafik 10). Im Osten zeichnen sich allerdings wieder Konjunkturen mit erhöhten Werten in den Jahren 2004, 2012 und 2020 ab. Derzeit ist die Zustimmung in den neuen Bundesländern – bei insgesamt niedrigem Niveau – signifikant höher als in den alten Bundesländern (siehe auch Tab. 4).

Grafik 10: Anteil der geschlossen manifesten Zustimmung zur Dimension »Verharmlosung des Nationalsozialismus« 2002–2020 (in %)

Grafik 10: Anteil der geschlossenen manifesten Zustimmung zur Dimension "Verharmlosung des Nationalsozialismus" 2002-2020 (in %)

 Pearsons Chi-Quadrat: *p < .05, zwischen Ost und West in 2020

Die rechtextremen Einstellungsdimensionen des Ethnozentrismus im Zeitverlauf von 2002 bis 2020

Die geschlossen-manifeste Zustimmung zum Chauvinismus scheint demgegenüber stärkeren Schwankungen zu unterliegen (Grafik 11). In den alten Bundesländern lässt sich ein Auf und Ab beobachten mit Höchstwerten in den Jahren 2002 bis 2006, 2010, 2012 sowie 2018. Dazwischen sinkt die Zustimmung immer wieder deutlich ab, im Jahr 2020 auf 12,1%. In den neuen Bundesländern sind ebenfalls Konjunkturen erkennbar: Zunächst lag die geschlossen-manifeste Zustimmung 2002 bis 2006 sichtbar unter der im Westen, stieg aber 2012 auf den bisherigen Höchstwert von 23,4% an. Auch 2018 ist ein Anstieg zu beobachten, im Gegensatz zu Westdeutschland aber kein erneuter Rückgang im Jahr 2020. Einerseits könnten hier Krisenwahrnehmungen (nach 2008 die Wirtschafts- und Finanzkrise, nach 2016 die sogenannte Flüchtlingskrise) eine Rolle spielen, worauf die parallelen Wellen in Ost und West hindeuten. Andererseits scheinen diese Krisenwahrnehmungen in Ostdeutschland stärker zu sein oder zu wirken. 2020 haben sich die Verlaufskurven der beiden Landesteile zum ersten Mal voneinander entkoppelt. Der Anstieg seit 2014 (West), bzw. 2016 (Ost) hält nur in Ostdeutschland an.

Grafik 11: Anteil der geschlossen manifesten Zustimmung zur Dimension »Chauvinismus« 2002–2020 (in %)

Grafik 11: Anteil der geschlossen manifesten Zustimmung zur Dimension  »Chauvinismus« 2002–2020 (in %)

Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01, zwischen Ost und West in 2020; **p < .01 zwischen 2018 und 2020

Ähnlich verlaufen die drei Kurven bei der Dimension »Ausländerfeindlichkeit« (Grafik 12). Die Konjunkturen der aggressiven Überhöhung der Eigengruppe (Chauvinismus) gehen sichtbar mit der Abwertung konstruierter Fremdgruppen einher, hier der »Ausländer«. Mit Ausnahme des Erhebungszeitpunkts 2004 war die Ausländerfeindlichkeit in den neuen Bundesländern immer höher ausgeprägt. Dieser Befund lässt sich teilweise mit der Kontakthypothese erklären: Da der Bevölkerungsanteil von Menschen mit Migrationshintergrund im Osten gering ist, sind Gelegenheiten zur Interaktion zwischen »Eingesessenen« und »Zugezogenen« selten, was die Korrektur von Vorurteilen erschwert (Decker et al., 2013b, 193f.; siehe grundsätzlich Pettigrew, 1986). Dieser Ansatz begründet allerdings nicht die parallele Entwicklungsdynamik im gesamten Bundesgebiet. Hier liegt die Erklärung näher, dass die Bereitschaft zur Ausländerfeindlichkeit mit der Wahrnehmung von Bedrohungen zusammenhängt, zum Beispiel mit ökonomischen Krisen, aber auch mit grundsätzlicheren, die mit den Lebensbedingungen in einer modernen Gesellschaft zusammenhängen (siehe Decker et al., 2013b).  

Grafik 12: Anteil der geschlossen manifest ausländerfeindlich Eingestellten 2002–2020 (in %)

Grafik 12: Anteil der geschlossen manifest ausländerfeindlich Eingestellten  2002–2020 (in %)

 Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01, zwischen Ost und West in 2020; **p < .01 zwischen2018 und 2020

Das geschlossen rechtsextreme Weltbild im Zeitverlauf von 2002 bis 2020

Um den Anteil an Personen zu bestimmen, die nicht nur einzelnen rechtsextremen Aussagen beipflichten, sondern ein geschlossen rechtsextremes Weltbild hegen, verwenden wir, wie in den Vorjahren, einen weiteren Indexwert. Dazu definieren wir jene Befragten als Trägerinnen und Träger eines solchen Weltbildes, die über alle Dimensionen hinweg einen Wert von größer gleich 63 erreichen. Sie kommen damit bei den Einzelaussagen auf einen mittleren Wert von 3,5, stimmen also durchschnittlich allen 18 Aussagen des Fragebogens zu rechtsextremen Einstellungen manifest zu. Zwar legen wir damit den Durchschnittswert beim Index für die Gesamtskala etwas niedriger an als bei den Einzeldimensionen, aber dennoch müssen wir einschränken, dass die alleinige Verwendung des Indexwertes zu falschen Schlüssen führen kann. Die Wandelbarkeit, Inkonsistenz und »Vielfalt« rechtsextremer bzw. antidemokratischer Ideologien (Sontheimer, 1978[1962]; Reichhardt, 2007; Adorno, 1967; Klare & Sturm, 2016) wird damit in der Tendenz unterschätzt. Um es klar zu sagen: Auch eine hohe Zustimmung in nur einer oder zwei Dimensionen ist eine Gefährdung der Demokratie. Indexwerte können deshalb die vertiefte Analyse nicht ersetzen, die in den folgenden Kapiteln geleistet wird.

Grafik 13 zeigt die Verbreitung und Stärke des geschlossen rechtsextremen Weltbildes im Zeitverlauf. Bundesweit ist ein leichter Rückgang zu verzeichnen, der sich auch für Westdeutschland feststellen lässt. Hingegen ist die Verbreitung dieses Weltbildes in Ostdeutschland 2020 auf ähnlichem Niveau wie zu Beginn der Studienreihe zu konstatieren. Allerdings deutet der starke Anstieg zum Messzeitpunkt 2012 auf fast 16% darauf hin, dass in den latenten Zustimmungswerten ein größeres, unter bestimmten historischen Umständen mobilisierbares Potenzial steckt.

Grafik 13: Anteil an Befragten mit geschlossen rechtsextremem Weltbild 2002–2020 (in %)

Grafik 13: Anteil an Befragten mit geschlossen rechtsextremem Weltbild 2002–2020 (in %)  9

  Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01, signifikante Unterschiede zwischen Ost und West, **p < .01 zwischen 2018 und 2020

Rechtsextreme Einstellungen und Soziodemografie

Im folgenden Abschnitt schlüsseln wir die Verteilung der rechtsextremen Einstellung nach ausgewählten soziodemografischen Merkmalen auf. Diese Darstellung soll als Hinweis auf die Verbreitung antidemokratischer Einstellungen in den verschiedenen Bevölkerungsgruppen dienen, wobei sich allerdings auch zeigt, dass keine Gruppe wirklich frei davon ist. Signifikante Unterschiede werden unter den Tabellen angegeben (Pearsons Chi-Quadrat-Tests). Keine Signifikanztests wurden durchgeführt, wenn die Anzahl der Zellen zu groß war oder diese zum Teil nicht gefüllt waren.

In Tabelle 4 ist die prozentuale Zustimmung zum Rechtsextremismus-Fragebogen in Abhängigkeit vom Wohnort der Befragten in den neuen oder alten Bundesländern abgebildet. Insbesondere die Dimensionen Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur, Chauvinismus und Ausländerfeindlichkeit sind unter den im Osten lebenden Befragten überrepräsentiert. Wie schon bei den einzelnen Aussagen, finden sich auch mit Blick auf die Dimensionen durchgängig signifikante Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland.

Tabelle 4 - Geschlossen manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension in Ostund Westdeutschland (in %)
Tabelle 4 - Geschlossen manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension in Ostund Westdeutschland (in %)

In Bezug auf den Bildungsgrad (Tab. 5) zeigte sich bereits in der Vergangenheit, dass Befragte, die als höchsten Abschluss mindestens das Abitur angeben, über (fast) alle Dimensionen hinweg seltener rechtsextrem eingestellt sind. Einschränkend ist anzumerken, dass der Effekt der Bildung womöglich überschätzt wird, da mit einem höheren Bildungsabschluss auch ein größeres Wissen um sozial erwünschte Antworten erworben wird (Rippl, 2002; Heyder, 2003). Zu vermuten ist außerdem, dass es sich hierbei nicht nur um einen Effekt des Bildungsabschlusses selbst handelt, sondern auch um unterschiedliche Sozialisationserfahrungen, die mit unterschiedlichen Schulformen einhergehen. Aus sozialisationstheoretischer Perspektive und im Hinblick auf Ansatzpunkte für die politische Bildungsarbeit sollten daher eher die Erfahrungen in den Blick genommen werden, die auf dem Bildungsweg gemacht werden (z.B. Batt, 2007; Roth 2011; Kiess, in Druck).

Tabelle 5: Geschlossen manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension und Bildungsgrad (in %)
Tabelle 5: Geschlossen manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension und Bildungsgrad (in %)

In die Berechnung der geschlechtsabhängigen Zustimmungswerte geht aus statistischen Gründen die Person mit der Angabe »divers« nicht mit ein (N = 1). Wie Tabelle 6 zeigt, sind geschlossen rechtsextreme Denkmuster bei Männern häufiger als bei Frauen; lediglich bei der Dimension Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur unterscheidet sich die Verteilung zwischen den Geschlechtern kaum. Damit sind Frauen aber keineswegs frei von diesen Einstellungen: Signifikante Unterschiede finden sich nur bei der Ausländerfeindlichkeit und dem Antisemitismus. Diese beiden Dimensionen zeichnet aus, dass in ihnen das Ressentiment gegenüber »anderen« geäußert wird. Entweder ist dies bei Frauen grundsätzlich seltener oder mit ihrer Geschlechterrolle schwerer in Deckung zu bringen, sodass die offene Äußerung womöglich vermieden wird.

Tabelle 6: Geschlossen manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension bei Männern und Frauen (in %)
Tabelle 6: Geschlossen manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension bei Männern und Frauen (in %)

Tabelle 7 birgt einige interessante Details zur Altersstruktur im Ost-West-Vergleich: Bei den jüngeren Ostdeutschen sind die Werte deutlich höher, und zwar sowohl gegenüber den Gleichaltrigen im Westen als auch gegenüber den Älteren im Osten. Die Gruppe der älteren Ostdeutschen (ab 61 Jahre) ist fast durchgehend weniger rechtsextrem eingestellt als die Generation der 31- bis 60-Jährigen in Ost wie West. Anders dagegen die Verteilung im Westen: Hier sind es die älteren Jahrgänge, die in den Dimensionen Antisemitismus und Chauvinismus stärker nach rechts neigen als die Jüngeren. Vor allem aber sind die über 60-Jährigen im Westen insgesamt nicht mehr oder weniger rechts eingestellt als die ostdeutsche Vergleichsgruppe. Zwischen den Angehörigen dieser Alterskohorte in den alten und den neuen Bundesländern bestehen keine signifikanten Unterschiede. Dieser Befund geht mit großer Wahrscheinlichkeit auf Kohorteneffekte zurück, sind die Älteren doch mit ähnlichen Sozialisationserfahrungen – viele von ihnen noch vor Gründung der beiden postnationalsozialistischen Teilstaaten – aufgewachsen, sodass sie Erziehungsnormen und Identifikationsprozesse offenbar bis heute teilen. In der mittleren Altersgruppe (31- bis 60-Jahre) unterscheiden sich ost- und westdeutsche Befragte dagegen beträchtlich, wobei die Werte im Westen stets niedriger sind.  Dieser Befund zeigt dringenden Handlungsbedarf in der politischen Bildungsarbeit im Jugend- und Erwachsenenalter in Ostdeutschland an.

Tabelle 7: Geschlossen manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension in Abhängigkeit vom Alter (in %)
Tabelle 7: Geschlossen manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension in Abhängigkeit vom Alter (in %)

Ein ähnliches Bild ergibt sich für die nach gegenwärtiger Erwerbstätigkeit gebildeten Gruppen (Tab. 8). Während Arbeitslose häufiger extrem-rechts eingestellt sind als Erwerbstätige und Auszubildende, tendieren Hausfrauen und Hausmänner auffällig zahlreich zum Chauvinismus und zur Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur. Doch ist auch die Erwerbstätigkeit an sich offenbar noch kein Schutzfaktor, denn auch unter denen, die im Arbeitsleben verankert sind, finden sich viele Befragte mit geschlossen ausländerfeindlichen und chauvinistischen Einstellungen.

Tabelle 8: Geschlossen manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension nach Erwerbsgruppen (in %)
Tabelle 8: Geschlossen manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension nach Erwerbsgruppen (in %)

Tabelle 9 illustriert die Verbreitung der rechtsextremen Einstellung nach Parteipräferenz. Die Befragten wurden gebeten anzugeben, welche Partei sie wählen würden, wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre (Sonntagsfrage). Daher handelt es sich bei den dargestellten Werten um Wahlpräferenzen bzw. Wahlintentionen, und nur im Sinne der besseren Lesbarkeit sprechen wir von Wählerinnen und Wählern. Die Befragten, die angaben, der AfD ihre Stimme geben zu wollen, sind mit Abstand am häufigsten rechtsextrem eingestellt (vgl. Schuler et al., 2020; siehe Kap. 5). So ist über die Hälfte von ihnen manifest ausländerfeindlich, während dies bei den Nichtwählerinnen und Nichtwählern auf ein Viertel zutrifft und bei den Wählerinnen und Wählern aller anderen Parteien noch einmal auf deutlich weniger: Am höchsten ist hier der Anteil unter den CDU/CSU-Wählerinnen und -Wählern mit 13,7%, am niedrigsten unter denen der Grünen mit 2,1%, gefolgt von der Linken (9,3%) und der SPD (9,4%). Insgesamt kann hier von einer relativ klaren und durchaus naheliegenden Rechts-links-Verteilung gesprochen werden. Vergleichsweise hohe Werte in den Dimensionen Chauvinismus und Antisemitismus erreicht schließlich das FDP-Klientel. Auch für diese Aufschlüsselung gilt also: Rechtsextreme Ansichten finden nicht nur in einigen wenigen gesellschaftlichen Gruppen Zustimmung, auch wenn sie bei denen überwiegen, die sich selbst als politisch rechts verorten.

Tabelle 9: Geschlossen manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension unter den Parteiwählerinnen und -wählern (in %)
Tabelle 9: Geschlossen manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension unter den Parteiwählerinnen und -wählern (in %)

Bei der Kirchenzugehörigkeit (Tab. 10) gibt es keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen evangelischer und katholischer Konfession, wohl aber zwischen Kirchenangehörigen und Konfessionslosen. Letztere sind durchgehend häufiger rechtsextrem eingestellt. Zum Teil dürfte dies damit zusammenhänge, dass in Ostdeutschland weniger Menschen konfessionell gebunden sind. Ein weiterer Erklärungsansatz könnte die Sozialisation von Kirchenmitgliedern sein, die innerhalb ihrer Glaubensgemeinschaften bestimmte Tabus verinnerlichen. Doch auch hier gilt, dass die Mitglieder der beiden großen christlichen Kirchen eher die Verbreitung rechtsextremer Einstellungen in der Gesellschaft abbilden, als dass sie frei von solchen Tendenzen wären. Eine Aufschlüsselung für andere Religionsgemeinschaften, wie etwa für evangelikale Freikirchen, ist aufgrund der geringen Fallzahlen nicht möglich.

Tabelle 10: Geschlossen manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension und Kirchenzugehörigkeit (in %)
Tabelle 10: Geschlossen manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension und Kirchenzugehörigkeit (in %)

Für den Zusammenhang von Gewerkschaftsmitgliedschaft und rechtsextremer Einstellung hat der Politologe Richard Stöss (2007; siehe auch Stöss, 2017; Zeuner et al., 2007) bereits vor einigen Jahren die Spiegelthese aufgestellt: In der Mitgliederschaft der Gewerkschaften finden sich demnach die politischen Einstellungen der Breite der Gesellschaft wieder, weswegen auch rechtsextreme Einstellungen unter Mitgliedern ähnlich verteilt sind wie unter Nicht-Mitgliedern. Unsere Daten bestätigen diese These noch einmal: Aus Tabelle 11 lässt sich ablesen, dass sich das Ausmaß rechtsextremer Einstellungen bei Gewerkschaftern und Gewerkschafterinnen nicht signifikant von Personen ohne Gewerkschaftsbindung unterscheidet (siehe ausführlicher Kap. 3).

Tabelle 11: Geschlossen manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension und Gewerkschaftsmitgliedschaft (in %)
Tabelle 11: Geschlossen manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension und Gewerkschaftsmitgliedschaft (in %)

Zuletzt zeigt Tabelle 12 die Zusammenhänge zwischen monatlichem Äquivalenzeinkommen und den Dimensionen rechtsextremer Einstellungen. Im Gegensatz zum Nettoeinkommen eines Haushaltes berücksichtigt das Äquivalenzeinkommen auch die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen, wodurch sich auch unterschiedlich große Haushalte und deren ökonomische Situation miteinander vergleichbar werden. In der Tabelle lässt sich erkennen, dass die Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur und der Antisemitismus mit steigendem Einkommen abnehmen, was aber nicht generalisierbar ist. Zwar erreichen Befragte, die mehr als 3.000 Euro pro Kopf im Haushalt zur Verfügung haben, in allen Dimensionen die niedrigsten Werte, aber jene mit mittleren Einkommen liegen teilweise über den Geringverdienenden.
Die Gruppe mit 1.000 bis 2.000 Euro erreicht die höchsten Werte bei der Verharmlosung des Nationalsozialismus und der Ausländerfeindlichkeit; sie teilt diese Position beim Chauvinismus mit der Gruppe, die über 2.000 bis 3.000 Euro verfügt, in der wiederum der Sozialdarwinismus am meisten verbreitet ist. Die umstrittene Modernisierungsverliererthese (Spier, 2010; Kiess et al., 2017; Lux, 2018; Rippl & Seipel, 2018), nach der Niedrigverdiener und Arbeiterinnen eher zu extrem-rechten Einstellungen und zur Wahl extrem-rechter Parteien neigen, sollte differenziert und zum Beispiel mit besonderem Augenmerk auf die mittleren Einkommen diskutiert werden.

Tabelle 12: Geschlossen manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension und Äquivalenzeinkommen (in %)
Tabelle 12: Geschlossen manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension und Äquivalenzeinkommen (in %)

 

Weitere Dimensionen der politischen Einstellung

Neben der rechtsextremen Gesinnung haben wir in der LAS 2020 eine Reihe weiterer Einstellungen untersucht: die Haltung zur Demokratie, die Soziale Dominanzorientierung, die Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (hier speziell Muslimfeindschaft, Antiziganismus und Homophobie), die Gewaltbereitschaft und -akzeptanz, die politische Deprivation und die Anerkennung. Im Folgenden stellen wir unsere Ergebnisse im Einzelnen vor. Beginnen werden wir mit der Akzeptanz der Demokratie in der Bevölkerung, die wir seit 2006 erheben. Gefragt wurde nach der Zustimmung zur »Demokratie als Idee«, nach der Zufriedenheit mit der Verfassungsnorm (»Demokratie, wie sie in der Verfassung festgelegt ist«) und nach der Zufriedenheit mit der Verfassungsrealität (»Demokratie, wie sie in der Bundesrepublik funktioniert«). Grafik 14 gibt das positive Ergebnis wieder, dass die große Mehrheit hinter der Demokratie als Idee steht. Auch die Ost-West-Unterschiede, die in den Jahren 2006, 2010 und 2012 gemessen wurden, sind derzeit kaum sichtbar. Wie beim Zeitverlauf der rechtsextremen Einstellungsdimensionen verzichten wir auf die Signifikanzberechnungen für den Zeitverlauf, geben aber die signifikanten Unterschiede für 2020 an.

Grafik 14: Zustimmung zur »Demokratie als Idee« 2006–2020 (in %)

Grafik 14: Zustimmung zur »Demokratie als Idee« 2006–2020 (in %)

Einzuschränken ist hier jedoch, dass die Vorstellungen davon, was Demokratie ist oder sein sollte, offenbar stark voneinander abweichen. Der Blick auf Grafik 15 macht dies deutlich, denn die konkrete Ausformulierung der Demokratie in der Verfassung erfährt weit weniger Zustimmung als zuvor die abstrakte Idee. Während dieser Wert in Westdeutschland relativ konstant ist, stieg er in Ostdeutschland bis 2018 deutlich an (von 57,4% in 2006 auf 79,8% in 2018) und fiel 2020 wieder um fast 15 Prozentpunkte. Vermutlich spiegeln sich hierin die wieder intensiver geführten Diskussionen um den Einigungs- und Transformationsprozess sowie Gefühle der Benachteiligung.

Grafik 15: Zustimmung zur »Demokratie wie sie in der Verfassung festgelegt ist« 2006–2020 (in %)

Grafik 15: Zustimmung zur »Demokratie, wie sie in der Verfassung festgelegt ist« 2006–2020 (in %)

 Signifikante Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland 2020, Pearsons Chi-Quadrat: p < .01

Das – noch konkretere – Funktionieren der Demokratie erhält noch einmal deutlich weniger Zuspruch, wenn auch immer noch von einer Mehrheit in Gesamtdeutschland (Grafik 16). Der Trend zeigt hier zudem nach oben. Auch für den Osten ist er in der Tendenz steigend, waren es hier doch 2006 nur 27,7%, die der Demokratie ein gutes Funktionieren bescheinigten. Die Zustimmung lag 2014 bis 2018 jeweils deutlich über 40%, ging allerdings, wie schon die Zufriedenheit mit der verfassungsmäßigen Demokratie, 2020 wieder zurück. Dem Wert von nun 40,7% in Ostdeutschland stehen 61,8 % in Westdeutschland gegenüber – ein deutlicher Unterschied.

Grafik 16: Zustimmung zur »Demokratie wie sie in der Bundesrepublik Deutschland funktioniert« 2006–2020 (in %)

Grafik 16: Zustimmung zur »Demokratie, wie sie in der Bundesrepublik  Deutschland funktioniert« 2006–2020 (in %)

Signifikante Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland 2020, Pearsons Chi-Quadrat: p < .01

Mit dem Fragebogen zur Sozialen Dominanzorientierung (Sommer et al., 2003) lassen sich Hierarchie- und Ungleichwertigkeitsvorstellungen gegenüber sozialen Gruppen erfassen. Hierfür wurden die Befragten gebeten, vier Aussagen (Grafik 17) auf einer vierstufigen Skala zu bewerten (1 = »stimme gar nicht zu« bis 4 = »stimme voll zu«). Im Ergebnis zeigt sich, dass der Großteil der Befragten eher vpn der Gleichwertigkeit aller sozialen Gruppen ausgeht. So stimmen etwa 90% eher oder voll der Aussage zu, dass wir tun sollten, »was wir können, um gleiche Lebensbedingungen für alle zu schaffen«. Dass die »Gleichwertigkeit aller Gruppen ein wichtiges Ideal ist«, finden insgesamt 86,7% der Befragten. Ost- und Westdeutsche unterscheiden sich hier nicht. Dennoch gibt es auch einen nicht zu vernachlässigenden Anteil, der das Prinzip der Gleichwertigkeit ablehnt, insbesondere, wenn die vorgelegten Aussagen die Differenz zu anderen adressieren. So ist die Vorstellung, dass einige Gruppen »einfach weniger wert als andere« seien, für 14,1% der Befragten zustimmungswürdig. Unter den Befragten in Ostdeutschland liegt dieser Wert sogar bei rund 22% (ohne Abbildung), das heißt, dass hier jeder bzw. jede Fünfte der Vorstellung von Ungleichwertigkeit etwas abgewinnen kann. Ähnlich verhält es sich mit der Überzeugung, »unterlegene Gruppen sollten dort bleiben, wo sie hingehören«. Dies bejaht in den alten Bundesländern etwas über ein Zehntel (11,7%), in den neuen Bundesländern aber fast ein Viertel (23%) der Befragten (beide Unterschiede signifikant, Chi Quadrat p < .01). Im Zeitverlauf zeigt sich, dass die Vorstellung von sozialer Ungleichwertigkeit und Hierarchie bundesweit abgenommen hat (siehe Grafik 17). So unterscheiden sich die Zustimmungswerte zu allen Aussagen signifikant von denen im Jahr 2006.

Grafik 17: Zustimmung zur Sozialen Dominanzorientierung 2002, 2006 und 2020 (in %)

Grafik 17: Zustimmung zur Sozialen Dominanzorientierung 2002, 2006 und 2020 (in %)

 Signifikante Unterschiede zwischen 2006 und 2020, Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01

Bleibt bei den erfassten Egalitätsvorstellungen und der Sozialen Dominanzorientierung zunächst noch unbestimmt, gegen welche Gruppen sich der Wunsch nach Ausgrenzung und Abwertung richtet, ermöglicht das Konzept der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit (GMF) die Erfassung von Ressentiments gegenüber bestimmten, als homogen imaginierten Gruppen, die als »anders« oder »fremd« wahrgenommen werden. In der diesjährigen Erhebung haben wir den Fokus auf die Erfassung von Muslimfeindschaft, Antiziganismus und Homophobie gelegt. Die Aussagen zu Muslimfeindschaft und Antiziganismus aus der Studienreihe Deutsche Zustände (Heitmeyer, 2012) haben wir schon mehrmals in die LAS aufgenommen, sodass Vergleichswerte für die Jahre 2014 bis 2020 vorliegen. Die Beantwortung erfolgte auf einer vierstufigen Skala (1 »stimme voll und ganz zu« bis 4 »stimme überhaupt nicht zu«). In den Grafiken 18 bis 24 sind die Antwortkategorien 1 und 2 als Zustimmung zusammengefasst.

Grafik 18: Muslimfeindschaft 2020 (in %)

Grafik 18: Muslimfeindschaft 2020 (in %)

Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01

Die Muslimfeindschaft ist stark ausgeprägt, und auch 2020 im Osten noch einmal signifikant höher als im Westen (Grafik 18). So gibt jede bzw. jeder zweite Ostdeutsche an, sich »durch die vielen Muslime […] wie ein Fremder im eigenen Land« zu fühlen. In Westdeutschland sind es mit 44,8% allerdings auch fast die Hälfte. Die Forderung nach einem Zuwanderungsverbot findet etwas weniger Zustimmung, doch auch sie wird von ungefähr jedem bzw. jeder Vierten vertreten, in Ostdeutschland sogar von 40,2%.

Im Vergleich zu 2018 zeigt sich, dass die Muslimfeindschaft bundesweit abgenommen hat (Tab. 13). Dieser Rückgang geht jedoch vor allem auf die Abnahme des Ressentiments in Westdeutschland und auf die schwächere Zustimmung zur Forderung nach einem Zuwanderungsstopp zurück. An der Wahrnehmung einer »Überfremdung« hat sich hingegen insbesondere unter den ostdeutschen Befragten kaum etwas verändert. Dieses Ergebnis erscheint zunächst paradox, ist der Bevölkerungsanteil von Muslimen und Muslima in den neuen Bundesländern doch wesentlich geringer als in den alten. Wir wissen aber aus anderen Studien, dass gerade der fehlende Kontakt eine der Ursache des Ressentiments ist (z.B. Pickel et al., 2020; Pickel & Yendell, 2016).

Tabelle 13: Muslimfeindschaft und Antiziganismus 2014–2020 (in %)
Tabelle 13: Muslimfeindschaft und Antiziganismus 2014–2020 (in %)

Die Abwertung von Sinti und Roma ist im Vergleich zu den Vorjahren etwas zurückgegangen (Tab. 13). Dennoch geben auch im Jahr 2020 41,9% der Befragten an, dass sie Probleme damit hätten, »wenn sich Sinti und Roma in [ihrer] Gegend aufhalten« (Grafik 19), wobei sich zwischen Ost- und Westdeutschen kaum ein Unterschied zeigt. Mehr als ein Drittel der Befragten ist der Ansicht, dass Sinti und Roma »aus den Innenstädten verbannt« werden sollten, und hier ist die Zustimmung unter den ostdeutschen Befragten mit 41,3% besonders hoch. Nach einem deutlichen Anstieg im Jahr 2018 waren 2020 etwas weniger Befragte – aber immer noch über die Hälfte – der Überzeugung, dass Sinti und Roma zur Kriminalität neigen würden.

Grafik 19: Zustimmung Antiziganismus 2020 (in %)

Grafik 19: Zustimmung Antiziganismus 2020 (in %)

In diesem Jahr haben wir erstmals Fragen zur Homophobie, also zum Ressentiment gegen Homosexuelle, in die Erhebung aufgenommen (Grafik 20). Dabei wurden zwei ablehnend und zwei zustimmend formulierte Aussagen eingesetzt. Mit 78,6% ist die überwiegende Mehrheit der Befragten überzeugt, dass Homosexualität etwas »völlig Normales« ist. Fast ebenso viele heißen es gut, dass homosexuelle Paare Kinder adoptieren dürfen, mit sogar leicht höheren Zustimmungswerten in den neuen Bundesländern (Ost: 75,1%, West: 73%). Über ein Drittel der Befragten findet es allerdings »ekelhaft«, wenn Homosexuelle sich küssen. Und vor dem Hintergrund, dass die Streichung der Homosexualität als Krankheit aus dem Internationalen Klassifikationssystem ICD fast drei Jahrzehnte zurückliegt und Konversionstherapien seit 2020 auch in Deutschland unter Strafe stehen, erscheint der Befund umso erschreckender, dass fast jeder bzw. jede Zehnte annimmt, Homosexualität sei eine Krankheit, die geheilt werden könne.

Grafik 20: Zustimmung Homophobie 2020 (in %)

Grafik 20: Zustimmung Homophobie 2020 (in %)

Pearsons Chi-Quadrat: *p < .05

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit auf Ungleichwertigkeitsvorstellungen fußt. Egal, ob sie auf Muslime und Muslima, Sinti und Roma oder Homosexuelle zielt, muss sie als antidemokratische Überzeugung gelten, die dem Gleichheitsgrundsatz einer pluralistischen und liberalen Demokratie widerspricht.

Darüber hinaus haben wir unsere diesjährige Erhebung mittlerweile zum vierten Mal um einen Fragebogen zu Gewaltakzeptanz und Gewaltbereitschaft ergänzt. Die eingesetzten Fragen differenzieren zwischen der Bereitschaft, selbst Gewalt anzuwenden und der Akzeptanz von Gewalt, wenn sie durch andere verübt wird (Ulbrich-Herrmann, 1995). Die Dokumentation des Gewaltpotenzials und der Gewaltlegitimation erwies sich insbesondere vor dem Hintergrund der unveränderten Verbreitung rechtsextremer Einstellungen in der Gesamtbevölkerung bei gleichzeitiger Zunahme rechtsextrem motivierter Gewalttaten in den Jahren ab 2014 als relevant. In einer Gegenüberstellung der Jahre 2006 und 2016 konnten wir zeigen, dass insbesondere in extrem-rechten Milieus die Bereitschaft, eigene Interessen mit Gewalt durchzusetzen, gestiegen war (Decker & Brähler, 2016). Grafik 21 gibt die Gewaltbereitschaft und Gewaltakzeptanz 2020 wieder. Tabelle 14 bildet die Entwicklung für die Gesamtstichproben der Jahre 2006, 2016, 2018 und 2020 ab. Dafür wurden die Antwortkategorien 3 und 4 als Zustimmung zusammengefasst (Skalierung: 1»stimmt überhaupt nicht« bis 4 »stimmt voll und ganz«).

Grafik 21: Gewaltbereitschaft und Gewaltakzeptanz 2020 (in %)

Grafik 21: Gewaltbereitschaft und Gewaltakzeptanz 2020 (in %)

In der diesjährigen Befragung bestätigt etwa jeder bzw. jede zehnte Befragte, für die Durchsetzung eigener Interessen selbst körperliche Gewalt anzuwenden (Grafik 21). Unter den ostdeutschen Befragten liegt der Anteil mit 8,8% unter dem der Westdeutschen mit 10,2%. Ein größerer Anteil – etwa jeder bzw. jede sechste Befragte – billigt Gewalt, die andere verüben. Im Zeitverlauf zeigt sich, dass sowohl die Gewaltbereitschaft als auch die Gewaltakzeptanz bundesweit zurückgegangen sind (Tab. 14), 2020 liegen die Zustimmungswerte zu diesen Items unter denen der anderen Erhebungszeitpunkte. Die Abnahme der Gewaltakzeptanz resultiert dabei jedoch vor allem aus dem Rückgang im Westen, wohingegen das Niveau im Osten mit 19,1% im Vergleich zu 2018 unverändert geblieben ist.

Tabelle 14: Gewaltbereitschaft und Gewaltakzeptanz 2006–2020 (in %)
Tabelle 14: Gewaltbereitschaft und Gewaltakzeptanz 2006–2020 (in %)

Mit unseren Fragen zur politischen Deprivation messen wir, wie die Befragten ihre Möglichkeiten einschätzen, selbst politisch wirksam zu werden. Zwar zeigt sich über die Jahre ein gewisses Auf und Ab, aber das generelle Niveau des politischen Deprivationserlebens bleibt insgesamt hoch (Tab. 15). Nur ein gutes Viertel der Bevölkerung hat den Eindruck, Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen zu können. Die Ost-West-Differenzen bleiben bei allen Schwankungen erhalten, wobei sich Ostdeutsche stets als weniger wirksam erleben. Bis auf das Jahr 2010 sind diese Differenzen hochsignifikant.

Tabelle 15: Politische Deprivation, Zustimmung zur Aussage »Leute wie ich haben sowieso keinen Einfluss darauf, was die Regierung tut« (in %)
Tabelle 15: Politische Deprivation, Zustimmung zur Aussage »Leute wie ich haben sowieso keinen Einfluss darauf, was die Regierung tut« (in %)

Tabelle 16 gibt wieder, wie hoch der Anteil an Befragten ist, die keinen Sinn im politischen Engagement erkennen können. Wie in den anderen Jahren fallen diese Werte zwar etwas niedriger als beim vorigen Item aus, allerdings bleibt die große Politikferne vieler Bürgerinnen und Bürger offenkundig. Wiederum können in Westdeutschland mehr Menschen eine Bedeutung in der politischen Teilnahme erkennen. Der insgesamt immer noch hohe Anteil von 59,1% an Befragten, die eigenes Engagement für »sinnlos« erklären, ist seit 2006 (69,1%) allerdings deutlich zurückgegangen. Insofern kommt es mittlerweile für einen größeren Anteil der Bevölkerung infrage, sich politisch für ihre Ziele einzusetzen.

Tabelle 16: Politische Deprivation, Zustimmung zur Aussage »Ich halte es für sinnlos, mich politisch zu engagieren« (in %)
Tabelle 16: Politische Deprivation, Zustimmung zur Aussage »Ich halte es für sinnlos, mich politisch zu engagieren« (in %)

Obwohl subjektive Einschätzung und objektiv gegebene Möglichkeiten der Partizipation nicht übereinstimmen, ist die Gesellschaft bei diesen Befunden doch herausgefordert. Denn es wird deutlich, dass sich die Befragten in unterschiedlichem Maß aus der politischen Arena ausgeschlossen fühlen. Die Ursachen hierfür können einerseits in einem passiven Politikverständnis liegen, andererseits in einer realen Ungleichheit beim Zugang zu dieser Arena: Nicht alle Stimmen werden gleichermaßen gehört oder repräsentiert.

Schon für die LAS 2018 hatten wir eine Reihe von Items entwickelt, um die Erfahrung von verweigerter Anerkennung und wahrgenommener Deklassierung zu erforschen (Decker et al. 2018b). Da wir sie in der LAS 2020 erneut eingesetzt haben, können die Ergebnisse der beiden Erhebungszeitpunkte miteinander verglichen werden (Tab. 17; 1 = »trifft überhaupt nicht zu« bis 5 = »trifft voll und ganz zu«; Antwortkategorien 4 und 5 zusammengefasst zu Zustimmung). Schon in der Analyse von 2018 wurde deutlich, dass die Personen, welche das Gefühl haben, als Bürgerinnen und Bürger keine Rechte zu besitzen, häufiger eine antidemokratische Einstellung ausbilden. Dieses Gefühl der versagten Anerkennung ist ein Bestandteil der autoritären Dynamik in der Gesellschaft, eine sich im Alltag immer wieder reproduzierende Erfahrung von Abwertung (ebd.).

Tabelle 17: Empfundenes Anerkennungsdefizit als Bürgerin und Bürger (in %)
Tabelle 17: Empfundenes Anerkennungsdefizit als Bürgerin und Bürger (in %)

Wie Tabelle 17 zu entnehmen, sind die Werte 2020 gegenüber unserer letzten Erhebung nahezu unverändert geblieben. Allerdings ist das eine besorgniserregender Befund, denn er bedeutet, dass sich immer noch rund ein Drittel der Bevölkerung im Umgang mit staatlichen Stellen nicht anerkannt fühlt. In den letzten Jahren ist zu beobachten, dass sich Beleidigungen, Straf- und Gewalttaten gegen Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger häufen. Seit 2019 werden sie in der bundesweiten Statistik zu politisch motivierter Kriminalität erfasst (Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat, 2020). Auch diese Statistik bildet also eine Form der verweigerten Anerkennung ab – gegenüber jenen, die sich in der demokratischen Gesellschaft engagieren. Deshalb haben wir in diesem Jahr erstmals auch die Anerkennung bzw. Abwertung erhoben, welche Politiker und Politikerinnen erfahren (Grafik 26; 1 = »trifft überhaupt nicht zu« bis 5 = »trifft voll und ganz zu«; Antwortkategorien 4 und 5 zusammengefasst zu Zustimmung). Es zeigt sich, dass nur gut der Hälfte der Befragten jene Menschen grundsätzlich anerkennen möchten, die sich in das politische Leben einbringen. Etwa jede und jeder Fünfte hält es dagegen für gerechtfertigt, wenn Politiker und Politikerinnen beleidigt werden.

Grafik 22: Anerkennung von Politikern und Politikerinnen (in %)

Grafik 22: Anerkennung von Politikern und Politikerinnen (in %)

 Signifikante Ost-West-Unterschiede: Pearsons Chi-Quadrat ** p < .01, * p < 0.5

Wer sind die manifest-geschlossenen Rechtsextremen und was treibt sie an?

Bevor wir die Ergebnisse abschließend diskutieren, wollen wir eine verdichtete Beschreibung von jenen Menschen geben, die ein geschlossen rechtextremes Weltbild haben. Diese Personengruppe macht in diesem Jahr 4,3 % der bundesdeutschen Bevölkerung aus. Ihr Anteil ist gesunken, eine Tendenz, die seit Jahren anhält und von uns bereits als positive Entwicklung diskutiert worden ist (Decker & Brähler 2016). Als wir den Kontrast zwischen den Jahren 2006 und 2016 beschrieben, fiel uns aber noch etwas anderes auf. In dieser Dekade waren die demokratischen Milieus größer geworden, die antidemokratisch-autoritären dafür radikaler und gewaltbereiter. Im Ergebnis stellten wir fest: Die bundesdeutsche Gesellschaft ist polarisiert (ebd). Diese Berechnung wollen wir an dieser Stelle nicht wiederholen, aber zeigen, welche Stimmungslage beim Typus des Rechtsextremen in diesem Jahr vorherrscht.

Die Typenbildung ist eine methodische Vorgehensweise in der Sozialforschung, die Strukturen oder Bedeutungen sichtbar machen kann (Mey & Ruppel, 2018). Sie ist für das Fach von Anfang an wichtig gewesen: Von Max Weber über Sigmund Freud bis hin zur Klassifikation menschlicher Erkrankungen durch die Weltgesundheitsorganisation greifen Sozialwissenschaftler und -wissenschaftlerinnen auf Typen zurück, um damit die Ergebnisse ihrer Forschung zu verdichten. In der Sozialpsychologie tritt noch ein anderer Gewinn der Betrachtung solcher Extremfälle hinzu: Sie sind die sprichwörtlichen Ausnahmen, in denen sich die Regel findet. Deshalb hat eine typisierende Betrachtung Erkenntniswert.

In unserem Fall, liegt im Typus des geschlossen Rechtsextremen das Ressentiment so offen zutage, dass es sich am besten untersuchen lässt. An den wenigen sehen wir also die Funktion des Ressentiments viel deutlicher – eine Funktion, die es auch für alle anderen Menschen hat. Wir erfahren in der Untersuchung damit etwas über die Lebensbedingungen extrem Rechter, und was es bedeuten würde, wenn solche Bedingungen noch mehr Menschen erfassen würden.

Es liegt ja auch zum Greifen nah: Die Gefährdung der Demokratie besteht nicht, weil 5,6% der Bevölkerung ein manifestes und geschlossenes rechtsextremes Weltbild haben, sondern weil sie in größere politische Milieus eingebunden sind. Dort stoßen sie auf einen Resonanzraum, denn was sie als geschlossenes Weltbild tragen, wird in vielen Punkten von einer großen Zahl anderer Menschen geteilt, wie der verbreitete Ethnozentrismus mit seiner Ausländerfeindlichkeit und dem Chauvinismus sofort verdeutlicht. So konnte es 2015 breiten Teilen der Bevölkerung als völlig legitim erscheinen, dass sich Hass und Gewalt gegenüber Geflüchteten entluden. Auch bei künftigen als Krise wahrgenommenen Ereignissen kann es daher geschehen, dass Ressentiments die demokratische Gesellschaft bedrohen. Im Folgenden werden die bisher vorgestellten Einzelergebnisse in ein Gesamtbild eingefügt und die weiteren Analysen in dieser Studie vorbereitet.

Unter den Personen, denen wir ein geschlossen rechtsextremes Weltbild attestieren, sind beide Geschlechter paritätisch vertreten (Chi-Quadrat) und ihr mittleres Alter entspricht dem der übrigen Befragten (T-Test). Allerdings hat diese Gruppe sehr viel häufiger nur einen niedrigen Bildungsabschluss erreicht (Chi-Quadrat p < .01). Auch die eigene wirtschaftliche Lage und die der Bundesrepublik schätzen sie deutlich schlechter ein als alle anderen. Diese Einschätzung findet in einem etwas niedrigeren Haushaltseinkommen (Mittel von 1787 Euro gegenüber 2026 Euro bei der übrigen Bevölkerung; T-Test p < .05) genauso eine objektive Basis, wie bei der Erfahrung von Arbeitslosigkeit: Rechtsextreme sind zu 37,3% mehrmals in ihrem Leben arbeitslos gewesen und machen diese Erfahrung damit häufiger als die anderen Befragten, von denen aber immerhin auch 21,8% von mehrfacher Arbeitslosigkeit betroffen sind (Chi-Quadrat  p < .01). Einmal im Leben haben rund 23% der Bundesdeutschen unabhängig von ihrer politischen Einstellung die Erfahrung gemacht, sich arbeitssuchend melden zu müssen. Es bleibt also festzuhalten, dass etwa ein Drittel der Rechtsextremen ökonomisch depriviert ist und gut die Hälfte mindestens einmal arbeitslos war. Es ist aber auch ein Fakt, dass sie diese Erfahrung mit vielen Menschen teilen, die trotzdem nicht rechtextrem sind. Diese Beobachtung wird uns später noch zu weiteren psychosozialen Bedingungen für die Entwicklung einer rechtsextremen Einstellung führen.

Sehen wir uns zunächst das Wahlverhalten an. Während Menschen mit einer rechtsextremen Einstellung bis 2014 überwiegend die SPD oder CDU wählten, hat sich ihre Priorität geändert (Decker & Brähler, 2016). Seit ihrer Gründung kann die AfD die meisten Personen mit diesem Weltbild für sich gewinnen (Tab. 18): Von den 53 geschlossen-rechtsextrem Eingestellten, die zur Wahl gehen wollen, gibt 2020 ein Drittel an, für die AfD zu stimmen.

Tabelle 18: Was wählen Rechtsextreme (in %)?
Tabelle 18: Was wählen Rechtsextreme (in %)?

Rechtsextrem Eingestellte haben ein deutlich vermindertes Vertrauen in alle Verfassungsorgane und gesellschaftlichen Institutionen (Tab. 19). Der Polizei trauen noch knapp 70% von ihnen, etwa 62,% dem Bundesverfassungsgericht. Diesen beiden Institutionen wird auch allgemein das höchste Vertrauen entgegengebracht, besonders dem Verfassungsgericht mit über 83% – hier ist der Kontrast zwischen Rechtsextremen und der übrigen Bevölkerung aufschlussreich (vgl. Celik, et al., 2020). Während die sozialen Medien das geringste Vertrauen in der Bevölkerung finden, liegen sie bei den Rechtsextremen an dritter Stelle, dicht gefolgt vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Obwohl nur 41,9% der Rechtsextremen den öffentlichen Rundfunkanstalten Vertrauen schenken, so ist es doch eine gute Nachricht, dass immerhin knapp die Hälfte von ihnen auf diesem Weg noch an der demokratischen Gesellschaft Anteil hat und sich dem Meinungspluralismus stellt. Weit abgeschlagen liegen die Instanzen des repräsentativen Verfassungsstaates. Nur noch etwas mehr als die Hälfte im Vergleich zur restlichen Bevölkerung vertraut dem Bundespräsidenten. Ähnlich groß ist die Differenz bei den übrigen Institutionen, auch wenn deren Legitimation in der Bevölkerung generell schwach ist.

Tabelle 19: Wie viel Vertrauen haben Rechtsextreme in gesellschaftliche und Verfassungsinstitutionen? (in %)
Tabelle 19: Wie viel Vertrauen haben Rechtsextreme in gesellschaftliche und Verfassungsinstitutionen? (in %)

Vor dem Hintergrund dieses ausgeprägten Misstrauens gegenüber staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen überrascht es nicht, dass Rechtsextreme sich insgesamt rechtloser erleben als alle anderen (Tab. 20). Im Grunde nehmen sich mehr als die Hälfte bis zu zwei Drittel von ihnen als unfähig wahr, ihre Interessen in der Gesellschaft zu verfolgen.

Tabelle 20: Wahrgenommene Anerkennungsdefizite als Bürgerin und Bürger (Zustimmung in %)
Tabelle 20: Wahrgenommene Anerkennungsdefizite als Bürgerin und Bürger (Zustimmung in %)

Konsequenterweise fühlen sich Rechtsextreme auch häufiger politisch depriviert als die übrige Bevölkerung. Dass sie ihren Einfluss auf die Bundesregierung als gering erachten, kann beruhigen (Tab. 21). Allerdings fällt auch auf, dass dies nichts an ihrer Gewaltbereitschaft und -akzeptanz ändert – im Gegenteil (Tab. 23).

Tabelle 21: Politische Deprivation (Zustimmung in %)
Tabelle 21: Politische Deprivation (Zustimmung in %)

Das Vertrauen in jene Menschen, die sich in der Politik engagieren, ist in der Bevölkerung generell gering – so viel haben wir bereits gesehen (vgl. Tab. 19). Das Engagement von Politikerinnen und Politikern stößt aber bei Rechtsextremen ganz überwiegend auf Ablehnung. Zudem fühlen sie sich zur Gewaltanwendung befugt: Schon bei der Frage nach verbaler Gewalt ist das Ergebnis erschreckend, da deren Einsatz von der überwiegenden Mehrheit der Rechtsextremen als völlig legitim erachtet wird (Tab. 22).

Tabelle 22: Haltung zu Politikerinnen und Politikern (Zustimmung in %)
Tabelle 22: Haltung zu Politikerinnen und Politikern (Zustimmung in %)

Für knapp die Hälfte der Rechtsextremen ist auch körperliche Gewalt ein legitimes Mittel der Auseinandersetzung, ein Viertel von ihnen ist selbst zur Gewalt bereit (Tab. 23). Hier wird die Gefahr konkret, die von dieser Bevölkerungsgruppe ausgeht. Sie richtet sich nicht nur abstrakt gegen die liberal-demokratische Gesellschaft, sondern ihre Ideologie der Ungleichheit mit ihren Bezügen zur Neo-NS-Ideologie und zum Ethnozentrismus ist genau das, was Rassismus schon immer war: die Rechtfertigung, Gewalt gegen »andere« auszuüben (Claussen, 1994).

Tabelle 23: Gewaltbereitschaft und -akzeptanz (Zustimmung in %)
Tabelle 23: Gewaltbereitschaft und -akzeptanz (Zustimmung in %)

Dieser letzte Aspekt – das Bedürfnis nach Gewalt – führt in den Bereich der Persönlichkeitspsychologie, der schon im Zusammenhang mit der ökonomischen Deprivation angesprochen wurde. In der politischen Einstellungsforschung war früh aufgefallen, dass die politischen Positionen, die ein Mensch bezieht, durch teilweise unbewusste Wünsche und Bedürfnisse bestimmt sind (Fromm, 1936; Adorno et al., 1950; vgl. Kap. 6). Mit anderen Worten: Was Menschen in der Politik realisieren wollen, sind nicht immer nur politische, sondern vielmehr persönliche Ziele. Hier geht es um Beziehungserfahrungen und Bedürfnisse, ein Konglomerat also, das oft als Persönlichkeit bezeichnet wird. In der LAS 2020 kamen deshalb auch verschiedene Fragebögen zum psychischen Befinden und zu zentralen Orientierungsmustern und Werten zum Einsatz. Im folgenden wollen wir aus diesen Daten ein »Psychogramm« der rechtsextremen Typus erstellen.

Aus den Daten wird deutlich, dass viele Rechtsextreme auch im Alltag besonders misstrauisch sind (Mann-Whitney U-Test p < .01). Ein größerer Anteil als in der übrigen Bevölkerung berichtet zudem von starken Sorgen um andere Menschen (Mann-Whitney U-Test, p < .05). Im Leben sind ihnen besonders Leistung, Gesetz & Ordnung und das Streben nach Gewinn wichtig. Deutlich weniger wichtig als den anderen Bevölkerungsgruppen sind ihnen hingegen Weltoffenheit, Toleranz und Solidarität. Wie alle anderen Menschen stellen sie für sich selbst trotzdem hohe Erwartungen an soziale Gerechtigkeit und gleichwertige Lebensverhältnisse (alle genannten Unterschiede Mann-Whitney U-Test p < .01). Gerade von Letzterem fühlen sich Rechtsextreme aber offensichtlich ausgeschlossen, wenn sie von ihrem Gefühl berichten, nicht ihren »gerechten Anteil« zu bekommen: Sie empfinden sich als »oft unfair behandelt« und »benachteiligt« und haben nicht den Eindruck, das zu bekommen, was sie »verdienen« (Mann-Whitney U-Test, jeweils p < .01). Zudem sehen sie sich in der »Gesellschaft zu wenig beachtet« und ihre Meinungen und Interessen »zu wenig berücksichtigt« (Mann-Whitney U-Test, jeweils p < .01). Ferner beklagen sie, dass ihnen manchmal die Gesellschaft anderer fehlt – ein Befund, den sie mit einer erschreckend großen Anzahl an Befragten in unserer Stichprobe teilen. Doch mehr als die anderen Bevölkerungsgruppen fühlen sie sich isoliert und von anderen abgeschnitten, ein Phänomen, das in der Psychopathologie als Depersonalisierung bezeichnet wird (Mann-Whitney U-Test, jeweils p < .01).

Dieses Symptom drückt sich als emotionale Taubheit für die eigenen, aber auch für die Gefühle anderer aus, und zeigt eine starke psychische Belastung und Spannungszustände an. Fragt man Rechtsextreme nach ihrer Stimmungslage, so ist sie gleichermaßen durch Depressivität und Groll bestimmt: Sie fühlen sich unsicher, gereizt, hoffnungslos und schwermütig, aber ebenso zornig, wütend und verärgert (Mann-Whitney U-Test, jeweils p < .01). Ihr Alltag ist von ängstlichen Vorahnungen geprägt, sie erwarten ein bald eintretendes schreckliches Ereignis und berichten von beunruhigenden Gedanken (Mann-Whitney U-Test, jeweils p < .01). Dieses Selbsterleben gibt einen Hinweis auf die Psychodynamik, die rechtsextreme Einstellungen begünstigt.

Ihre Gewaltbereitschaft und ihr Hass sind also einer innerpsychischen Spannung geschuldet, die wenig Raum für Momente der Zufriedenheit und des Glücks lässt (Mann-Whitney U-Test, jeweils p < .01). Deshalb führen sie ihre Anspannung und Gereiztheit (Mann-Whitney U-Test, jeweils p < .01) in die Außenwelt ab. Zusammenfassend lässt sich das psychische Befinden der Befragten, die in unserer Erhebung ein geschlossen manifest-rechtsextremes Weltbild bekunden, als paranoid-schizoide Position beschreiben. Diese Befragten stehen unter einer großen innerpsychischen Spannung, die sie nicht zuordnen können und daher abspalten. Die Verfolgung anderer gestattet ganz real die Abfuhr dieser Spannung – als Beschimpfung oder körperliche Aktion – und die Möglichkeit, sich wieder selbst zu erleben – in der Wut und im Hass. Doch dadurch wird das Gefühl der eigenen Bedrohung nicht schwächer: Wieder und wieder werden Objekte gesucht, auf welche die eigene, nicht zu bewältigende Aggressivität geworfen werden kann. Stehen keine Objekte zur Verfügung, keine »anderen« oder »Fremden«, richtet sich die Aggressivität auch gegen das eigene Selbst und kommt als Depressivität und Entleerung zur Erscheinung.

Zusammenfassung und Diskussion

Rechtsextreme Einstellungen rückläufig, aber Ethnozentrismus weiterhin auf hohem Niveau, Neo-NS-Ideologie bei Rechtsextremen verfestigt

Die Verbreitung der rechtsextremen Einstellung in Deutschland hat sich seit Beginn unserer Untersuchungsreihe im Jahr 2002 rückläufig entwickelt. Allerdings zeigen sich im Zeitverlauf deutliche Konjunkturen, die mit gesellschaftlichen Krisen(wahrnehmungen) und mit einem Bedrohungserleben in Verbindung zu bringen sind. Außerdem geht mit diesem leichten Rückgang dennoch eine Polarisierung der Gesellschaft und eine Radikalisierung der rechtsextrem Eingestellten einher (Decker & Brähler, 2016). Auch die größere Verbreitung rechtsextremer Überzeugungen in Ostdeutschland, gerade unter den jüngeren Befragten, ist kein Anlass zur Entwarnung, sondern zeigt den weiterhin akuten Handlungsbedarf an.

Die Dimensionen der rechtsextremen Einstellung, die wir dem Ethnozentrismus zuordnen, erhalten insgesamt deutlich höhere Zustimmungswerte als die der Neo-NS-Ideologie. Die Aussagen, die offen Bezug auf den Nationalsozialismus nehmen – insbesondere seine Verharmlosung und der Antisemitismus, aber auch die Vorstellung einer Ungleichwertigkeit von Menschen – werden hingegen von den meisten abgelehnt.  Offenbar wird ihre manifeste Äußerung durch die soziale Ächtung, der sie unterliegen, gehemmt. Latent wird ihnen aber dennoch Raum gegeben – diese ressentimentgeladene Gesinnung ist also nicht aus der Welt.

Warnung vor einem Gewöhnungseffekt

Über die zehn Erhebungen unserer Studienreihe hinweg zeigt sich, dass der Ethnozentrismus die meiste Zustimmung findet. Was bei der ersten Messung im Jahr 2002 schockierte – die massive Verbreitung dieser nationalistischen und ausländerfeindlichen Ressentiments –, gehört leider bis heute zum autoritären Erbe der bundesdeutschen Gesellschaft. Daher ist Vorsicht vor einem Gewöhnungseffekt geboten. Wir dürfen den insgesamt hohen Sockel an rechtsextremen Einstellungen in der Gesellschaft nicht mit dem Motto abtun: »Das war schon immer so und wird wohl nicht so schlimm werden.« Dass nicht nur Ausländerfeindlichkeit, sondern auch Chauvinismus als »Einstiegsdroge« in den Rechtsextremismus gelten, verdeutlichen die über die Jahre hohen Zustimmungswerte. Solche Ideologien der Ungleichwertigkeit werden immer auch das konkrete Handeln dieser Menschen bestimmen, ein Handeln, dass sich in Wort und Tat gegen andere Menschen richtet. Ob es Politikerinnen oder Migranten sind – Neo-NS-Ideologie und der Ethnozentrismus sind die gedankliche Vorbereitung einer sehr schnell sehr naheliegenden Tat. Auch das haben wir in letzten zwanzig Jahren beobachten müssen – von Düsseldorf Wehrhahn bis Halle und Hanau.

Beide Äußerungsformen der rechtsextremen Ideologie knüpfen an sozial durchaus breit akzeptierte Normen an, etwa die Unterscheidung der Eigengruppe (»die Deutschen«) von der Fremdgruppe (»die Ausländer«). Sowohl die Abwertung der »Anderen« als auch die Aufwertung des eigenen Kollektivs, erfüllt Bedürfnisse nach Stärke und legitimiert die Gewaltausübung. Diese Mischung gefährdet die liberale und plurale Demokratie.

Ost- und Westdeutschland zeigen immer noch unterschiedliche autoritäre Dynamiken

Bei näherer Betrachtung lassen sich im Zeitverlauf weitere besorgniserregende Befunde benennen: Während in den alten Bundesländern ein langsamer Rückgang an rechtsextremen Einstellungen feststellbar ist, unterliegen die neuen Bundesländer einer anderen Dynamik.  Zwar sinken auch hier die Zustimmungswerte zum tradierten Antisemitismus, zum Sozialdarwinismus und zur Verharmlosung des Nationalsozialismus, aber die Idee einer rechtsautoritären Diktatur findet im Jahr 2020 wieder fast so viel Befürwortung wie 2002. Der Unterschied ist mit 1,8% (West) und 8,8% (Ost) sehr deutlich, womit der Ruf nach autoritärer Staatlichkeit im Osten wesentlich lauter ist. Auch der Chauvinismus steigt im Osten abermals an.

Diese Befunde decken sich mit den Zustimmungswerten zur Demokratie. Wird die Demokratie als Idee in Ost- und Westdeutschland noch gleichermaßen bejaht, so ist die Zufriedenheit mit der Demokratie, wie sie in der Verfassung festgehalten ist und tatsächlich funktioniert, im Osten signifikant niedriger als im Westen. Auch die politische Deprivation und die Erfahrung von verweigerter Anerkennung treten im Osten deutlich stärker zutage als im Westen.

Ein zusammenfassender Blick auf die sozialstrukturelle Verteilung zeigt, dass insbesondere die 14- bis 30-jährigen Ostdeutschen häufiger eine rechtsautoritäre Diktatur befürworten. Da dies die Nachwende-Generationen sind, ist diese Überzeugung also keine Folge eigener Erfahrungen in der DDR, wie oft angenommen wird. Chauvinismus und Ausländerfeindlichkeit sind dagegen in der mittleren Altersgruppe (31 bis 60 Jahre) der Ostdeutschen besonders oft zu finden.

Keine Unterschiede zwischen Ost und West gibt es hingegen beim Befund, dass Wählerinnen und Wähler der AfD am häufigsten rechtsextrem eingestellt sind, dass sich aber auch unter den Menschen mit anderen Wahlpräferenzen solche Einstellungsmuster nachweisen lassen. Dass kaum eine gesellschaftliche Gruppe in Ost oder West frei von rechtsextremen Einstellungen ist, zeigt sich unter anderem mit Blick auf die Kirchenzugehörigkeit: Auch unter evangelischen und katholischen Befragten gibt es nationalistische und antidemokratische Überzeugungen, unter den Konfessionslosen allerdings noch einmal signifikant häufiger.

Anhaltende Liberalisierung

Positiv lässt sich hervorheben, dass Hierarchie- und Ungleichwertigkeitsvorstellungen auf abstrakter Ebene (Soziale Dominanzorientierung) seit 2002 eher abgenommen haben. Auch Muslimfeindschaft und Antiziganismus finden 2020 deutlich weniger Verbreitung als etwa noch 2018, allerdings sind diese Dimensionen der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit in Ostdeutschland fast durchgängig deutlich stärker ausgeprägt. Dies zeigt, dass die Abwertung anderer nicht mit steigenden Zuwanderungszahlen rationalisiert werden darf. Vielmehr ist es nötig, sich auf die komplexeren sozialpsychologischen und soziologischen Erklärungsansätze, die in den folgenden Kapiteln vorgestellt werden, einzulassen. Die Rechte von Homosexuellen werden von einer Mehrheit der Deutschen anerkannt, doch auch hier sind weiterhin fast 10% überzeugt, dass es sich dabei um eine Erkrankung handelt.

Polarisierung und Radikalisierung bestimmen die Gegenwart

Die Gefahren für die Demokratie liegen erstens in der ernst zu nehmenden großen Verbreitung extrem-rechter Einstellungen und Abwertungsmuster, zweitens im Verlust von politisch-institutionellem Vertrauen sowie demokratischer Legitimation, drittens in der gesellschaftlichen Polarisierung, die mit einer Radikalisierung und Enthemmung am rechten Rand einhergeht und viertens in der Diffusion und »Modernisierung« extrem-rechter Narrative (Ethnozentrismus).

Bevor wir auf die Enthemmung der extremen Rechten gesondert eingehen, ist ein Blick auf die Legitimation der Demokratie angezeigt. Die Idee der Demokratie ist unter anderem daraus entstanden, Herrschaft nicht blind zu vertrauen. Deshalb haben die modernen Demokratien komplexe Systeme der Gewaltenteilung und -verschränkung ausgebildet. Ein gewisses Maß an Vertrauen ist aber eine notwendige Funktionsvoraussetzung für die demokratische Ordnung (Braithwaite & Levi, 1998; Hetherington, 2007; Torney-Purta et al., 2004): Gesellschaftsmitglieder müssen die Demokratie und ihre Institutionen zumindest grundsätzlich als legitim anerkennen, um sich beteiligen zu können. Einerseits entfiele sonst die Motivation, auf die als nicht-responsiv eingeschätzten Institutionen einzuwirken; andererseits bieten diese Institutionen auch den Rahmen für die politische Auseinandersetzung mit anderen – einen Rahmen, der allgemein akzeptiert sein muss, um in die (demokratische!) Auseinandersetzung treten zu können (Offe, 1999, S. 73–75). Nicht vorhandenes Vertrauen zeugt daher von fehlender Unterstützung, aber auch grundsätzlicher Distanz zur Demokratie.

Wie bereits festgestellt hat sich der Anteil der geschlossen manifest-rechtsextrem Eingestellten im Vergleich zur letzten Erhebung kaum verändert. Die Gewaltbereitschaft und -akzeptanz hat zwar insgesamt abgenommen, ist aber unter manifest Rechtsextremen auffällig hoch. Fast die Hälfte derer, die ein solches Weltbild pflegen, befürworten Gewalt durch andere, und jeder bzw. jede Vierte in dieser Gruppe ist bereit, selbst Gewalt auszuüben. Mag der Anteil der Rechtsextremen nicht gestiegen sein, so zeigt die lange Reihe rechtsextremistischer Attentate in der Bundesrepublik, dass schon ein einzelne Gewalttäter zu viel ist. Darüber hinaus ist in diesem Kapitel für die Gruppe der Rechtsextremen gezeigt worden, dass sie den sozialen Medien größeres Vertrauen entgegenbringen als dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, dem sie allerdings noch überraschend oft vertrauen. Wenig überraschend dagegen erhalten Politikerinnen und Politiker, Parteien, die Bundesregierung und der Bundespräsident von dieser Gruppe kein Vertrauen. Da Politiker nicht als »ihre« Vertreter eingeschätzt werden, wollen Rechtsextreme ihnen auch keine Anerkennung zollen und finden, dass sie Beleidigungen verdient hätten. Zu betonen ist, dass Rechtsextreme dabei alle Parteien und das Amt des Bundespräsidenten ablehnen und damit deren grundsätzliche Legitimation in Zweifel ziehen. Der Beschreibung der manifesten Rechtsextremen zeigt: Wenn sie wählen gehen, dann überwiegend die AfD; ferner sie sind depriviert und gewaltbereit; ihr Misstrauen gilt den gesellschaftspolitischen Institutionen, ihren Repräsentantinnen und Politikern.

Psychogramm der Rechtsextremen

Eindrücklich hat der Antisemitismusforscher Uffa Jensen die autoritäre Dynamik beschrieben, in die ein solcher Typus eingebunden ist. Unabhängig davon, ob die wahrgenommene Zurücksetzung der Bürgerinnen und Bürger sich objektivieren lässt, zeigt sie ein großes Problem an. Ihre Wahrnehmung und ihre Ressentiments führen zu dem, was Jensen als »Zornpolitik« beschreibt (Jensen, 2017): »Ein solches Grollen bildet sich dann, wenn die Differenz zwischen dem Wunsch, in der Gesellschaft gleichberichtigt mitbestimmen zu können und den wahrgenommenen Machtverhältnissen, welche diese Mitbestimmung zu verhindern scheinen, besonders groß geworden sind« (Jensen, 2017 S. 33). Das Ressentiment will Abfuhr. Neben den oben beschriebenen Gruppen richtet es sich zunehmend auch gegen die Menschen, die sich für das Gemeinwesen einsetzen – verbal, aber auch physisch. Die folgenden Kapitel sind der Analyse dieses autoritären Syndroms in seinen verschiedenen Erscheinungsformen gewidmet.


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