Elio Clemenz, Georg-August-Universität Göttingen

Behandlungsentscheidungen intergeschlechtlicher Personen im Jugend- und Erwachsenenalter

Im Rahmen meines Promotionsvorhabens beschäftige ich mich aus ethischer Perspektive mit den geschlechtsbezogenen Behandlungsentscheidungen von intergeschlechtlichen Jugendlichen und Erwachsenen. Hintergrund der von mir geplanten Studie ist das 2021 verabschiedete “Gesetz zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung”, das geschlechtsverändernde Eingriffe an intergeschlechtlichen Kindern verbietet bzw. reguliert. Auf Grund der neuen Gesetzeslage ist davon auszugehen, dass zukünftig eine zunehmende Anzahl Jugendlicher und Erwachsener die Möglichkeit haben wird, sich für oder gegen einen medizinischen Eingriff zu entscheiden. Da die Bedingungen und Herausforderungen von Behandlungsentscheidungen einwilligungsfähiger intergeschlechtlicher Personen aus medizinethischer Perspektive bis dato kaum näher untersucht wurden, erscheint eine differenzierte Erhebung und Analyse notwendig.

Die zunächst am Prinzip der Offenheit orientierte Fragestellung meines Forschungsvorhabens lautet: Wie gestalten sich Behandlungsentscheidungen intergeschlechtlicher Personen? Die Datenerhebung wird mittels biographisch-narrativer Gesprächsführung erfolgen. Methodisch lässt sich der empirische Teil der Studie innerhalb der interpretativen Sozialwissenschaft verorten. Die Interviewauswertung soll mit Hilfe der biographischen Fallrekonstruktion nach Rosenthal durchgeführt werden.

Mittels der geplanten Untersuchung sollen die Bedingungen untersucht werden, mit denen intergeschlechtliche Menschen konfrontiert sind, wenn sie sich für oder gegen eine geschlechtsverändernde medizinische Behandlung entscheiden. Hierbei sind insbesondere Herausforderungen und Hindernisse autonomer Entscheidungen von intergeschlechtlichen Personen zu beleuchten. Mit Hilfe eines narrativ-biographischen Zugangs soll ein möglichst differenzierter Blick auf das Erleben und die Handlungsmotive intergeschlechtlicher Menschen im Kontext ihrer Entscheidungssituation ermöglicht werden. Im Beug auf den klinischen Praxiskontext zielt meine Arbeit darauf ab, Behandler*innen für die Situation intergeschlechtlicher Menschen zu sensibilisieren, um langfristig eine bedarfs- und selbstbestimmungsorientierte Behandlungs- bzw. Versorgungspraxis zu etablieren.