Maria Gerdes, Goethe-Universität Frankfurt am Main

Verlust der Staatsangehörigkeit aufgrund terroristischer Kampfhandlungen im Ausland. § 28 Abs. 1 Nr. 2 StAG: Vereinbarkeit mit dem Völker- und Unionsrecht und internationaler Rechtsvergleich.

Durch das Änderungsgesetz vom 4. August 2019 wird der schon bestehende § 28 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) um einen neuen Verlustgrund ergänzt. Nach diesem darf ein Deutscher mit mehrfacher Staatsangehörigkeit, der sich an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland konkret beteiligt, ausgebürgert werden. Ziel des angestrebten Dissertationsprojekts ist die Untersuchung der Vereinbarkeit des neuen Verlustgrundes mit dem Völker- und Unionsrecht. Die Einführung der Norm ist eine Reaktion auf die Zunahme des globalen Terrorismus im 21. Jahrhundert. Wegen des internationalen Charakters des Phänomens wird die völkerrechtliche Perspektive dabei besonders fokussiert. Bei der Auslegung der völkerrechtlichen Verträge spielt der Einfluss asymmetrischer Kriegskonzepte ebenso eine Rolle wie die Gewährleistung des Menschenrechtsschutzes für die ausgebürgerten Terroristen. Darüber hinaus soll untersucht werden, inwieweit Deutschland seiner Verpflichtung zur Verfolgung von Verbrechen nach dem Völkerstrafrecht nachkommt, wenn es den Tätern die Einreise zurück nach Deutschland verweigert. Als zweites Ziel vergleicht die Arbeit verschiedene europäische Rechtssysteme, die sich durch ähnliche Gesetze über den Verlust der Staatsangehörigkeit auszeichnen. Dadurch soll besser nachvollzogen werden, wie andere Staaten ihre internationalen und europäischen Verträge und Verpflichtungen interpretiert haben oder noch interpretieren. In diesem Zusammenhang gehe ich auch auf die rechtspolitische Motivation für die Norm und ihre Rechtfertigung ein. Nach der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu § 28 Abs. 1 Nr. 2 Staatsangehörigkeitsgesetz stellt die aktive Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland einen Beweis für die Hinwendung zur terroristischen Organisation und mangelnde Loyalität zu Deutschland und seiner demokratischen Verfassung. Inwiefern ein Loyalitätskonflikt zu einem nicht-staatlichen Akteur entstehen kann, bleibt offen. In dieser Arbeit wird die These aufgestellt, dass das Gesetz primär die Wiedereinreise der Terroristen nach Deutschland verhindern möchte.