Gewalt in der Geburtshilfe – eine grund- und menschenrechtliche Analyse
Überall auf der Welt erleben Gebärende Gewalt in der Geburtshilfe – auch in Deutschland. Betroffene berichten von Erniedrigungen, Vernachlässigung, Drohungen und Eingriffen ohne oder gegen ihren Willen. Die Weltgesundheitsorganisation und die Vereinten Nationen warnen vor dieser sog. „obstetrischen Gewalt“ in geburtshilflichen Einrichtungen.
Interdisziplinäre Forschung zeigt, dass insbesondere die zunehmende Ökonomisierung der Geburtshilfe, aber auch geschlechtsspezifische Stereotype und Wissenshierarchien Gewalt in der Geburtshilfe bedingen. Bislang wurden diese Erkenntnisse rechtswissenschaftlich jedoch kaum verarbeitet.
Mit meinem Vorhaben möchte ich deshalb der Frage nachgehen, welchen Schutz Grund- und Menschenrechte gegen Gewalt in der Geburtshilfe vermitteln. These ist, dass die geltenden Grund- und Menschenrechte die Geburtssituation bereits schützen, diese Schutzgehalte jedoch konkretisiert werden müssen. Untersuchungsgegenstand ist der grund- und menschenrechtliche Rahmen der Geburtshilfe. Damit nimmt das Vorhaben die staatliche Verantwortlichkeit für strukturelle Bedingungen in den Blick, nicht die individuelle Verantwortlichkeit des medizinischen Personals.
Mit meinem Vorhaben verfolge ich insbesondere zwei Ziele: Erstens möchte ich anhand obstetrischer Gewalt neue Impulse zugunsten eines materialen Gleichheitsverständnisses in der Grundrechtsdogmatik setzen, das geschlechtsspezifische Gewalt als Diskriminierung anerkennt. Zweitens will ich übergeordnet einen Beitrag zu einem ganzheitlichen Schutz von reproduktiven Rechten in Deutschland leisten. Reproduktive Gerechtigkeit umfasst nicht nur das Recht, sich für oder gegen Kinder zu entscheiden, sondern auch das Recht, Kinder in sicheren und diskriminierungsfreien Bedingungen zu gebären.
Schlagworte: Menschenrechte; Schutzpflichten; reproduktive Rechte; Recht auf Gesundheit; strukturelle Ungleichheit; materiale Gleichheit; Gewalt in der Geburtshilfe; obstetrische Gewalt