Mathias Krams, Universität Wien

Die Metagovernance der urbanen Mobilität auf Ebene der EU

Ausgangspunkt für meine Arbeit ist die multiple Verkehrskrise, mit der zahlreiche Städte in der EU zu kämpfen haben. Erstmals große Verbreitung im deutschsprachigen Raum fand der Begriff der Verkehrskrise bereits in den 50er Jahren. Umbrüche im Verkehrssektor in Kombination mit Verkehrspolitischer Handlungsschwäche führten in Deutschland zu steigenden Unfallzahlen und Lärmbelästigung, ein überlastetes Straßennetz und einer schlechten Wettbewerbslage der Bahn.

Auch heute manifestiert sich diese Krise in durch Autos verstopften Innenstädten, welche in erheblichem Maße zur Luftverschmutzung beitragen. Laut European Environment Agency kostet diese Luftverschmutzung in der EU schätzungsweise jährlich fast einer halben Millionen Menschen vorzeitig das Leben. Außerdem werden in Deutschland und Österreich, wie auch in vielen anderen Ländern der EU, Klimaziele für den Verkehrssektor – soweit sie überhaupt existieren – bei weitem verfehlt und dieser trägt in erheblichem Maße zur globalen Klimakrise bei. Eine weitere Dimension der multiplen Verkehrskrise sind die Ressourcenkonflikte und Menschenrechtsverletzung im Zuge der Förderung von Rohstoffen, die durch eine Privilegierung des motorisierten Individualverkehrs angeheizt werde.

Obwohl das Policyfeld der urbanen Mobilität vorrangig auf städtischer Ebene angesiedelt ist, hat auch die EU sich diesem Themenfeld angenommen. Angefangen mit dem Grünbuch 2007 “Hin zu einer neuen Kultur der Mobilität in der Stadt”, über das Weißbuch 2011 “Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum”, zu dem „Urban Mobility Package“ im Jahr 2013, dem daraus hervorgehenden „Final Action Plan“ 2018 der in die Urban Agenda der EU eingebetteten ‚Partnership for Urban Mobility‘ sowie die im Dezember 2020 veröffentlichte „Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität“. Durch diese Papiere entwickelte sich ein Policy-Rahmen zu städtischer Mobilität auch auf Ebene der EU. Des Weiteren unterstützt die EU durch die Finanzierung von Forschungs- und Vernetzungsprogrammen zum Thema urbane Mobilität (Civitas, ELTIS, Horizon Europe) die Entwicklung und den Erfahrungsaustausch im Bereich der Verkehrsplanung mit dem übergeordneten Ziel, einen einheitlichen EU Binnenmarkt in diesem Bereich zu etablieren und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

Ziel meiner Arbeit ist es, die Transformationsstrategien in den Blick zu nehmen, die in die ‚Metagovernance‘ auf europäischer Ebene eingebettet sind und dabei der Frage nachzugehen, welchen Beitrag die Policy zur nachhaltigen urbanen Mobilität auf EU-Ebene für eine ‚große‘ sozial-ökologischen Transformation leistet. Gemeint ist mit ‚Metagovernance‘ die “governance of governance”, etwa durch das Setzen von Standards sowie das Verwalten und Steuern von unterschiedlichen Formen des Regierens. Dabei nehme ich sowohl die inhaltliche Ausrichtung, interne Widersprüche, beteiligte Akteur/innen und Interessen, aber auch den Kontext in den Blick, in dem sich die vorherrschenden Transformationsstrategien herausgebildet haben.