Forstwirtschaft auf dem Moor: Auf dem Trockenen

Atlas

3 Prozent der globalen Moorfläche wurden für forstwirtschaftliche Zwecke zerstört – große Mengen Treibhausgase entweichen dadurch in die Atmosphäre. Vor allem im Globalen Süden werden entwässerte Moorflächen zum Schauplatz verheerender Brände, die Platz für die Plantagen großer Konzerne erzwingen.
 

Mooratlas Infografik: Entstehung eines Schwelbrandes im entwässerten Moor
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Ursache für Moorbrände sind oft Brandrodungen, die Platz für Forst und Industrie schaffen sollen

Auf der ganzen Welt sind etwa 15 Millionen Hektar Moore zugunsten von Baumplantagen oder Forsten entwässert. Während bei Baumplantagen die Früchte oder Blätter geerntet werden und die Bäume stehen bleiben, dienen Bäume in Forsten der Holzgewinnung – über kurz oder lang werden sie gefällt. Der größte Teil jener europäischen Moore, die für Forstwirtschaft entwässert sind, befindet sich in Finnland und Russland und umfasst dort eine Fläche von 6,6 Millionen Hektar. In Finnland liegt ein Drittel der Waldfläche auf Moorstandorten – die Moorforstwirtschaft ist daher für die finnische Volkswirtschaft von großer Bedeutung. Seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts hat Finnland mehr als die Hälfte seiner Moorflächen entwässert; mittlerweile unternimmt die Regierung große Anstrengungen, um wieder großflächig Wasser in das Gelände zu bringen.

Cover Mooratlas

Der Mooratlas 2023

Der Mooratlas beleuchtet in 19 Kapiteln die Folgen der Zerstörung dieser einzigartigen Lebensräume und zeigt die Chancen nasser Moore und ihrer Nutzung für die Gesellschaft auf, um alle Akteur*innen zum Handeln zu ermutigen – „Moor muss nass“!

Heutzutage breitet sich die entwässerungsbasierteNutzung von Moorwäldern vor allem in Südostasien aus. In moorreichen Regionen Malaysias und Indonesiens sind tropische Moorwälder zwischen 1990 und 2015 um mehr als 60 Prozent zurückgegangen. Abgeholzt und entwässert werden sie vor allem für Industrieplantagen, die sich insbesondere in den letzten 20 Jahren stark ausgebreitet haben. Mit 27 Prozent bedecken sie mittlerweile den größten Anteil der dortigen Moorböden; weniger als ein Viertel der Moorwälder in der Region sind aktuell noch in ihrem ursprünglichen Zustand. Überwiegend werden auf diesen Plantagen Ölpalmen angebaut – auf mittlerweile 3,1 Millionen Hektar. Forstplantagen für die Produktion von Holz und besonders Zellstoffen finden sich auf 1,1 Millionen Hektar Fläche. Für die Entwässerung und Düngung dieser Flächen werden Unternehmen sogar subventioniert von Regierungen.

Mooratlas Infografik: Kohlensto¦speicherung in nassen Mooren in Finnland und für Torfabbau genutzte Fläche in Finnland
Ein Viertel Finnlands bedecken die häufig in Waldgebieten liegenden Moore. In manchen finnischen Regionen wurden Moore bis zu 90 Prozent zerstört

Die Entwässerung führt zum Rückgang der Biodiversität: In dicht bepflanzten Baumplantagen kann in der Boden- oder Krautschicht kaum noch etwas wachsen. Die starke Veränderung des Wasserhaushaltes durch Entwässerung ist der Hauptgrund, weshalb beispielsweise in Finnland die Hälfte aller Moorbiotope gefährdet ist.

Das Dilemma der trockenen Moorforstwirtschaft besteht darin, dass holzproduzierende Standorte auch Kohlenstoff aus den Moorböden verlieren, der als Treibhausgas Kohlenstoffdioxid (CO₂) in die Atmosphäre entweicht. Außerdem sind entwässerte Flächen anfälliger für Wald- und Torfbrände. Obwohl solche Brände oft auch in den kontinentalen Teilen Kanadas und Eurasiens großflächig auftreten und lange andauern, sind die tropischen Torfbrände eine noch größere Gefahr für das Klima. Die Brände führen auch zu einer großen, schädlichen Rauchentwicklung, die wie 2015 in Indonesien Tausende Todesfälle zur Folge haben können. Weil das Feuer in der Tiefe des Torfs auch nach seiner oberflächlichen Löschung weiter schwelen kann, gelten Moorbrände als sehr schwer zu löschen. In Indonesien sind allein im Jahr 2015 2,6 Millionen Hektar abgebrannt – fast eine Millionen Hektar mehr als es in Deutschland überhaupt jemals Moore gab. Emissionen von zum Beispiel Kohlenmonoxid breiteten sich bis nach Ostafrika aus.

Mooratlas Infografik: Aktivitäten des Papierkonzerns Asia Pulp & Paper (APP) in Indonesien
Konzerne werben mit Nachhaltigkeit – doch ohne gesetzliche Maßnahmen werden sie nicht daran gehindert, weiterhin Raubbau an der Natur zu betreiben

Um jährlich wütende Brände zu vermeiden, die zu Verlusten von Artenvielfalt, zu enormen Emissionen und zu Zerstörung und Tod führen, muss der nasse Zustand von Moorböden gewahrt oder wiederhergestellt werden. Wiedervernässte, bewaldete Moore bieten gute Voraussetzungen für eine kontinuierliche Forstwirtschaft. Die Wirtschaftlichkeit dieser Forste ist jedoch gering aufgrund der geringen Größe der Bäume und der schwierigen Erntebedingungen auf nassen, weichen Moorböden. In gemäßigtem Klima gibt es eine Baumart, die bei hohem Wasserstand wachsen kann, wenn das Wasser in Bewegung ist: die Schwarz­erle. 60 bis 80 Jahre dauert ihre Umtriebszeit, wie die durchschnittliche Dauer von der Begründung eines Waldes bis hin zu seiner Ernte genannt wird. Das Holz der Schwarzerle eignet sich gut für spezielle Bau­zwecke und ist billiger als Eiche oder Birke.

In den Moorwäldern der Tropen ist die Situation eine andere: dort wachsen einzelne Bäume, die so wertvoll sind, dass es sich wirtschaftlich lohnen würde, nur diese einzelnen großen Bäume zu ernten. Diese Ernte ist jedoch schwierig. Dichte Baumbestände und weicher Boden schränken den Einsatz von Maschinen ein. Oft kommt es zu illegalen Fällungen, bei denen die einzelnen Stämme in engen, von Hand gegrabenen Kanälen geflößt werden. Diese unkontrollierten Kanäle führen zu einer Absenkung des Wasserspiegels in den Moorwäldern und deren allmählicher Degradierung.