Katharina Kohler, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br.

Mit dem Anthropozän verändern sich Lebensbedingungen auf der Erde tiefgreifend. Was bedeutet es in diesem Erdzeitalter "Mensch" zu sein? Durch seine verschiedenen Krisen und Herausforderungen ist sich der Mensch in brisantem Maße fragwürdig geworden: Welche Stellung kann er in einer anthropogenen Natur (noch) einnehmen? Indem „die Natur“ anders auf den menschlichen Umgang mit ihr zu antworten scheint, wirft sie uns in unserer reziproken Beziehung auch zurück auf unser Selbstbild. Unbeantwortbar scheint zunächst, wie wir uns als Menschen überhaupt dazu verhalten (können), dass die Entfremdung von der eigenen Natur (ambig als Natur des Menschen sowie als Umweltbegriff verstanden) Ergebnis unseres Handelns ist. Der Untersuchungsgegenstand des Vorhabens ist demgemäß Homo sapiens, wie er sich bis in die heutige Zeit als Spezies evolviert hat. In seiner Fragestellung zielt die Arbeit auf eine Revision der zuvor anthropologisch unterschiedlich gefassten „Stellung des Menschen“ in jener Schöpfung, die nun in direkter Umgebung des Menschen zuvorderst als anthropogene Kreation verstanden werden muss. Die zentrale Forschungsfrage lautet damit: Wie formt unser evolutionsbiologisches sowie kultur- und damit auch (sprach-)kunstbedingtes Gewordensein in wechselseitigem Abhängigkeitsverhältnis den Menschen des 21. Jahrhundert - und wie wird dadurch seine Stellung im Anthropozän (mit)konstituiert? Um dieser Forschungsfrage gerecht werden zu können, ist eine Trias aus philosophischem, naturwissenschaftlich-interdisziplinärem und literaturwissenschaftlich-transdisziplinärem Vorgehen geplant. Aktuelle Forschungsergebnisse biologischer Untersuchungen sollen in die interdisziplinär angelegte Anthropologie einfließen, während neben der Evolution menschlicher Kunst auch gegenwärtige Entwicklungen einer Kunst des Anthropozäns (mit Schwerpunkt auf einer Ästhetik des Dramas) reflektiert werden.