Inken Berhmann, Universität Bremen

Wasser als Machtfrage 

Wasserknappheit wird an immer mehr Orten in Deutschland zu einem Problem: Durch den Klimawandel verstärken sich Trockenperioden und Dürren, Starkregenereignisse treten häufiger auf. Immer häufiger kommt es zu Nutzungskonflikten um das Wasser, welche staatliche Akteure zu regulieren versuchen. So werden im Kontext der Wasserknappheit neue Regierungsweisen wie Verbote, Anreizsysteme und Steuerungsmaßnahmen eingeführt. Bürger:innen reagieren darauf, indem sie den Steuerungsmechanismen folgen, ein eigenes Problembewusstsein entwickeln und ihre Handlungen daran ausrichten, oder lehnen sie ab und unterlaufen sie (Subjektivierungen). Diese Entwicklungen im gesellschaftlichen Umgang mit Wasserknappheit möchte ich in meiner Dissertation untersuchen. Die übergeordnete Forschungsfrage lautet: Welche Regierungsweisen entstehen im Kontext von Wasserknappheit und inwiefern produzieren diese Regierungsweisen und ihre Aneignungen neue Subjektivitäten?

Methodisch werde ich die Frage explorativ in einer Single Case Study des Wasserverbands Strausberg-Erkner östlich von Berlin untersuchen. Dieser Fall eignet sich besonders, da es hier bereits klimawandelbedingt zu geringen Niederschlägen kommt. Das Land Brandenburg ist damit eine „Vorreiterregion“ für Klimawandelfolgen. Im Zuge der Ansiedlung der Tesla-Giga-Factory 2020 kam es in Strausberg-Erkner des Weiteren zu einem regen Diskurs um die Gefährdungen der Wasserversorgung. Dieser schafft für die Beforschung der Regierungsweisen und Subjektivierungen eine gute Datengrundlage. In der Untersuchung werde ich in drei Schritten vorgehen: Im ersten Schritt werde ich mittels Expert:innen-Interviews unter anderem mit Mitarbeiter:innen des Wasserverbands ein materielles Verständnis der Wasserinfrastruktur und der Regulierungsmöglichkeiten vor dem Hintergrund der vorhandenen Infrastruktur gewinnen. Anschließend werde ich in einem zweiten Schritt eine rekonstruktive Diskursanalyse vornehmen. Zunächst werde ich analysieren, wie sich der sinkende Niederschlag in das gesellschaftliche Deutungsverhältnis von Wasserknappheit übersetzt: ob sich im gesellschaftlichen und medialen Diskurs beispielsweise die Klimakrise oder industrielle Großverbraucher vordergründig als Ursache des Problems herauskristallisieren und welche Lösungsmöglichkeiten von technischen Maßnahmen bis hin zu Verhaltensänderungen im gesellschaftlichen Diskurs dominant werden. Darauf aufbauend möchte ich untersuchen, mit welchen Maßnahmen (Regierungsweisen) die öffentlichen Institutionen auf die Wasserknappheit reagieren. Der Quellenkorpus der Analyse wird aus der medialen Berichterstattung in Regionalmedien, institutionellen Dokumenten wie dem Niedrigwasserkonzept des Landes Brandenburg sowie Einwendungen und dem Genehmigungsdokumenten der Tesla-Fabrik bestehen. Im dritten Schritt werde ich circa 30 teilnehmende Interviews im Gebiet des Wasserverbands führen und inhaltsanalytisch auswerten. So möchte ich untersuchen, wie die Subjekte sich selbst verstehen und welche Denkmuster und Handlungsweisen sie in Bezug auf die Wasserknappheit entwickeln.

In meiner Promotion werde ich die gesellschaftlichen Verhältnisse untersuchen, die den Bezugsrahmen für Regulierungen im Kontext von Wasserknappheit bilden und in denen wir politische Maßnahmen denken und verstehen müssen. Die empirische Forschung zu gesellschaftlichen Verhältnissen im Kontext von Wasserknappheit beachtet ländliche Regionen im globalen Norden bisher kaum. Hier kann meine Case Study einen Beitrag leisten.