Cover vom Jahresbericht 2022
Jahresbericht

Jahresbericht 2022

Wer wir sind. Wofür wir einstehen. Wie wir arbeiten
Aus der Reihe
Kostenlos

Ein Jahr ist wenig Zeit. Nachdem die Menschen – im vergangenen Jahr sind es über acht Milliarden geworden – seit über 3000 Jahren die Erde verändert haben, sind wir nun in einer Situation, in der es auf jedes einzelne Jahr ankommt. Der Klimawandel könnte Teile der Welt unbewohnbar machen, wenn wir nicht schnell handeln. Der Synthesebericht des Weltklimarats vom 20. März 2023 hat das zuletzt auf den Punkt gebracht: Wir müssen den Kurs korrigieren, zurück auf den 1,5-Grad-Pfad, wie er im Pariser Klimaübereinkommen von 2015 festgeschrieben wurde. Dafür – und das wissen wir – braucht es den Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen und den flächendeckenden Ausbau erneuerbarer Energien sowie massive Fortschritte bei der Effizienz und der Senkung des Energieeinsatzes. Jetzt muss es heißen: All hands on deck, volle Kraft voraus! Alle Sektoren müssen mitziehen, alle gesellschaftlichen Schichten, alle Länder.

Ein Jahr ist viel Zeit. In einem Jahr, das vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, der Energiekrise, den Protesten im Iran, der Inflation und dem Klimawandel bestimmt war, haben wir als Stiftung viel geschafft – klima- und energiepolitisch, agrar- und umweltpolitisch, außenpolitisch, für Europa und für die Verteidigung von Rechtsstaatlichkeit. Demokratische Bewegungen zu fördern, gerade wenn es schwierig wird, sehen wir als eine unserer wichtigsten Aufgaben an. Vor Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat unser Büro in Kyjiw zum Beispiel aus Belarus geflohene Menschenrechtsaktivist*innen unterstützt, bis es auch in der Ukraine für sie zu gefährlich wurde. Seit Kriegsbeginn arbeitet unser Büroteam in Kyjiw unter schwierigsten Bedingungen weiter. In Mexiko unterstützen wir den landesweiten Aufbau eines Opfernetzwerks zur Suche von vermutlich mehr als 100.000 gewaltsam Verschwundenen.

Sehr gefreut haben wir uns über die Preisträger des Friedensnobelpreises 2022: das ukrainische Zentrum für bürgerliche Freiheiten, der belarussische Menschenrechtler Ales Bialiatski und die russische Menschenrechtsorganisation Memorial, unsere älteste Partnerorganisation.

Zu unseren Aufgaben als politische Stiftung gehört auch die Vermittlung von Wissen – ob in Form von Publikationen, Podcasts, Erklärfilmen oder Grundkursen. Besonders erfolgreich sind unsere Atlanten. Sie erreichen stets hohe Auflagen und werden in viele Sprachen übersetzt. Im Jahr 2022 war es der Pestizid-Atlas, der auf anschauliche Weise über Gifte in der Landwirtschaft informiert. Weitere erfolgreiche Formate waren u.a. der von der Stiftung geförderte Klimapodcast «Karbon». Er erhielt den deutsch-tschechischen Journalistenpreis. Oder der mit Unterstützung unseres Warschauer Büros herausgegebene Newsletter der Nichtregierungsorganisation Wolne Sądy (Freie Gerichte), der für eine breitere Öffentlichkeit über die bedrohte Rechtsstaatlichkeit in Polen berichtet.

Für uns ist der Rückblick auf dieses erste Jahr als Vorstand auch eine Art Bilanz. Wir haben gelernt: Die Stiftung ist ein Ort, an dem Ideen und Lösungsvorschläge für komplexe Probleme erarbeitet und an die Politik «gespielt» werden. Eine Institution, deren Struktur 2023 aber einer Erneuerung bedarf. Deswegen sind wir in der Heinrich-Böll-Stiftung angetreten mit einer «Veränderungsagenda 360 Grad». Was meinen wir damit?

«360 Grad» ist unsere Schlussfolgerung aus der Einsicht, dass die alten Linien und Grenzziehungen – Inland hier, Ausland dort, Umwelt- und Klimapolitik hier, Wirtschaftspolitik dort, der Westen hier und der Globale Süden dort – nicht mehr funktionieren. Die Probleme sind zu komplex geworden. Wir können sie nur lösen, wenn wir sie von allen Seiten, eben: mit einem 360-Grad-Blick ansehen und verstehen. Deswegen sind institutionelle Reformen keine Nabelschau; sie sind die Grundlage, auf der wir wirksame Arbeit machen können.

Ein Beispiel ist die Grundsatzfrage: Wie kann eine gerechte Transformation wirtschaftlicher Strukturen bei uns und weltweit gelingen und politisch gefördert werden? Was bedeutet das für Deutschland und Europa, für unsere internationalen Partnerschaften und Kooperationen? Für eine Antwort auf diese komplexen Fragen braucht es ökologische, außen- und entwicklungspolitische, feministische sowie wirtschafts- und finanzpolitische Perspektiven und zwar von allen Kontinenten. Dieser Jahresbericht ist dreierlei: Er ist eine Würdigung der Arbeit, die wir alle als Stiftungsverbund geleistet haben, und wir möchten hier allen Partner*innen, allen Ehrenamtlichen und allen Mitarbeiter*innen weltweit danken. Er dient der strategischen Reflexion und dem Rekalibrieren der eigenen Arbeit. Und er ist Erinnerung daran, dass wir uns jetzt verändern müssen, um anders weiterzumachen und dafür all unsere Energie zu mobilisieren. Wir behalten das Ziel im Auge, um mit neuer Wirksamkeit zu intervenieren. 

Produktdetails
Veröffentlichungsdatum
August 2023
Herausgegeben von
Heinrich-Böll-Stiftung
Seitenzahl
72
Sprache der Publikation
Deutsch
Inhaltsverzeichnis
  • Vorwort 
  • Interview mit dem neuen Vorstand
  • Radikaler Realismus – jetzt!
  • Für eine alternative Landwirtschaft und Ernährungssicherheit
  • #StandWithUkraine
  • Für ein geeintes und demokratisches Europa
  • Demokratie und Menschenrechte verteidigen
  • Für eine inklusive Gesellschaft und sozialen Zusammenhalt
  • Die Landesstiftungen der Heinrich-Böll-Stiftung
  • Kunst und Kultur
  • Heinrich-Böll-Haus Langenbroich
  • Studienwerk – Rückenwind für junge Talente
  • GreenCampus – Vom Wissen zum Handeln
  • Archiv Grünes Gedächtnis
  • Petra Kelly – Politik mit Leidenschaft
  • Preisverleihungen
  • Verabschiedung des alten Vorstands
  • Stiftungsmanagement
  • Beschäftigte
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