Terry Meyer, Universität Kassel

Depression und Trauma - Empirische Annäherungen an eine moderne Volkskrankheit

Durch globale Katastrophen wie Klimawandel, Pandemie, Krieg und Flucht, andererseits aber auch durch subtile gesellschaftliche Prozesse wie Individuationsdruck, Leistungs- und Rationalisierungsansprüche, entstehen depressive Reaktionen wie Ohnmacht und Hilflosigkeit in uns allen, welche in immer mehr Menschen zu lähmenden und quälenden depressiven Störungen heranwachsen. Zu jedem Zeitpunkt leiden ca. 13% der Weltbevölkerung an einer depressiven Störung (Lim et al., 2013) und es besteht stets ein hohes Risiko, dass diese Symptome sich chronifizieren und zu lebenslangen Leidensgeschichten führen (siehe z.B. Caspar et al., 2018).

Meine Doktorarbeit ist in die internationale MODE-Studie eingebettet. In dieser Studie begleiten wir Menschen, die unter chronischen Depressionen leiden (sowie in der Kindheit ein Trauma aufweisen, was wir für einen wichtigen Risikofaktor bei der Chronifizierung von Depressionen halten), für ein Jahr während sie sich in psychoanalytischer Psychotherapie befinden. Unser Hauptanliegen ist dabei die Evaluierung, ob eine solche Therapieform eine wirksame Behandlungsform für chronische Depressionen darstellt und ob es einen Vorteil bringt, die Therapie hochfrequent (drei Mal die Woche oder öfter) durchzuführen. Ich werde mich vor allem auf den neurowissenschaftlichen Teil der Studie fokussieren und mich an der Auswertung der MRTs beteiligen, die wir von den Patient*innen erheben. Dabei haben wir verschiedene Hypothesen, nämlich dass sich mit erfolgreicher Therapie das Kortexvolumen reduziert, das Myelinvorkommen erhöht, die Aktivität in Emotionsregulationskreisläufen, etwa im Gyrus Cinguli, im Ruhezustand reduziert und während emotionalem Stress erhöht.

Außerdem werde ich untersuchen, ob sich etwaige Therapieerfolge auch in der Wortwahl in den Traumtagebüchern, die die Patient*innen während ihrer Therapie anfertigen, abbildet. Dazu werde ich ein Computerprogramm namens LIWC (dt. Version, Meier et al., 2018) nutzen.
Zuletzt werde ich mit meinen Kolleg*innen auch eine Publikation zu unserer jahrelangen Arbeit im Sigmund-Freud-Institut mit traumatisierten Kindern  anfertigen. Dies wird insbesondere wichtig zur Überprüfung der oben genannten Hypothese, dass kindliche Traumatisierungen die Entstehung von (chronischen) Depressionen begünstigen.
Über all diese Forschungsvorhaben werde ich eine kumulative Dissertation schreiben.
 

Das Kernstück wird dabei ein übergreifendes Manuskript sein, in dem ich die Erkenntnisse aus den verschiedenen Studien zusammenfasse und integriere.
1.   https://www.ipu-berlin.de/modifiaktion-in-psychoanalytischen- langzeittherapien-bei-depression/
2.   https://www.sigmund-freud- institut.de/index.php/forschung/forschungsschwerpunkte/mutige-kinder-muki/