Fabian Müller, Universität Münster

Seit dem Inkrafttreten der DSGVO ist Datenschutz ständig aktuelles Thema: Regelmäßig berichten die Medien über immer neue Rekordbußgelder, die Datenschutzbehörden wegen Verstößen gegen die Vorschriften der DSGVO – meist gegen große, internationale Unternehmen – verhängen. Datenschutzrecht ist allerdings nicht nur im Bereich der Wirtschaft, der schon aufgrund des gemeinsamen Binnenmarktes traditionell stark europarechtlich geprägt ist, relevant. Auch für die demokratischen Institutionen der Bundesrepublik hat er eine besondere Bedeutung. Daraus ergibt sich eine weitere, bisher kaum erforschte, Dimension, in der das europäische Recht auf die demokratische Arbeit der Mitgliedsstaaten wirkt.
Während der Datenschutz in Parlamenten, insbesondere im Nachgang des Urteils des Europäischen Gerichtshofs zum Petitionsausschuss des Hessischen Landtags (Urt. v. 09.07.2020, Rs. C-272/19) bereits Beachtung erfahren hat, sind die Besonderheiten in Bezug auf politische Parteien nahezu vollständig unerforscht.
Dass es Besonderheiten braucht, ist bei Lichte betrachtet schnell erkennbar: So erlaubt die DSGVO bei Verstößen hohe Bußgelder – solche schöpfen bei Parteien anders als bei Unternehmen keinen Gewinn ab, sondern führen unmittelbar zu weniger Parteiarbeit. Weil die ‚Arbeit‘ der Parteien nach dem Grundgesetz aber die Mitwirkung an der demokratischen Willensbildung ist, können Bußgelder gegen Parteien auch zu einem Weniger an demokratischer Betätigung der betreffenden Partei führen. Hinzu kommt schon ein bemerkenswerter Systemkonflikt: Während der Grundsatz der deutschen Demokratie – für welche die Parteien ‚unerlässlich‘ (BVerfGE 85,264, 284) sind – die Öffentlichkeit ist, ist der Grundsatz des Datenschutzrechts die Vertraulichkeit, das Datengeheimnis.
Daraus ergeben sich grundsätzliche Fragen ebenso wie kleinere Einzelfragen. Der Beantwortung dieser Fragen ist dieses Dissertationsvorhaben gewidmet. Während das Datenschutzrecht inzwischen im Wesentlichen einfach rechtlich geprägt ist, ist es dieses Forschungsvorhaben nicht: Es bewegt sich notwendigerweise in der Schnittmenge zwischen deutschem Parteien- und Verfassungsrecht und den (primären) Europäischen Verträgen mit der (sekundärrechtlichen) DSGVO.