Familienpolitisches Manifest

Familie ist da, wo Menschen kontinuierlich füreinander sorgen und Verantwortung übernehmen. Familie kann unterschiedlich zusammengesetzt sein, sie ist keine naturgegebene Lebensform, sondern sie verändert sich stetig, da sie sich mit der Gesellschaft wandelt. Angesichts der weitreichenden gesellschaftlichen, ökonomischen und demografischen Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte wird Familienpolitik an der Schnittstelle zahlreicher Politikfelder immer wichtiger.

Verantwortungsvolle Politik ermöglicht soziale Gerechtigkeit. Sie stärkt die Solidarität in der Gesellschaft und damit ihren Zusammenhalt. Die „soziale Frage“ – die Frage nach einer gerechten Gestaltung der Lebensbedingungen von Menschen – beantwortet sich nicht nur in der „klassischen“ Sozialpolitik, sondern gerade auch in der Familienpolitik: sie ist ein zentrales Feld ist, auf dem sich Lebenschancen entscheiden. Die Heinrich-Böll-Stiftung hat deswegen im Rahmen ihres Engagements für Gerechtigkeit, Teilhabe und die Stärkung öffentlicher Infrastrukturen im Jahr 2015 eine familienpolitische Kommission berufen.

Sozial gerecht und modern ist eine Familienpolitik, wenn sie insbesondere

  • unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Lebensform für alle Menschen gleichermaßen Rahmenbedingungen schafft für ein Leben in fürsorglichen Beziehungen
  • auf gleiche Entwicklungschancen für alle Kinder zielt, egal, welcher sozialen Schicht sie entstammen oder in welcher Lebenslage sie sich befinden,
  • Kinder- und Familienarmut vorbeugt und bekämpft,
  • über die materielle Absicherung hinaus benachteiligten Familien und ihren Kindern soziale und kulturelle Teilhabe und entsprechende öffentliche Infrastrukturen ermöglicht,
  • angemessene geschlechtergerechte Rahmenbedingungen schafft, um Mütter und Väter in die Lage zu versetzen, Fürsorge, Erwerbsarbeit, Selbstsorge und bürgerschaftliches Engagement miteinander in Einklang zu bringen.

Die familienpolitische Kommission hat im Sinne einer modernen und gerechten Politik für Familien Handlungsoptionen im sozialen, wirtschaftlichen und politischen Bereich erarbeitet, die es Menschen ermöglichen, die Entwicklung von Kindern zu fördern, Solidarität zwischen den Geschlechtern und unter den Generationen zu leben und Fürsorge für andere als Teil der eigenen Lebensperspektive zu integrieren.

Abschlussbericht der Kommission

Die zehn Vorschläge der familienpolitischen Kommission:

  1. Ehe für alle -  um gleicher Liebe gleiche Rechte zu verleihen
  2. Pakt fürs Zusammenleben – um gelebtes Miteinander rechtlich besser abzusichern
  3. Ausweitung des Kleinen Sorgerechts – um den Alltag von Patchworkfamilien zu vereinfachen
  4. Kindergeldzuschlag für Alleinerziehende – um das Armutsrisiko von Alleinerziehendenfamilien effektiv zu verringern
  5. Aufhebung der vollen Anrechnung des Kindergelds beim Unterhaltsvorschuss – um Kinder in Alleinerziehendenfamilien finanziell besser abzusichern
  6. Bundeskinderteilhabegesetz – um Kindern aus Familien in prekären Lebenslagen einen besonderen Rechtsanspruch auf Förderung und Teilhabe zu geben
  7. Festlegung von Mindeststandards und Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung – um gute Qualität in Kita und Schule zu gewährleisten
  8. Direkte Finanzierungsmöglichkeiten des Bundes von Dienst- und Sachleistungen auf kommunaler Ebene schaffen – um Teilhabeförderung und Armutsprävention wirksam gewährleisten zu können
  9. Zeitrechte und gestufte finanzielle Absicherung – um mehr Zeitsouveränität im Lebenslauf zu ermöglichen
  10. Gutscheine für haushaltsbezogene Dienstleistungen – um Familien zeitlich zu entlasten

Themenfelder