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Landtagswahl Sachsen 2019

Ergebnisse und Analysen
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1. Zusammenfassung
 

Wahlergebnis

Mit der Wahl verändert sich das Parteiensystem und der Parteienwettbewerb in Sachsen. Mit CDU und AfD konkurrierten eine staatstragende und eine rechtspopulistische Partei um die Vorrangstellung im Land. Die CDU konnte im Wahlkampf sowohl von Ministerpräsident Michael Kretschmer als auch von der Zuspitzung „CDU oder AfD“ profitieren und sichert sich trotz relativer Verluste die Spitzenposition. Während CDU und AfD von diesem Duell profitieren, verlieren alle anderen Parteien in diesem Endspurt an Unterstützung (im Vergleich zu den Vorwahlumfragen). Die AfD reüssiert als rechte Protestpartei und gewinnt sowohl von den anderen Parteien wie auch aus dem Lager der Nichtwähler. Starke Zugewinne verzeichnen auch die Grünen, die mit 8,6 Prozent ihr bislang stärkstes Ergebnis in Sachsen erzielen und drei Direktmandate erringen. Vom aktuellen Wahlausgang in Brandenburg abgesehen, waren die Grünen in keinem anderen ostdeutschen Flächenland bislang ähnlich erfolgreich. Mit 7,7 Prozent erzielt die SPD das deutschlandweit schlechteste Landtagswahlergebnis überhaupt und rutscht auf den fünften Platz in Sachsen. Während die Linke massiv verliert (-8,5 Prozentpunkte) scheitert die FDP trotz leichten Zuwächsen an der Fünf-Prozent-Klausel.

Wahlbeteiligung

Der Trend einer steigenden Wahlbeteiligung war auch bei der Landtagswahl in Sachsen deutlich. Mit der zunehmenden Polarisierung geht eine stark gestiegene Politisierung im Land einher. Mit knapp 67 Prozent ist die Wahlbeteiligung um rund 17,5 Prozentpunkte höher als 2014, wobei die Beteiligung 2014 auch im Ländervergleich historisch niedrig war. Alle im Parlament vertretenen Parteien profitieren im Saldo von der gestiegenen Wahlbeteiligung, besonders deutlich die AfD.

Parlament & Regierungsbildung

Im sächsischen Landtag sind erneut fünf Parteien vertreten. 45 Mandate entfallen auf die CDU (-14), 38 auf die AfD (+24), 14 auf die Linke (-13), 12 auf die Grünen (+4) und 10 auf die SPD (-8). Mit 119 Abgeordneten sind 7 Abgeordnete weniger als bislang im Parlament tätig. Nach vorläufigem Stand kann die AfD ein Mandat nicht besetzen (Mandat 39 bzw. Listenplatz 31), da die AfD-Liste nach vorläufiger Gerichtsentscheidung in Folge von Aufstellungsfehlern nur bis Listenplatz 30 zulässig ist. Die bisherige Regierungskoalition von CDU und SPD hat ihre Mehrheit verloren. Im Parlament haben die CDU und AfD eine parlamentarische, politisch nicht nutzbare Mehrheit. Es wird eine schwierige Regierungsbildung erwartet, wobei eine so genannte Kenia-Koalition (CDU, Grüne, SPD) als einzige Option verbleibt. Mit 67 Mandaten würde die Kenia-Koalition über eine klare Mehrheit im Parlament verfügen.

Politische Stimmung & Wahlmotive

Die Landtagswahl ist von einer diffusen, in den Ost-West-Diskurs eingebetteten Stimmungslage geprägt. Eine hohe ökonomische und regionale Zufriedenheit trifft auf ein Gefühl der kulturell-gesellschaftlichen Ungleichheit und Diskriminierung als „Ostdeutsche“. Wie zuvor zeichnen sich AfD-Wähler durch eine besonders skeptische Perspektive aus, mit Ausnahme der Kernfrage „Klimawandel“: Diesen sehen vor allem Grünen-Wähler/innen als Gefahr, die AfD liegt hier als Klimawandel-Leugner am entgegengesetzten Pol der Konfliktdimension.

Regionale Spaltungen & soziodemografische Aspekte

Die stärksten Unterschiede zeigen sich zwischen AfD und Grünen: Während die AfD vor allem männliche Wähler mittleren Alters in strukturschwach-ländlichen Regionen für sich gewinnt, liegt die Stärke der Grünen in jüngeren, urbanen Wählermilieus, wobei sie überdurchschnittlich stark von Frauen gewählt werden. Allerdings ist die AfD bei den Wähler/innen zwischen 25 und 44 Jahren nach vorläufigen Zahlen die stärkste Kraft in Sachsen.


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Ein Tweet von Arne Jungjohann:
https://twitter.com/Arne_JJ/status/1168435475037728768

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Produktdetails
Veröffentlichungsdatum
September 2019
Herausgegeben von
Heinrich-Böll-Stiftung
Seitenzahl
16
Sprache der Publikation
Deutsch
ISBN / DOI
10.25530/03552.35
Inhaltsverzeichnis
  1. Zusammenfassung
  2. Wahlergebnis
    2.1 Stimmverteilung
    2.2 Sitzverteilung und Koalitionsperspektiven
  3. Politische Stimmung vor der Wahl
    3.1 Allgemeine Stimmung und Regierungszufriedenheit
    3.2 Themen und Kompetenzzuschreibung
  4. Wahlverhalten im Detail
    4.1 Motive der Wahlentscheidung
    4.2 Wählerwanderung
    4.3 Soziodemographische Befunde
    4.4 Regionale Befunde
  5. Anhang: Wählerwanderung im Detail
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