Jahresbericht 2012 der Heinrich-Böll-Stiftung

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Jahresbericht 2012 der Heinrich-Böll-Stiftung

«Kein Reis im Topf», Kunstprojekt von Neak Sophal, Kambodscha, im Rahmen von SurVivArt, einem Projekt der Heinrich-Böll-Stiftung (siehe Seite 51), Foto: Kate O‘Hara
 
24. April 2013

Vorwort

Im Juni 2012 jährte sich die historische UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro zum zwanzigsten Mal. Wir haben die internationalen Vorbereitungen auf den Rio+20-Gipfel intensiv beobachtet und uns bei unseren zahlreichen Aktivitäten in Rio und in anderen Städten auf das Thema «Grüne Ökonomie» konzentriert. Dieses Engagement hat den Ruf der Stiftung als internationale und kompetente Adresse für ökologische und soziale Nachhaltigkeit gestärkt. International denken wir auch bei der Energiepolitik: Auf unserer Website «energytransition. de» gibt es umfangreiche Informationen zur Energiewende, denn es bietet sich die Chance, Europa zum Vorreiter für erneuerbare Energien und Effizienztechnologie zu machen. Wir werben daher für die Vorteile eines europäischen Energieverbunds und für eine gemeinsame europäische Energiepolitik.

Auch die längst noch nicht bewältigte Eurokrise hält uns auf Trab. Die Eurokrise erfordert eine Kombination von Eigenanstrengung und europäischer Solidarität. Entsprechend sind Reformen in den Nationalstaaten nötig, die auf eine langfristige Konsolidierung des Finanzsektors und eine nachhaltige wirtschaftliche Dynamik abzielen. Die Heinrich-Böll-Stiftung unterstützt einen europäischen «Green New Deal», der insbesondere der jungen Generation neue Perspektiven eröffnen kann.

Wir erleben derzeit in einigen Ländern eine Welle juristischer oder bürokratischer Maßnahmen, die die Handlungsspielräume – sowohl für einheimische NGOs als auch für internationale Organisationen – einschränken. So forderte beispielsweise Äthiopien die Neuregistrierung unter dem NGO-Gesetz; unser Auftrag, gemeinsam mit lokalen Partnern für Demokratie, Geschlechtergerechtigkeit und nachhaltige Entwicklung einzutreten, war so nicht mehr einzulösen. Die Stiftung hat sich daher zur Auflösung ihrer Präsenz in Äthiopien entschieden. In Ägypten geben die politischen Entwicklungen und der ungeklärte Rechtsstatus noch keine Grundlage für unsere Arbeit. Die
Kooperation mit unseren ägyptischen Partnerinnen und Partnern organisieren wir deshalb über unser neues Büro in Tunis.

Ein Grund zum Feiern war das 25-jährige Jubiläum der Heinrich-Böll-Stiftung Ende letzten Jahres. Was im November 1987 mit der Gründung der alten Heinrich-Böll-Stiftung in Köln begann, wurde durch die Fusion mit der Frauenanstiftung und dem Buntstift 1996 zu einem großen Ganzen mit einem schärferen inhaltlichen Profil. Ein großer Anteil am Erfolg der Stiftung in den letzten Jahren gebührt Dr. Birgit Laubach, die ihr Wirken als Geschäftsführerin zum 1. April 2013 beendet. Ihrem großen Geschick verdankt die Heinrich-Böll-Stiftung u. a. den erfolgreichen Neubau, der bis heute nicht nur wegen der gestalterischen Qualität und der hohen Energieeffizienz, sondern auch im Hinblick auf den verantwortungsbewussten Umgang mit öffentlichen Baumitteln vorbildlich ist.

Großer Dank gilt wie stets unseren hoch motivierten Kolleginnen und Kollegen. Sie sind das Rückgrat der Stiftungsarbeit. Wichtige Unterstützung erfahren wir auch von den ehrenamtlichen Gremien: dem Aufsichtsrat, der Mitgliederversammlung, dem Frauenrat, den Fachbeiräten und Fachkommissionen und der Grünen Akademie. Ihnen allen gilt unser ausdrücklicher Dank für die vertrauensvolle Zusammenarbeit, die uns – jetzt und in Zukunft – stärkt.

Berlin, im April 2013
Ralf Fücks     Barbara Unmüßig
Vorstand Heinrich-Böll-Stiftung

Jahresbericht 2012 der Heinrich-Böll-Stiftung
   
Herausgeber/in Heinrich-Böll-Stiftung e.V.
Erscheinungsort Berlin
Erscheinungsdatum 24. 2013
Seiten  
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kostenlos
 
 

Auf einen Blick

Europapolitik (S. 4)
Das Vertrauen in das europäische Projekt schwindet, für viele sind die Vorteile einer vertieften Europäischen Union nicht erkennbar. Dabei liegen sie auf der Hand, zum Beispiel hinsichtlich einer gemeinsamen Energie- oder Außen- und Sicherheitspolitik. Wir wollen mit unseren Veranstaltungen und Studien die Debatte über die Zukunft der EU befördern, wollen die Bürgerinnen und Bürger informieren und für eine Teilnahme an der Gestaltung der Europäischen Union gewinnen. Im Jahr 2012 standen die Schuldenkrise, die Energiewende und die Zukunft der Demokratie im Mittelpunkt unserer Europaarbeit.

Die große Transformation (S. 16)
«Energiewende» hat es in den englischen Wortschatz geschafft. Kein Land wird so stark mit dem Boom der erneuerbaren Energien und dem Ausstieg aus Kohle- und Atomkraft verbunden wie Deutschland. Wir tragen nicht nur die deutschen Erfahrungen ins Ausland, sondern erarbeiten gemeinsam mit unseren Partnern u. a. in den Regionen Lateinamerika, Afrika oder China Konzepte und geben Impulse für mehr Ökologie und Gerechtigkeit.

Demokratie und Menschenrechte (S. 30)
Zwei Jahre nach Beginn der Umbrüche in der arabischen Welt ist Ernüchterung eingekehrt. Überschattet ist die «Arabellion» durch den Bürgerkrieg in Syrien. Die ökonomischen und sozialen Herausforderungen sind nach wie vor enorm. Wir unterstützen unsere Partnerinnen
und Partner in den Transformationsländern bei ihrem schwierigen Weg. Wir wollen die Rechte von Frauen stärken, und auch die von Menschen mit nonkonformer sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität, kurz: LGBTI – u. a. in Palästina, Georgien, Afghanistan und in Südafrika.

Außen- und Sicherheitspolitik (S. 40)
Die Europäische Union verliert gerade viel von ihrer einstigen Vorreiterrolle. Sie droht vor allem mangels einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zum Nachzügler in der neuen Weltordnung zu werden. Wir wollen mit unserer Arbeit einen Beitrag zu einer nachhaltigen Außenpolitik Deutschlands und der Europäischen Union leisten. So beschäftigten wir uns u. a. mit der Frage einer neuen Mittelmeerpolitik, mit der Zukunft des politischen Islam und der Zwei-Staatenlösung für Israel und Palästina.

Gunda-Werner-Institut (GWI) (S. 44)
Ob (queer)feministisch oder männerpolitisch – das GWI ist Ort der Analysen und Strategien. Welche Vorurteile bestehen, wie eine geschlechterdemokratische Gesellschaft aussehen kann und welche politischen Instrumente uns dorthin bringen, das wird u. a. in dem Debattenblog «Was ist der StreitWert» ausgefochten. Für hohe Aufmerksamkeit sorgte darüber hinaus die Studie zur antifeministischen Männerbewegung. Geschlechterblindheit in der internationalen Friedens- und Sicherheitspolitik und sexualisierte Kriegsgewalt waren Gegenstand zweier Diskussionen anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Internationalen Strafgerichtshofs.

Bildung, soziale Teilhabe und Aufstiegschancen (S. 46)
Wer ist drin, wer bleibt draußen? Eine einfache Frage mit großem gesellschaftlichen Sprengpotenzial. Inklusion bedeutet, dass jeder Mensch so angenommen wird, wie er ist. Niemand soll benachteiligt werden. Bis es in Deutschland so weit ist, müssen allerdings noch viele Hindernisse abgebaut werden: In der Politik, in den Unternehmen, in Ämtern und Behörden, in unseren Köpfen. Wir verfolgen seit Jahren eine Politik der Durchlässigkeit und setzen uns ein für «Gute Bildung für alle!». Wir reagieren aber auch mit Praxis-Workshops auf aktuelle Herausforderungen, wie den Zuzug von Roma-Familien mit ihren Kindern aus Osteuropa.

Kunst und Kultur (S. 50)
Wir fördern Kunst und Kultur als Ausdrucksform gesellschaftlicher Selbstverständigung. Wir untersuchen die Zusammenhänge von Kunst und Aktivismus in sozialen und politischen Bewegungen, wie beim Festival «Wider die Müdigkeit»; wir beteiligen uns an Ausstellungen,
wie «SurVivArt – Kunst für das Recht auf ein gutes Leben»; oder an Theaterprojekten wie «Dance!Copy!Right?». Wir konzipieren und veranstalten Filmfestivals, Workshop-Konferenzen oder Podiumsdiskussionen zu kulturpolitischen Themen, wie zur Nutzung des Internets und dessen Regulierung.

Studien- und Promotionsförderung (S. 54)
Köpfe für die Zukunft! 2012 haben wir insgesamt 877 Studierende und 181 Promovierende gefördert. 230 Stipendien haben wir neu vergeben. Zur persönlichen Weiterbildung konnten unsere Stipendiatinnen und Stipendiaten aus über 40 mehrtägigen Veranstaltungen auswählen. Die Themen reichten von Energiewende über Bildungsgerechtigkeit bis hin zur politischen Bewertung des Arabischen Frühlings. An zahlreichen Hochschulen haben sich «Lokale Initiativen» gegründet, die sich regelmäßig treffen. Und in unserem Programm «Medienvielfalt, anders: Junge Migrantinnen und Migranten in den Journalismus» wurden bislang 37 junge Nachwuchsjournalisten und -journalistinnen mit Migrationsgeschichte gefördert.

Heinrich-Böll-Haus Langenbroich (S. 58)
In vielen Ländern sind Künstlerinnen und Künstler durch ihren Einsatz für die Freiheit Repressionen ausgesetzt. Mit unserem Stipendienprogramm im Heinrich-Böll-Haus Langenbroich bieten wir Künstlerinnen und Künstlern die Möglichkeit, für einige Zeit ungestört und
finanziell abgesichert arbeiten zu können. Im Jahr 2012 begrüßten wir Gäste aus Syrien, Bahrain und China in Langenbroich.

GreenCampus – Weiterbildung, Politik, Management (S. 59)
Unter dem Dach von GreenCampus vereinen sich die Weiterbildungsangebote der Heinrich-Böll-Stiftung und ihrer Landesstiftungen im Bereich Politikmanagement. Ziel ist es, ehrenamtlich Aktiven und Profis das Rüstzeug für eine erfolgreiche politische Arbeit zu vermitteln. Im Jahr 2012 bot GreenCampus wieder das Politikmanagementzertifikat an – Nachfrage steigend. Voraussetzung dafür ist der Besuch eines Seminars mit gut 20 thematisch und methodisch aufeinander abgestimmten Modulen aus den Bereichen Kommunikation, Medien und Organisation. Das Weiterbildungsangebot steht dauerhaft für sehr gute Qualität. Das Testat LQW wurde Ende 2012 für vier weitere Jahre bestätigt.

Archiv Grünes Gedächtnis (S. 60)
Das Archiv dient der historischen Überlieferungen der Partei Bündnis 90/Die Grünen und sammelt Quellen zur Geschichte der Neuen Sozialen Bewegungen. Alle Unterlagen – auch die audiovisuellen – stehen der interessierten Öffentlichkeit und der wissenschaftlichen
Forschung zur Verfügung. Darüber hinaus veranstaltet das Archiv u. a. Gespräche mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen und macht so grüne Geschichte lebendig.

Preise (S. 61)
Die Heinrich-Böll-Stiftung vergibt auch Preise! Im Jahr 2012 waren dies u. a. der Petra-Kelly-Preis für den weißrussischen Menschenrechtler Ales Bialiatski, der Anne-Klein-Frauenpreis ging an die Frauen- und Menschenrechtsaktivisten Nivedita Prasad, der Hannah-Arendt-Preis an die israelische Historikerin Yfaat Weiss und der Friedensfilmpreis an den ungarischen Regisseur Bence Fliegauf für seinen Film «Csak a szél – Just the Wind».

25 Jahre Heinrich-Böll-Stiftung (S. 63)
Die Heinrich-Böll-Stiftung ist 25! Mit einem Fest für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für Kooperationspartner und Gäste aus Politik und Gesellschaft feierten wir am 14. Dezember im Foyer und der Beletage der Stiftungszentrale. Die Publizistin Carolin Emcke hielt die Festrede, der Parteivorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Cem Özdemir, gratulierte.

Stiftungsmanagement (S. 64)
Wir finanzieren uns fast ausschließlich aus öffentlichen Zuwendungen. Im Jahr 2012 standen uns rund 47 Millionen Euro zur Verfügung. Knapp die Hälfte wurde für Projekte der internationalen Zusammenarbeit verwendet. Wir investieren aber auch in Fortbildungen für die
Belegschaft und in die organisatorische Weiterentwicklung unserer Stiftung. Darüber hinaus steht durch viel ehrenamtliches Engagement der Freundinnen und Freunde der Heinrich-Böll-Stiftung die Förderstiftung TuWas – Stiftung für Gemeinsinn kurz vor der Gründung.

 
 

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Veröffentlichungsdatum
24. April 2013
Herausgegeben von
Heinrich-Böll-Stiftung e.V.
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