Jahresbericht 2010 der Heinrich-Böll-Stiftung

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Jahresbericht 2010 der Heinrich-Böll-Stiftung

9. Mai 2011

 

Derzeit fordern rasante Entwicklungen unsere Aufmerksamkeit: der Tsunami und die Reaktorkatastrophe in Japan, die politischen Umbrüche in Nordafrika und im Nahen Osten und nicht zuletzt der Aufschwung der Grünen, der sich in der Wahl des ersten grünen Ministerpräsidenten in Baden-Württemberg manifestiert.

Das atomare Desaster in Fukushima führt uns vor Augen, dass die Atomenergie katastrophale Risiken in sich birgt. Jetzt werden der Ausstieg aus der Atomenergie und der forcierte Übergang zu regenerativen Energien in Deutschland neu verhandelt. Die Konzepte dazu liegen auf dem Tisch. Seit Jahren hat die Heinrich-Böll-Stiftung Expertise zur Auseinandersetzung mit dem «Mythos Atomkraft» aufgebaut, mit der wir uns in die Diskussion im In- und Ausland einmischen.

Der Übergang ins postfossile Zeitalter und in eine ressourcenschonende Wirtschaftsweise sind die Aufgabe der kommenden Jahrzehnte. Der Wohlstand von morgen basiert auf Ressourceneffizienz, erneuerbaren Energien und einer ökologischen Landwirtschaft. Dazu gehört auch eine nachhaltige Finanz- und Haushaltspolitik. Gleichzeitig geht es um soziale Teilhabe und faire Aufstiegschancen für alle – das ist der Grundgedanke eines Green New Deal, dem sich die Heinrich-Böll-Stiftung verpflichtet fühlt.

Die Demokratiebewegungen in Tunesien und Ägypten stehen für eine politische Wende, die hoffentlich
unumkehrbar ist. Dagegen erfüllt uns die Entwicklung in Libyen, Syrien, im Jemen oder Bahrain mit großer Sorge. Wir werden unser Engagement in der südlichen Nachbarregion Europas verstärken. Unsere langjährige Demokratiearbeit bietet gute Voraussetzungen, auch die Umbrüche in der arabischen Welt konstruktiv zu unterstützen.

Als am 31. Oktober 2000 die Resolution 1325 zu Frauen, Frieden und Sicherheit verabschiedet wurde, war dies ein historischer Durchbruch. Seither ist es völkerrechtlich verpflichtend geregelt, dass Frauen auf allen Ebenen – in Friedensprozessen, in der Sicherheitspolitik sowie bei der Konfliktbearbeitung vor Ort – angemessen zu beteiligen sind. Doch wie so oft mangelt es an der Umsetzung. Wir setzen uns für eine geschlechtersensible Außen- und Sicherheitspolitik ein und entwickeln neue Perspektiven.

Die Angebote unserer Weiterbildungsakademie «GreenCampus» erfreuen sich großer Nachfrage; sie reichen von standardisierten Bildungsangeboten für politisch Engagierte bis hin zu Strategieberatung und maßgeschneiderten Trainings. Auch in der Politik kommt es nicht nur auf gute Ideen, sondern auch auf praktisches Know-how an. Das wollen wir in Zusammenarbeit mit unseren Landesstiftungen vermitteln.

Das Wissen und das große Engagement unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist das Fundament
für unsere erfolgreiche Arbeit. Sie wird bereichert durch vielfältiges ehrenamtliches Engagement:
in den Fachbeiräten und Fachkommissionen, dem Frauenrat, dem Aufsichtsrat, der Mitgliederversammlung und der Grünen Akademie. Über 530 Mitglieder im Freundeskreis der Heinrich-Böll-Stiftung ermöglichen Projekte, die wir aus öffentlichen Mitteln nicht finanzieren können.

Ihnen allen gilt unsere Hochachtung und besonderer Dank.
Berlin, im April 2011
Ralf Fücks, Barbara Unmüßig
Vorstand Heinrich-Böll-Stiftung

Jahresbericht 2010 der Heinrich-Böll-Stiftung
   
Herausgeber/in Heinrich-Böll-Stiftung
Erscheinungsort Berlin
Erscheinungsdatum 9. 2011
Seiten 88
ISBN --
Bereitstellungs-
pauschale
kostenlos


 
 

Auf einen Blick

Globalisierung und Nachhaltigkeit
Eines unserer Ziele ist, die Welt ökologisch, nachhaltig und gerecht zu verändern. Wir schauen nicht nur auf die Ursachen von Krisen, sondern zeigen mit unseren weltweiten Partnerinnen und Partnern Auswege auf. Der Klimawandel, die Ernährungssicherheit sowie die Ressourcenpolitik sind Schwerpunkte unserer Arbeit. Im vergangenen Jahr standen u. a. die Themen Atomkraft, die Verleihung des Petra-Kelly-Preises, erneuerbare Energien und der Weltklimagipfel COP 16 in Cancún im Mittelpunkt.

Europapolitik
Die Euro-Krise schürt Ängste um ein Auseinanderbrechen der Währungsgemeinschaft. Die wankelmütige Politik der Europäischen Union sorgt zusätzlich für Irritationen. Als Stiftung haben wir eine Expertenkommission ins Leben gerufen, die sich mit der künftigen Entwicklung der Europäischen Union befassen wird. Wir verstehen uns als eine europäische Organisation, unterstützen den europäischen Einigungsprozess und entwickeln Visionen für ein zukunftsfähiges Europa. Im Jahr 2010 haben wir u. a. zu einer Konferenz zum Thema «Energiesicherheit, Klimaschutz und Innovation – Quo vadis EU?» eingeladen.

Außen- und Sicherheitspolitik
Die selbstbewussten Ansprüche der Schwellenländer und der relative Machtverlust der USA haben die neue multipolare Weltordnung weiter verfestigt. Mit unserem Engagement wollen wir dafür sorgen, dass die Europäische Union und die G20 in Zukunft eine tragende Rolle bei der Lösung von globalen Herausforderungen wie z.B. dem Klimawandel übernehmen können. Themenschwerpunkte und Projekte der Stiftung waren im Jahr 2010 u. a. die EU-Osterweiterung, der atomare Nichtverbreitungsvertrag (NVV), ein Annäherungsversuch im Konflikt zwischen Pakistan und Indien und die Frage, wie Frauen und Männer gemeinsam Frieden schaffen.

Green New Deal – nachhaltiges Wirtschaften
Unser derzeitiges Wirtschaften bedroht nicht nur Klima und Umwelt, sondern auch Wohlstand und Zivilisation. Um zukünftig den Wohlstand für alle Menschen weltweit zu ermöglichen, braucht es einen neuen Gesellschaftsvertrag. Wir unterstützten im Jahr 2010 diesen Prozess mit 30 bundesweiten Veranstaltungen zum Thema und der internationalen Konferenz «Die große Transformation – Greening the Economy».

Internationale Demokratieförderung
Der demokratische Aufbruch in vielen Ländern Nordafrikas und des Mittleren Ostens zeigt: Die Menschen sehnen sich nach Freiheit und Selbstbestimmung. Demokratische Prozesse zu fördern, gehört zum Kernmandat der Stiftung und ihrer Partner. Wir fördern den Aufbau demokratischer Institutionen und die politische Teilhabe von Männern und Frauen weltweit. Als Stiftung waren wir im Jahr 2010 auch mit Projekten in Pakistan, Afghanistan, Thailand, China, Georgien, Israel und Südafrika aktiv.

Gunda-Werner-Institut
Das Gunda-Werner-Institut bündelt Themen und aktuelle Fragestellungen rund um Geschlechterpolitik und fördert so die Auseinandersetzung um Feminismus und Geschlechterdemokratie. Im vergangenen Jahr wurde u. a. kontrovers über das grüne Männermanifest und über «Männerrechtler» online debattiert. Bei einem Green Ladies Lunch fiel der Startschuss für unsere vielfältigen Aktivitäten zur Frauenfußball WM 2011.

Bildung, soziale Teilhabe und Integration
Seit Jahren setzen wir uns für eine zukunftsfähige Bildungspolitik ein, die jedem unabhängig von seiner Herkunft die gleichen Bildungs- und damit Aufstiegschancen ermöglicht. Kernprojekte im Jahr 2010 waren u. a. eine Studie zum sozialen Auf- oder Abstieg in Deutschland, die Reihe «Was ist der deutsche Traum?» oder die internationale Fachkonferenz zur Situation hochqualifizierter Migrantinnen und Migranten in Europa.

Nachwuchsförderung
Köpfe für die Zukunft! Wie auch in den Vorjahren hat die Heinrich-Böll-Stiftung 2010 studierende und promovierende zukünftige Fach und Führungskräfte gefördert, die in Politik, Wissenschaft und Gesellschaft Verantwortung übernehmen. Mit der Förderung des internationalen Austauschs, des interkulturellen Dialogs und der Vernetzung leisten wir einen Beitrag zur internationalen Verständigung.

Kunst und Kultur
Wir fördern Kunst und Kultur als Ausdrucksform gesellschaftlicher Selbstverständigung. Wir unterstützen den interkulturellen Austausch zwischen Künstlerinnen und Künstlern, veranstalten Lesungen, Diskussionen und Seminare. Darüber hinaus widmen wir uns den Themen Wissensgesellschaft, freie Kultur und Rechte in Zeiten des Internets. Highlights des Jahres 2010 waren u. a. der feierliche Abschluss der 27-bändigen Kölner Ausgabe der Werke von Heinrich Böll, die Deutsch-Israelischen Literaturtage, die Fachtagung «netz:regeln» oder die Ausstellung «zur nachahmung empfohlen!».

Heinrich-Böll-Haus Langenbroich
In vielen Ländern sind Künstler und Künstlerinnen durch ihren Einsatz für die Freiheit des Geistes Repressionen ausgesetzt. Mit unserem Stipendienprogramm im Heinrich-Böll-Haus Langenbroich bieten wir die Möglichkeit, für einige Zeit ungestört und finanziell abgesichert arbeiten zu können. Im Jahr 2010 begrüßten wir Künstler und Künstlerinnen aus Asien, Afrika sowie Ost- und Südeuropa in Langenbroich.

GreenCampus – Weiterbildung, Politik, Management
Unter dem Dach von GreenCampus vereinen sich die Weiterbildungsangebote der Heinrich-Böll-Stiftung und ihrer Landesstiftungen im Bereich Politikmanagement. Ziel ist es, ehrenamtlich Aktiven und Profis das Rüstzeug für ihre erfolgreiche politische Arbeit zu vermitteln. GreenCampus hat deshalb die Auswahl an Bestellseminaren um viele aktuelle Themen erweitert und das 130 Unterrichtsstunden umfassende Politikmanagement-Zertifikat noch attraktiver gestaltet.

Die Grüne Akademie
Politisch interessierte Wissenschaftler/innen und an wissenschaftlichen Diskussionen interessierte Politiker/innen diskutieren im Rahmen der Grünen Akademie grundlegende gesellschaftliche Fragen. Im Jahr 2010 ging es vorrangig um die Auswirkungen des Klimawandels und die Frage: «Wie sollen wir leben?». Auch die künftige Rolle der Grünen bei der Umgestaltung der Gesellschaft wurde debattiert.

Archiv Grünes Gedächtnis
Das Archiv dient der historischen Überlieferungen der Partei Bündnis’90/Die Grünen und sammelt Quellen zur Geschichte der Neuen Sozialen Bewegungen. Alle Unterlagen stehen der interessierten Öffentlichkeit und der wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung. Darüber hinaus veranstaltet das Archiv u. a. Gespräche mit Zeitzeugen und macht grüne Geschichte lebendig.

Gäste in der Stiftung
Jedes Jahr begrüßen wir prominente Gäste sowie internationale Partner und Partnerinnen in unserem Hause. Im Jahr 2010 waren es beispielsweise der ehemalige Stabschef des Weißen Hauses unter Bill Clinton, John
Podesta, der einen Vortrag über «Nachhaltiges Wachstum» hielt, sowie die Trägerin des Petra-Kelly-Preises Marianne Fritzen, der mit dem Hannah-Arendt-Preis ausgezeichnete Philosoph François Jullien und Urvashi Butalia, Verlegerin aus Indien.

Stiftungsmanagement
Die Heinrich-Böll-Stiftung finanziert sich fast ausschließlich aus öffentlichen Zuwendungen. Im Jahr 2010 standen uns rund 46,5 Millionen Euro zur Verfügung. Knapp die Hälfte wurde für Projekte der internationalen Zusammenarbeit verwendet. Die Verausgabung unserer Mittel wird alljährlich von einem Wirtschaftsprüfer geprüft.

 
 
 
Produktdetails
Veröffentlichungsdatum
9. Mai 2011
Herausgegeben von
Heinrich-Böll-Stiftung
Seitenzahl
88
Lizenz
Alle Rechte vorbehalten
ISBN / DOI
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