Was für eine Gesellschaft wäre eine „inklusive Gesellschaft“?

Die Gesellschaft entsteht aus unermesslich vielen Ichs, die alle etwas Eigenes und Einzigartiges in die Waagschale werfen. Eine inklusive Gesellschaft ist gleichzeitig solidarisch, geprägt durch Anteilnahme und Engagement, erklärt Heinz Bude.

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Die Gesellschaft entsteht aus den unermesslich vielen Ichs, die alle etwas Eigenes und Einzigartiges in die Waagschale werfen

Emanzipatorische Gesellschaftstheorien der Moderne, seien sie marxistischer, pragmatistischer oder republikanistischer oder gar anarchistischer Provenienz, betonen die dialektische, das heißt unabdingbare und produktive Spannung zwischen Individuum und Gesellschaft.

Die Gesellschaft entsteht aus den unermesslich vielen Ichs, die alle etwas Eigenes und Einzigartiges in die Waagschale werfen, und das einzelne Ich findet Anklang in einer Gesellschaft, die in ihren Institutionen, Gewohnheiten und Übereinkünften die Impulse, Ideen und Initiativen ihrer Mitglieder widerspiegelt. Ohne die Differenz im Einzelnen keine Identität im Ganzen. Eine Atmosphäre der persönlichen Freiheit und des öffentlichen Glücks kann dann gedeihen, wenn die Verfassung des Gemeinwesens den Eigensinn der Bürgerinnen und Bürger oder sonst wie sich verstehender Personen erwartet und begrüßt.

Eine emanzipatorische Gesellschaftspolitik hat demgemäß eine doppelte Aufgabe: einerseits das Spiel der heterogenen Lebenspraxen zu ermöglichen und andererseits die Gesellschaft als öffentlichen Raum zu bewahren, in dem die Einzelnen sich begegnen und ihre jeweiligen Lebensentwurfe aufeinander beziehen können. Der Zwang zur Integration dient dem genauso wenig wie ein Laisser-faire der Indifferenz. Es bleibt sonst entweder die persönliche Freiheit oder das öffentliche Glück auf der Stecke.

Das muss man sich vor Augen halten, wenn man das Passepartout der gesellschaftlichen Inklusion als gesellschaftspolitischen Leitbegriff aufruft. Schließlich wird der Begriff mit dem Anspruch, eine gesellschaftsverändernde Politik anzuleiten, verwendet. Es existiert ein entsprechender rechtlicher Rahmen, es treten Advokaten auf, die wissenschaftliche Erkenntnisse über einschlägige Praktiken präsentieren, und es melden sich Gruppen von Betroffenen, die Erfahrungen der Missachtung vorbringen und Rechte auf Berücksichtigung einklagen. Man konnte also glauben, dass sich in der Tat eine ganze Kulisse für die Durchsetzung einer neuen gesellschaftspolitischen Formel aufbaut.

Umso wichtiger erscheint es, sich über einige Implikationen dieses Begriffs, gegen den offenbar schwer etwas zu sagen ist, Klarheit zu verschaffen, damit man nicht von unintendierten Folgen und paradoxen Effekten überrascht wird oder über verpuffende Mobilisierungen und leer laufende Debatten in Verzweiflung gerät.

Der Öffentliche Raum ist wichtig für eine inklusive Gesellschaft. 

Im Öffentlichen Raum werden Demokratie und Gesellschaft erlebt, gelernt und gelebt. Wozu öffentliche Räume gut sind, was wir an öffentlichen Räumen haben, und warum wir uns um öffentliche Räume kümmern (müssen) erfahrt ihr auf unserer Themenseite in Video, Podcasts und Artikeln. 


Gesellschaftspolitische Debatten

Es sind im Wesentlichen drei Strange gesellschaftspolitischer Debatten, die auf den Begriff der gesellschaftlichen Inklusion zulaufen. Da ist erstens die mit großer Dringlichkeit vorgebrachte Frage nach dem sozialen Band einer heterogenen Gesellschaft: Was eint uns noch, wenn die Lebensläufe sich unaufhaltsam individualisieren und die sozialen Milieus sich unüberschaubar pluralisieren? Es sind Praktiken der Einbeziehung des Anderen, wie es bei Jürgen Habermas heißt, die Gesellschaften unserer Art zusammenhalten.

Die Leitkultur hat keinen Namen und keine Trägergruppen, es handelt sich lediglich um ein Set von Fähigkeiten zur Empathie, zur Rollendistanz und zur Ambiguitätstoleranz, das den Einzelnen erlaubt, sich mit Anderen, die ihnen fremd sind oder gar bedrohlich erscheinen, zu einigen oder zumindest mit ihnen klarzukommen. Das betrifft zumeist wechselseitige Irritationen, die mit der sexuellen Präferenz, der ethnischen Herkunft oder dem religiösen Glauben der jeweiligen Gegenüber zu tun haben. „Inklusion“ ist die Formel für eine Gesellschaft, der aufgrund der ungeheuren Variation von Individualitäten und Zugehörigkeiten der innere Zusammenhang verloren gegangen ist.

Damit hängt, zweitens, ein erweiterter Begriff der Menschenrechte zusammen, der die Vorstellung des Menschen betrifft, dem das Recht, Rechte zu haben, zu eigen ist. Das ist zwar ein universeller Mensch, für den die Menschenrechte nicht teilbar sind, der aber immer als ganz partikulares Ich in einem spezifischen gesellschaftlichen Kontext und mit einer eigenartigen Biografie in Erscheinung tritt. Irgendetwas stimmt an jedem Menschen nicht, wenn man die Standardversion des autonom handlungsfähigen und mit sich selbst identischen Subjekts voraussetzt. Erving Goffman hat in seinem Klassiker Stigma von 1963 dargelegt, dass dieses Element diskreditierbarer Nicht-Identität den Anker der einzigartigen und unaustauschbaren Ich-Identität darstellt. Die Tatsache, dass wir in mancher Hinsicht eben nicht perfekt und präsentabel sind, macht uns zu einem Ich mit besonderen Qualitäten und überraschenden Fähigkeiten. Demgemäß erweist sich die nachdrückliche Geltungskraft der Menschenrechte gerade am Verzicht auf ein Ideal des Menschen. Am geschwächten, bedrohten und verwundbaren Ich zeigt sich, was uns das Recht, Rechte zu haben, wert ist.

Der Flüchtling, die Exilierte, der Demente, die Unwürdige, der Verrückte oder die Stumme sind Metaphern für solche Zustände der unmenschlichen Menschlichkeit, die den beunruhigenden Kern eines Begriffs der Menschenrechte herausfordern.

Die Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung vom Dezember 2006 kann man als Ausdruck dieser, wie man mit Jacques Derrida sagen konnte, dekonstruktiven Infragestellung des „Menschen“ der Menschenrechte begreifen. Der Generalnenner der Behinderung sucht das Unentscheidbare, Unermessliche, Unberechenbare des Trägers der Menschenrechte zu benennen. Wie Gesellschaften mit Menschen mit Behinderung umgehen – wobei notwendigerweise offen bleibt, wie körperlich, geistig oder seelisch die jeweilige Behinderung ist – zeigt, welchen Gehalt die Menschenrechte für sie haben. So werden die gewöhnlichen Praktiken der Inklusion zum Maßstab für das, was die Einhaltung der Menschenrechte in einer bestimmten sozialhistorischen Situation bedeutet.

Wichtig daran ist der Umstand, dass inklusive gesellschaftliche Verhältnisse sich nicht in der Erweiterung von Anrechtstiteln, die sich Regelungen von Mindesteinkommen, Grundrenten oder Basisversorgungen niederschlagen, erschöpfen, sondern dass sie in gleicher oder womöglich noch entscheidenderer Weise die dingliche Verfassung der Gesellschaft betreffen. Aufzüge in Bahnhöfen, Rampen für Gehhilfen, Gebrauchsanleitungen in Blindenschrift, Schnabeltassen in Ausflugslokalen, Kindersitze in Fernbussen, Handprothesen mit Nervensensoren, Blutzuckermesser in Laufgurten oder Toiletten für Menschen im Rollstuhl kennzeichnen eine inklusive Gesellschaft der Griffe und Geräte, die die materielle Dimension der Menschenrechte vor Augen führen.

Ein dritter Strang für die Begründung eines anspruchsvollen Konzepts der sozialen Inklusion ist mit einem neuen operativen Wissen in den Humanwissenschaften und anderen Haltungen in den Professionen der Behandlung von Menschen verbunden. Ein früher Impuls kam aus der Bewegung der Antipsychiatrie in den 1970er Jahren, die das offene Milieu des Zusammenlebens von ganz normalen Verrückten und ganz verrückten Normalen zum besten Weg der Rehabilitation von einst Weggeschlossenen und Sonderbehandelten erklärten.

Hier wurde die heilende Wirkung eines möglichst ungezwungenen Alltags herausgestellt, der unwahrscheinliche Mischungen und unpassende Begegnungen schafft. Später sind aus diesem Geist die Integrationskindergarten und das jahrgangsubergreifende Lernen hervorgegangen. Inklusion setzt auf Gesellschaft und Gesellschaft auf Inklusion.

Die Wissenschaften und Professionen des Sozialen warten heute mit einem Katalog von Maßnahmen und Tätigkeiten auf, die der Forderung, Anregung und Unterstützung von Menschen mit eingeschränkter Handlungsautonomie dienen, die man früher Sonderbehandlungen unterzogen oder in Separateinrichtungen gesteckt hat. Die Botschaft lautet, dass man für jene Personen, die aufgrund ihrer körperlichen Konstitution, ihres geistigen Vermögens oder ihrer sozialen Herkunft als beeinträchtigt angesehen werden, in Gemeinschaft mit anderen, die alle nicht dem Modell der Patentperson genügen, mehr tun kann, als wenn sie unter sich bleiben. Selbst Menschen mit schwerwiegenden Entwicklungsdefiziten und Verhaltensauffälligkeiten können in einer Umgebung „ganz normaler“ Heterogenität mehr Ausgleichserfahrungen machen als im Ghetto verordneter Homogenität.

Diese drei Zugange bilden den Hintergrund für eine bemerkenswerte Verschiebung vom allzu bekannten Begriff der „gesellschaftlichen Integration“ zu dem merkwürdig technisch klingenden der „sozialen Inklusion“.

Vergesellschaftung bedeutet nicht mehr Einpassung in einen Rahmen und Ausrichtung auf einen Wert, sondern Aushandlung in einem Kontext und Verständigung über Prinzipien. Im ersten Fall erscheint die Gesellschaft als gusseiserne Form, die Platze offeriert und Rollen anmutet, im zweiten als situatives

Geschehen, in dem Anschlusse hergestellt werden und Bindungen knapp sind. In den Systemen der Integration sind die Bereiche getrennt, werden die Verhaltenserwartungen auf Positionen bezogen und zu Rollen gebündelt, damit man weiß, wann man auftreten und was man von sich geben muss – und wann man in Ruhe gelassen wird und sich hinter seiner Rolle verstecken kann. Bei den Szenen der Inklusion kommt alles auf den Einzelnen an, gibt es nie eine Ruhe und steht alles unter Vorbehalt. Stößt im einen Fall das „Modell des übersozialisierten Menschen“ (Dennis H. Wrong) auf, ist im anderen die Disposition zur Eigenleistung und zur Dauerpräsenz zu spüren. Dem direkten Zwang zur Konformität steht der indirekte zur Nonkonformität gegenüber.

In der gedachten Welt der Inklusion gibt es kein „abweichendes Verhalten“ mehr, keine „psychischen Erkrankungen“, keine „Altersrollen“, keine „Klassenmilieus“ und keine „Geschlechtscharaktere“. Die Einzelnen verhalten sich manchmal merkwürdig, unterliegen Stimmungsschwankungen, sind so alt, wie sie sich fühlen, stehen nur für sich und lassen sich nicht so einfach auf ein Geschlecht festlegen. Es kommt eben darauf an, welche Interpretation sich in welcher Situation mit welchem Einsatz durchsetzt. Die Spannung zwischen Individuum und Gesellschaft ist eine von der einzelnen Person gesetzte und nicht mehr eine von den Anderen zugemutete und erzwungene. Mit anderen Worten: Die Gesellschaft ist eine Konstruktion des Individuums und nicht mehr das Individuum eine Konstruktion der Gesellschaft.

Der Begriff der "Kompetenz"

Der Wunderbegriff für das derart erstarkte und ermächtigte Subjekt ist der Begriff der „Kompetenz“. Kompetenz meint die Fähigkeit, sich unter variablen Bedingungen auf unvorhersehbare Aufgaben und unbekannte Herausforderungen einstellen zu können. In der entsprechenden Fachsprache ist von den konstruktiven und generativen Implikationen von Kompetenzen die Rede: die Fähigkeit, aus endlichen Mitteln unendlichen Gebrauch zu machen, lautet die berühmte Formulierung von Wilhelm von Humboldt. Kompetent in diesem Sinne kann man alles Mögliche handhaben: Rechenaufgaben losen, Texte verstehen, soziale Beziehungen knüpfen, Emotionen regulieren und die Einzigartigkeit des eigenen Ichs darstellen. Man spricht daher von kognitiven, interpretativen, interaktiven, emotionalen Kompetenzen sowie von der Kompetenz zum „Impression Management“ (Erving Goffman).

Wie solche Kompetenzen vermittelt werden, ist allerdings ein Geheimnis mit sieben Siegeln. Es soll nicht um das Lernen von Inhalten, sondern um das Lernen des Lernens von Inhalten gehen. Der paradigmatische Fall dafür ist das Erlernen einer Sprache, die sich das Kind durch das „Ausbuchstabieren“ (Noam Chomsky) des Sprachmaterials seiner Eltern und Geschwister selbst beibringt. Das kann man sich für das Operieren mit mathematischen Gleichungen und für das Verständnis von logischer Axiomatik durchaus vorstellen.

In Bezug auf Gedichte von Hölderlin und Celan kommt man schon in Schwierigkeiten. Und wie geht das für die Interaktion zwischen Palästinensern und Israelis, für das Verständnis von depressiven Verstimmungen, für die Haltung zur Rhetorik des Hasses im Pop oder für die Liebe zwischen Männern und Frauen und anderen Geschlechtswesen? Dass es für all dies jeweils besondere Kompetenzen geben konnte oder dass eine übergreifende Kompetenz für kompetente Umgangsweisen vermittelbar wäre, erscheint doch einigermaßen absurd.

Das Problem besteht in der Abstraktion, die der Begriff der Kompetenz über ganz verschiedene Bezirke der Erfahrung und ganz unterschiedliche Modalitäten des Erlebens vornimmt. Es ist zumindest nicht sofort einzusehen, wie bestimmte Methoden des Interpretierens und bestimmte Prozeduren des Problemlösens die mannigfaltigen Welten unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit und deren konfliktuösen Begegnungen abdecken konnten. Damit fallt allerdings eine der wesentlichen Voraussetzungen im Begriff der inklusiven Gesellschaft: nämlich die Idee des universell anschlussfähigen und lebenslang lernwilligen Subjekts. Es ist zweifellos gut und nützlich, wenn man zur Rollenübernahme, zum Perspektivenwechsel und zur Affektbeherrschung in der Lage ist, aber garantieren tut das nichts. Dafür sind wir uns selbst zu unsicher, wenn wir auf Menschen treffen, die unserer Vorstellung von Normalitat, Zivilität und Sozialität auf den ersten Blick nicht entsprechen.

Die wachsende Heterogenität unseres gesellschaftlichen Lebens ist nicht zu leugnen, es ist jedoch auch nicht von der Hand zu weisen, dass gerade im Zeichen von Globalisierung die sozialen Abschottungen zunehmen und die sozialmoralischen Ansteckungsängste sich ausbreiten.

Die Einbeziehung des Anderen gestaltet sich viel fragiler, offener und vorsichtiger als man sich das in einer Philosophie des kompetenten Subjekts denkt. Der Andere ist nämlich immer ein Mensch aus Fleisch und Blut, der von merkwürdigen Ideen beherrscht und von abstoßenden Affekten getrieben sein kann.

Empathie verlangt dann einen Einsatz, der das Ich aufs Spiel setzt. Das ist dann nicht bloß eine Interaktion, die man beliebig beenden oder in rascher Folge wechseln kann, sondern eine Begegnung zwischen singulären Wesen, die grundsätzlich misslingen kann. Ein Philosoph der Begegnung wie Emmanuel Levinas sieht darin die eigentliche Herausforderung für eine Gesellschaft der Heterogenität: Die Bereitschaft, sich im Zweifelsfall dem Anderen auszuliefern, um am Gesetz des Anderen sein eigenes Gesetz finden zu können.

Solidarität als Zusammenhang von Anteilnahme und Engagement

Dafür existiert in der Tradition emanzipatorischer Gesellschaftstheorien ein sehr großer, aber auch sehr abgeschliffener Begriff: Das ist der Begriff der „Solidarität“, der diese Bezugnahme auf Andere meint, die in Not sind, die sich nicht selbst zu helfen wissen oder die von den Mächtigen ins Abseits gedrängt werden.

Das Üben von Solidarität in Situationen des Unrechts ist etwas anderes als die Einhaltung von Regeln sozialer Gerechtigkeit. Die Theorie der sozialen Gerechtigkeit, so wie sie namentlich von John Rawls in Parallelität zu den Theorien freier Markte entfaltet worden ist, entwirft ein moralisch anspruchsvolles Programm für die Zuerkennung legitimer Anteile durch die Umverteilungsmaßnahmen im demokratischen Kapitalismus. Sie setzt auf den „zwanglosen Zwang des besseren Arguments“ (Jürgen Habermas) für die Einrichtung einer „guten Gesellschaft“, lässt aber offen, warum ich dem besseren Argument überhaupt folgen sollte und vor allem welches Engagement für mich daraus folgt.

Der Begriff der Solidarität thematisiert dagegen genau den Zusammenhang von Anteilnahme und Engagement. Weil diese Anderen mich in ihrer Lage berühren, kann ich gar nicht anders, als mich solidarisch zeigen. Solidarität ist freilich mehr als der Ausdruck momentaner Empörung und mehr als das Beiwerk ständiger Empörtheit. Es handelt sich um einen Akt der Zuwendung, die mich etwas kostet und die den Begriff meiner Selbst in Frage stellt. Dadurch stärkt der Begriff der Solidarität die Spannung zwischen Individuum und Gesellschaft. Ich bin nicht allein der Konstrukteur meiner Gesellschaft, ich erkenne mich vielmehr als Teil einer Gesellschaft, die auf meine Anteilnahme und mein Engagement angewiesen ist. Ich kann nicht einer Politik zuweisen, was mich selbst beunruhigt und herausfordert.

In diesem Sinne belebt der alte Begriff der Solidarität den neuen der Inklusion. Er macht auf verschwiegene technokratische Effekte und auf verborgene normative Selbstmissverständnisse in der gedachten Ordnung der inklusiven Gesellschaft aufmerksam. Die Rhetorik der sozialen Inklusion wird dann zur Plastikformel eines „therapeutischen Staates“, wenn sie die Frage nach dem Ursprung von Anteilnahme und Engagement vergisst. Vielleicht sollten wir uns die „inklusive Gesellschaft“ als eine „solidarische Gesellschaft“ vorstellen.

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Buch Inklusion – Wege in die Teilhabegesellschaft