Kolumbien: Rettung Ingrid Betancourts gescheitert

In einer Mitteilung am 8. April hat die kolumbianische FARC-Guerilla den französische Bemühungen um die Freilassung Ingrid Betancourts eine Absage erteilt. Das Schicksal der seit sechs Jahren entführten ehemaligen grünen Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt ist weiterhin ungewiss. -> Aktuelle Artikel, Publikationen und andere Veröffentlichungen über und aus Lateinamerika.

In einer gestern Abend (8. April 2008) veröffentlichten Mitteilung hat die kolumbianische FARC-Guerilla den französische Bemühungen um eine Freilassung und Rettung Ingrid Betancourts eine Absage erteilt. Die Rettungsaktion sei „nicht angebracht”, da sie nicht das Ergebnis eines Übereinkommens mit der kolumbianischen Regierung gewesen sei. Der kolumbianische Präsident Uribe lehne bis heute die Hauptforderung der Guerilla ab, eine entmilitarisierte Zone für den Austausch der Geiseln gegen die inhaftierten Guerilla-Kämpfer einzurichten. Wäre Uribe bereits Anfang des Jahres auf diese Vorbedingung eingegangen, hätten Ingrid Betancourt, die anderen Geiseln und die inhaftierten Guerilleros längst ihre Freiheit wiedererlangt. „Wir handeln nicht unter dem Druck von Erpressungen oder Medienkampagnen”, so die auf den 4. April datierte Erklärung weiter.

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Damit muss der seit Tagen in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá wartende Sanitätsjet der französischen Luftwaffe wohl unverrichteter Dinge wieder zurückfliegen – das Schicksal der seit sechs Jahren entführten ehemaligen grünen Präsidentschaftskandidatin und Parteivorsitzenden Ingrid Betancourt ist weiterhin ungewiss. Ein Rückblick.

Sechs Jahre und kein Ende

Es war der 23. Februar 2002, mitten im Präsidentschaftswahlkampf, wenige Tage nach dem Abbruch der Verhandlungen zwischen der linken FARC-Guerilla und der kolumbianischen Regierung. Nachdem die FARC mit der Entführung eines zivilen Flugzeugs und mehrerer Personen den Waffenstillstand gebrochen hatte, begannen die kolumbianischen Streitkräfte eine neue militärische Offensive gegen die Rebellen in der von der FARC kontrollierten „entmilitarisierten Zone” um das Städtchen San Vicente del Caguán. Der von einem grünen Bürgermeister regierte Ort war bereits von der Guerilla befreit worden, befand sich aber in einem andauernden Belagerungszustand und war deshalb Ziel zahlreicher Journalisten und Wahlkämpfer, die jedoch mit Militärhubschraubern oder -flugzeugen eingeflogen wurden – die Straße durch das immer noch von der Guerilla kontrollierte Gebiet war zu gefährlich.

Ingrid Betancourt, Spitzenkandidatin der kolumbianischen Grünen und ihre Beraterin Clara Rojas warteten an diesem Dienstag seit dem Morgen auf dem Flughafen der nächstgelegenen Stadt Florencia auf eine Möglichkeit, sicher nach San Vicente zu kommen. Sie wollte, so wie das dem frisch gewählten grünen Bürgermeister Monate zuvor versprochen hatte, bei den Konfliktparteien Sicherheitsgarantien für die von den bewaffneten Auseinandersetzungen geplagte Bevölkerung des kleinen Städtchens erwirken.

Keine Sicherheitsgarantien

In einer Transportmaschine der kolumbianischen Luftstreitkräfte mit einem Pulk internationaler Journalisten an Bord, ebenfalls auf dem Weg nach San Vicente, wurde den beiden jedoch kein Platz eingeräumt, im Hubschrauber des Präsidenten Pastrana, ebenfalls auf dem Weg in die Kleinstadt, auch nicht.

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Trotz intensiver Diskussionen flog die Kolonne ohne sie ab. Es blieb ihnen nur noch der Landweg durch das von der Guerilla kontrollierte Gebiet: Alle Anwesenden versuchten Ingrid und Clara Rojas davon abzuhalten, die Fahrt mit Geländewagen durch die „entmilitarisierte Zone” zu wagen. Doch vergebens: Vielleicht vertraute Ingrid Betancourt auch zu sehr ihrem guten Ruf als unbeugsame und kritische Oppositionspolitikerin, der die FARC nicht wirklich etwas wollen konnte. Zweimal passierte der Geländewagen mit Ingrid Betancourt und Clara Rojas noch Straßensperren der kolumbianischen Streitkräfte, die sie jeweils eine Erklärung unterzeichnen ließen, dass sie den Weg auf eigene Gefahr fortsetzen würden. Doch sie kamen nie in San Vicente an.

Wenige Stunden später verbreitete sich die Nachricht ihrer Entführung durch die FARC, und während ihre Familie fassungslos versuchte, Informationen zu erhalten, waren in der Hauptstadt wohl nicht Wenige insgeheim erleichtert, endlich die scharfe und unbeugsame Kritikerin der korrupten kolumbianischen Politik nicht mehr hören zu müssen.

Kolumbiens erste grüne Senatorin

Die in Frankreich aufgewachsene und an der Sorbonne diplomierte Tochter eines kolumbianischen Politikers und Diplomaten hatte seit ihrer Wahl ins Parlament und später, als erste Grüne, in den Senat unnachgiebig und in ungewohnter Schärfe, aber auch mit originellen Straßenaktionen fragwürdige politische Deals und korrupte Praktiken der etablierten Parteien öffentlich gemacht. Legendär sind ihr Hungerstreik im Senat, ihre Kondom-Verteilungs-Kampagne auf den Straßen Bogotás zum Schutz gegen die „Korruption als das Aids der kolumbianischen Politik” oder die Verkündung ihrer Präsidentschaftskandidatur, die sie mit drei Küssen für die Statue des südamerikanischen Befreiers Simón Bolívar auf dem Bolívar-Platz in Bogotá beendete.

Nachdem herauskam, dass der damalige Präsident Ernesto Samper in seinem Präsidentschaftswahlkampf Geld der Drogenmafia verwendet hatte, rechnete sie in ihrem auf französisch geschriebenen Buch „La Rage Au Coeur” schonungslos mit der Politik Kolumbiens und Samper ab, der wie sie selbst der liberalen Partei angehörte. Nach der Veröffentlichung dieses Buches begannen die Morddrohungen gegen sie – eines Morgens fand sie vor ihrer Haustür einen Umschlag mit einem Foto einer zerstückelten Kinderleiche. Daraufhin brachte sie am nächsten Tag ihre Kinder zu ihrem geschiedenen Mann nach Frankreich. 1998 trat sie aus der liberalen Partei aus und für die erste grüne Partei Kolumbiens, Oxígeno verde, zu den Senatswahlen als Kandidatin an, und gewann auf Anhieb und mit Abstand dem landesweit besten Ergebnis ihr Senatorinnen-Mandat. 2001 verließ sie den Senat, den sie einmal als „Rattennest” bezeichnet hatte, um für Oxígeno verde als Kandidatin bei den Präsidentschaftswahlen 2002 anzutreten. Die grüne Partei hatte inzwischen eine Reihe von Rathäusern gewonnen und stellte auch grüne Bürgermeister. Nach dem Ende der Dialogpolitik des Präsidenten Pastrana plädierte sie für eine Fortsetzung der Verhandlungen und ein Ende der bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Guerilla, rechten Paramilitärs und den Streitkräften, die Jahr für Jahr unzählige Opfer in der unbeteiligten Zivilbevölkerung fordern. Auf dem ersten internationalen Kongress grüner Parteien „Global Greens” in Canberra im Jahr 2001 machte sie sich mit einer flammenden Rede über die Landesgrenzen Kolumbiens hinweg einen Namen.

Petra-Kelly-Preis 2002

Nach ihrer Entführung bemühte sich ihre Familie in Europa und den USA um internationale Unterstützung für Verhandlungen um ihre Freilassung. Im Mai 2002, knapp zwei Monate nach ihrer Entführung, setzte die grüne Heinrich-Böll-Stiftung mit der Verleihung ihres Petra-Kelly-Preises 2002 an Ingrid Betancourt ein Zeichen – in der Begründung der Jury hieß es: „Mit der Preisvergabe würdigen wir Ingrid Betancourts herausragendes Engagement für ein Ende der Jahrzehnte andauernden Gewalt und unzähligen Menschenrechtsverletzungen in Kolumbien. In ihrer Eigenschaft als mutige grüne Politikerin, die sich ohne Rücksicht auf persönliche Gefährdung unermüdlich für mehr Demokratie, die Wahrung der Menschenrechte und zivile Konfliktlösungen engagiert, steht Ingrid Betancourt in direkter Kontinuität zu Petra Kelly. Sie ist über Kolumbien hinaus zu einer Symbolfigur geworden, die viel Sympathie und Anerkennung genießt. Ihre Geiselnahme durch die FARC-Guerilla dauert immer noch an. Der Preis ist deshalb auch eine Geste der Solidarität und ein Appell an die kolumbianische Regierung und die internationale Öffentlichkeit, aktiv für ihre Freilassung einzutreten.“

Der mit 10.000 Euro dotierte Petra-Kelly-Preis wurde in Abwesenheit am 13. Dezember 2002 in einer bewegenden Zeremonie an den Ehemann von Ingrid Betancourt und Mitbegründer der Grünen Partei Oxígeno Verde, Juan-Carlos Lecompte übergeben. Lecompte hatte in einer ersten Reaktion auf die Preisverleihung geantwortet: „Dieser Preis kann für Ingrid zu einer Lebensversicherung werden”. In den darauffolgenden Monaten und Jahren setzte sich die Stiftung immer wieder mit Briefen und Aufrufen für sie und die anderen Entführten ein.

Hardliner auf allen Seiten

Trotz des großen internationalen Interesses und politischen Drucks zeigten sich jedoch weder die FARC noch der 2002 ins Amt gewählte und 2006 bestätigte Präsident Alvaro Uribe ernsthaft bereit, über ihr Schicksal und das der anderen Entführten zu verhandeln. Die Kernforderung der Guerilla, alle 500 in kolumbianischen Gefängnissen inhaftierten Guerilla-Kämpfer im Austausch für die Geiseln freizulassen, lehnte Uribe stets kategorisch ab: Der mit einem klaren Bekenntnis für eine militärische Lösung des Konflikts gewählte Hardliner, dessen politisches Umfeld nachgewiesene Kontakte zu den ebenfalls in Drogengeschäften und zahlreiche Morde verwickelten Paramilitärs der AUC hat, konnte in den vergangenen Jahren mit milliardenschwerer Unterstützung durch Washington die FARC aus den Städten und einigen Regionen des Landes zurückdrängen. Zum ersten Mal seit Jahren war es den Einwohnern Bogotás – wenn auch unter enormen Polizeiaufgebot – möglich, wieder einigermaßen sicher die Überlandstraßen zu benutzen, gingen die Entführungen von Politikern und Geschäftsleuten durch die FARC sowie die Gewalttaten in den Städten zurück, wurde, wenn auch eher halbherzig und kaum überprüfbar, ein Entwaffnungsprozess für Mitglieder der Paramilitärs begonnen.

Entsprechend gut waren und sind Uribes Umfragewerte, und so sah er auch keinerlei Veranlassung, in Verhandlungen mit der FARC irgendwelche Kompromisse einzugehen, zumal wenn diese ihm oder seinen Nachfolgern möglicherweise – was zum jetzigen Zeitpunkt sehr hypothetisch ist – eine ernstzunehmende politische Konkurrentin bescheren sollten: Nach einer im März 2008 veröffentlichten Umfrage des Gallup-Institutes erreichte Ingrid Betancourt in Abwesenheit die höchsten Zustimmungsraten von allen möglichen Präsidentschaftskandidaten. Die vier im Februar in einer „Geste des guten Willens” von der FARC freigelassenen Geiseln, unter ihnen der ehemalige Senator Luis Eladio Pérez, erhoben denn auch wiederholt schwere Vorwürfe gegen Präsident Uribe, mit dem Beschuss des FARC-Lagers auf ecuadorianischem Boden und der Tötung des FARC-Verhandlungsführers Raul Reyes gezielt die Bemühungen um eine Freilassung der Geiseln torpedieren zu wollen.

Populärste Politikerin Kolumbiens

Auch aus Sicht der FARC wäre eine einseitige Freilassung Ingrid Betancourts eher kontraproduktiv: Sie ist zweifelsohne die „wertvollste” Gefangene der Guerilla-Truppe, denn sie garantiert als prominente Figur der kolumbianischen Politik und französische Staatsbürgerin weiterhin internationale Aufmerksamkeit für den Konflikt, und aufgrund des verstärkten Interesses der französischen Regierung einen Kontakt zu einer europäischen Regierung. So wurde schnell deutlich, dass die FARC Ingrid Betancourt wahrscheinlich als letzte der Geiseln freilassen würde – als Teil einer „großen” Verhandlungslösung.

Die spärlichen Nachrichten, die vor allem über Berichte von Landbewohnern nach Bogotá sickerten, deuteten bald darauf hin, dass sich ihr Gesundheitszustand verschlechterte. Schon die ersten Lebenszeichen in Videobotschaften von 2002 und 2003 zeigten die Spuren der Geiselhaft im kolumbianischen Urwald, und die Bilder vom Dezember 2007 schockierten die internationale Öffentlichkeit: Sie zeigten eine abgemagerte, offensichtlich schwer erkrankte und resignierte Ingrid Betancourt.

In den ersten Monaten des Jahres 2008 verdichteten sich die Hinweise auf eine dramatische Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes. Der zusammen mit drei weiteren Geiseln von der FARC als „Zeichen guten Willens” freigelassene ehemalige Senator Luis Eladio Pérez berichtete, dass Betancourt, als er sie Anfang Februar 2008 das letzte Mal in Gefangenschaft sehen konnte, nicht mehr ohne fremde Hilfe gehen konnte. Im März berichteten Augenzeugen, dass Ingrid Betancourt von FARC-Guerilleros auf einer Liege zu einem Sanitätsposten im Urwald getragen wurde, um sie dort wegen einer Hepatitis zu behandeln – sie habe „wie ein Kind aus Somalia” ausgesehen.

Entsetzliche Haftbedingungen

Anfang April gab ein von den kolumbianischen Behörden festgenommener FARC-Arzt an, dass Ingrid Betancourt an fünf verschiedenen Krankheiten leide: an zwei schweren Malaria-Erkrankungen, einer chronischen Gastritis, einer Speiseröhren- und einer Bauchhöhlenentzündung sowie an einer Lebervergrößerung. Ein Grund für die Verschlechterung des Gesundheitszustandes sind neben den schlechten Lebens- und Ernährungsbedingungen im Dschungel die unerträglichen Haftbedingungen, unter denen Ingrid Betancourt nach fünf Fluchtversuchen zu leiden hat: Eladio Pérez berichtete von unbeschreiblichen Zuständen und gezielten Kränkungen, davon, dass sie zeitweise an einen Baum gefesselt wurde und gemeinsam mit ebenfalls von der FARC entführten Soldaten der kolumbianischen Streitkräfte und ausländischen Söldnern untergebracht wurde. Vor allem aber ist die psychische Belastung nach sechs Jahren Haft unter diesen Bedingungen und die bittere Erkenntnis, dass Uribe kein wirkliches Interesse an ihrer Freilassung hat und sie für die FARC ein zu kostbares Faustpfand darstellt, wohl die größte Belastung. So appellierte die im Januar 2008 von der FARC freigelassene Clara Rojas gestern in einer Rundfunksendung, in der Botschaften von Angehörigen an die Entführten ausgestrahlt werden, an ihre ehemalige Leidensgefährtin, die Hoffnung auf eine Rückkehr nicht aufzugeben und vor allem „nicht einmal daran zu denken, dass der Tod womöglich die sanfteste Lösung sein könnte, wie sie (Betancourt, d.Red.) selbst es einmal poetisch formulierte...”.

Doch die FARC und Uribe müssen sich vorsehen: Ihren Poker könnten auch beide verlieren. Sollte Ingrid Betancourt in Gefangenschaft sterben, wäre dies nicht nur für die FARC als Hauptverantwortliche ein humanitäres und legitimatorisches Desaster und möglicherweise der Anfang vom Ende einer bereits jetzt unter zunehmenden internen Spannungen operierenden Organisation. Auch Uribe geriete in heftige Erklärungsnöte und müsste seinen Teil der Verantwortung übernehmen. Denn selbst wenn er in der erwähnten Gallup-Umfrage hohe Zustimmungswerte erzielte, zeigt dieselbe Umfrage doch auch, dass eine deutliche Mehrheit der Kolumbianerinnen und Kolumbianer auf jeden Fall für eine Verhandlungslösung sowohl in der Geiselfrage wie im gesamten Konflikt eintritt.

Polit-Poker

Dass ihm dies klarzuwerden scheint, darauf könnte sein überraschendes Zugeständnis Ende März hinweisen, nun doch alle inhaftierten FARC-Kämpfer freizulassen und die militärischen Operationen für die Dauer des Geiselaustausches einzustellen, falls die FARC alle Geiseln freilassen sollte und vorher die Koordinaten der Geisellager bekanntgebe. Auf die Hauptforderung der Guerilla, für den Austausch von Geiseln und Gefangenen eine entmilitarisierte Zone einzurichten, ging er nicht weiter ein. Auch wenn diese Bedingungen bei näherer Betrachtung aus offensichtlichen, rein militärischen Gründen für die FARC nicht akzeptabel sind, zeigt der Schwenk doch zumindest, dass sich Uribe öffentlich nicht Tatenlosigkeit nachsagen lassen will.

Für einige Beobachter vor Ort und den ehemaligen Ehemann Betancourts war diese plötzliche Kehrtwende jedoch eher ein beunruhigendes Zeichen und führte zu Spekulationen, dass Uribe möglicherweise bereits Informationen über Ingrid Betancourts Ableben erhalten habe. Das bis gestern Abend anhaltende, wochenlange Schweigen der FARC und auch des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez, der bis zum Zeitpunkt des kolumbianischen Militäreinsatzes auf ecuadorianischem Boden und der Tötung des FARC-Unterhändlers Raúl Reyes eine aktive Rolle als Vermittler in der Geiselfrage übernommen hatte, schienen diesen Befürchtungen Nahrung zu geben.

Ingrid Betancourt auf dem Wege der Besserung?

Vor zwei Tagen jedoch wurden in verschiedenen Medien kürzlich verhaftete FARC-Guerilleros zitiert, Ingrid Betancourt befinde sich angeblich auf dem Wege der Besserung. Selbst wenn dies zutrifft, drängt die Zeit dennoch: Auf Dauer lässt sich im Urwald keine auch nur halbwegs angemessene medizinische Versorgung sicherstellen. Und die Zeit drängt auch für die anderen Geiseln, die sich zum Teil schon deutlich länger als sechs Jahre in Händen der FARC befinden.

Es führt kein Weg daran vorbei: Ohne Verhandlungen zwischen FARC und Uribe, bei denen es ernsthaft um einen „Gefangenenaustausch” geht, wird es keine Freilassung der Geiseln geben. Beide Seiten werden sich nun nicht mehr nur an ihren Worten, sondern an ihren Taten messen lassen müssen.