Seminar: Das politische Interview – mehr als nur reden

Wie ist ein gutes Interview aufgebaut? Was muss ich tun, um Informationen heraus zu kriegen, die noch niemand kennt? Und ist es unhöflich, meinem Interviewpartner ins Wort zu fallen? Aber wie kann ich ihn sonst unterbrechen, wenn er zu ausschweifend wird? Mit diesen und vielen weiteren Fragen haben wir uns während des Seminars „Das politische Interview“ beschäftigt, das im Rahmen des Begleitprogramms für das Studienstipendienprogramm „Medienvielfalt, anders“ vom 26. – 28. März 2015 in der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin stattfand.

Die Seminarleiterin Katharina Hamberger, freie Journalisten beim Deutschlandfunk, zeigte uns, worauf man beim politischen Interview besonders achten sollte. Teilgenommen haben 15 Nachwuchsjournalist/innen und Stipendiat/innen der Heinrich-Böll-Stiftung.

Zu Beginn stiegen wir direkt in die Grundlagen eines Interviews ein: Was ist das Ziel unseres Gesprächs? Mit wem habe ich es zu tun? Wichtige Punkte bei der Recherche sind Aussagen und Zitate über die Person, Positionierungen und ihr Verhalten. Und gibt es Äußerungen, die mit meinem Interviewpartner in Verbindung gestellt werden, die vielleicht widersprüchlich sind? Das sind u.a. Fragen, mit denen sich ein Interviewer bzw. eine Interviewerin vorher beschäftigen muss, um kompetent auf die Antworten seines Gegenübers einzugehen.

Katharina Hamberger machte uns darauf aufmerksam, wie wichtig die Fragetechnik im Interviewverlauf ist. Wenn ein/e Interviewer/in zu viele geschlossene Fragen stelle, werde er/sie kaum an neue Informationen kommen. Ebenso wenig sei es ratsam, nur offene Fragen zu stellen, da sonst die Gefahr bestehe, zu sehr auszuschweifen.

Eine weitere zentrale Voraussetzungen für die Interviewführung ist das aktive Zuhören. Einstieg und Schluss sind zentral und müssen akribisch vorbereitet werden. Ebenso empfiehlt sich ein Vorgespräch, um beidseitig gut vorbereit in das Interview zu gehen.

Der Ablauf des Seminars gestaltete sich wie folgt: Am Abend des Donnerstags recherchierten wir zunächst über die Gäste, die wir am nächsten Tag interviewen sollten. Der Freitag startete mit weiteren Recherchen für die Vorbereitung der Interviews, die wir später führen durften. An diesem zweiten Workshoptag sollte es nach der am vorigen Tag gelernten Theorie zur Anwendung dieser Theorie kommen. Katharina Hamberger hatte Valerie Wilms (MdB) von Bündnis 90/Die Grünen, Lars Wagner vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmer und Petra Reetz von den Berliner Verkehrsbetrieben als Interviewpartner/innen eingeladen.

Diese Interviews zogen sich durch den gesamten Tag hindurch und bestimmten den zweiten Workshop-Tag: Mit dem Aufnahmegerät in der Hand durfte jeder Teilnehmende in einem Vier-Augen-Gespräch ein Interview führen und aufnehmen. Dann hörten wir uns jedes Interview an und wurden aufgefordert, zunächst uns selbst einzuschätzen. Dann durfte jeder in der „großen“ Runde seine Eindrücke zum jeweiligen Interview schildern. Auch die Seminarleiterin Katharina Hamberger gab uns konkrete Tipps. Sie erläuterte uns, was man beispielsweise tun kann, wenn man den roten Faden verloren hat oder eine falsche Information hat, die sofort vom Interviewpartner widerlegt wird.

Valerie Wilms hatte nach ihren Interviews noch Zeit, uns mehr zum Verhältnis zwischen Politiker/in und Journalist/in zu erzählen – für uns war die Begegnung mit ihr eine besonders interessante Erfahrung, nicht nur aus Journalistensicht.

Katharina Hamberger gab uns außerdem die Gelegenheit, anhand von realen Interviewbeispielen eine besonders gute von einer vielleicht nicht ganz gelungenen Interviewführung unterscheiden zu lernen. Zudem bekamen wir noch eine neue Aufgabe: Wir durften ein fiktives Interview mit einem fiktiven Interviewpartner zu einem von uns selbst ausgesuchten politischen Thema vorbereiten, das am nächsten Tag vorgestellt werden sollte. Bei der Vorstellung dieser fiktiven Interviews am dritten Seminartag konnten wir ein letztes Mal das Gelernte trainieren und unsere eigenen Fehler erkennen, analysieren und versuchen zu beheben.

Zusammen mit Katharina Hamberger haben wir über Techniken der Interviewführung gelernt, mit interessanten Menschen aus Politik und Wirtschaft gesprochen sowie neue Kontakte untereinander hergestellt.