Und jenseits der Ehe? Wer Verantwortung für andere Menschen übernimmt, verdient garantierte Rechte

Gruppe von Menschen, die durch ein Kornfeld laufen

Wie lassen sich die vielfältigen familiären Lebensformen rechtlich absichern und welche Möglichkeiten und Grenzen der vertraglichen Ausgestaltung gibt es? Zu diesen Fragen hat die familienpolitische Kommission der Heinrich-Böll-Stiftung den Bericht „Wahlverwandtschaften - Die Berücksichtigung pluraler Familienformen im Recht“ veröffentlicht.

Menschen übernehmen kontinuierlich Verantwortung füreinander - in der Ehe, in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, aber auch in Patchwork-Konstellationen, in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und in familiären Netzwerken. Nie zuvor bezog sich der Begriff Familie auf eine so große Vielfalt von Lebensgestaltungen.

Rechtliche Anerkennung von Beziehungen

Die Gesellschaft verändert sich. Dementsprechend ist es sinnvoll, wenn auch unsere Rechtsgrundlagen auf diese Entwicklungen abgestimmt sind. Zurzeit ist es so, dass bestimmte Lebensformen rechtlich nicht abgesichert sind. Die Ungleichbehandlung führte zu unübersichtlichen und ungerechten Sachverhalten. Damit diese nachjustiert und gegebenenfalls korrigiert werden können, hat die Familienpolitische Kommission der Heinrich-Böll-Stiftung juristische Expertise eingeholt.

Sie hat die verschiedenen Modelle der rechtlichen Anerkennung von Sorge- und Solidarbeziehungen analysiert und einen Vorschlag für die unterschiedlich gewählten Verantwortungsbeziehungen erarbeitet. Dieser Vorschlag soll Sorgeleistungen anerkennen und die vielfältigen Formen des Zusammenlebens rechtlich absichern. Er ermöglicht es, Lebensentwürfe frei zu gestalten und Verantwortung für andere Menschen zu übernehmen.

Pakt für das Zusammenleben („PaZ“)

Nicht jeder möchte in den Stand der Ehe treten, wünscht sich aber dennoch einen rechtlichen Rahmen für das Zusammenleben im Alltag. Mit dem Pakt für das Zusammenleben („PaZ“) soll eine neue Rechtsform geschaffen werden, mit deren Hilfe zwei Menschen ihr Zusammenleben alltagstauglich rechtlich absichern können. Er greift für zwei Menschen, die Verantwortung füreinander übernehmen - nicht unbedingt auf einer Liebesbeziehung beruhend. Wer sich dafür entscheidet, kann sich formlos registrieren lassen.

So lange der PaZ besteht, haben zwei Menschen ein gegenseitiges Auskunfts-, Informations- und Vertretungsrecht. Schon jetzt gibt es die Möglichkeit, dies in individuellen Verträgen und Vollmachten zu klären; genau das soll aber rechtlich noch leichter gemacht werden. Den bestehenden Rechten sowie den sozialrechtlich schon definierten Beistandspflichten sollen zusätzlich Unterhaltspflichten an die Seite gestellt werden, die den schwächeren Teil der Zweiergemeinschaft sozial stärker absichern.

Diese Form des Zusammenlebens wird nicht nur in den Niederlanden („geregistreerd partnerschap“) und Frankreich („PACS“) bereits rechtlich ermöglicht und abgesichert, sondern erfreut sich auch einer großen Akzeptanz.

Der „PaZ“ wird auf der Konferenz Familien stärken, Vielfalt ermöglichen am 15. und 16. Mai 2017 erstmals öffentlich vorgestellt und diskutiert.