Grüner Klimafonds verschwendet knappe Gelder bei Finanzierung von REDD+

Mehr als eine Milliarde US Dollar flossen in den letzten 15 Jahren in Pilotinitiativen multilateraler Institutionen sowie in Unterstützung für REDD+-Projekte des Privatsektors und Forschungsprogramme. Dennoch blieb das Versprechen von REDD+ als Wunderwaffe gegen die Entwaldung unerfüllt: Die Zerstörung von Wäldern schreitet alarmierend schnell voran.

Für Länder des globalen Südens soll der 2010 von den 194 Mitgliedsstaaten der UNO-Klimarahmenkonvention ins Leben gerufene Grüne Klimafonds (Green Climate Fund – GCF) eine wichtige Finanzierungsquelle für Maßnahmen gegen den Klimawandel werden: Über den Fonds sollen Industrieländer einen signifikanten Teil der im UN-Klimaabkommen von Paris ab 2020 zugesagten jährlich 100 Milliarden Dollar aus öffentlichen wie privaten Mitteln für Klimafinanzierung in Entwicklungsländern bereitstellen.

Der Fonds finanziert Maßnahmen jedoch nicht direkt. Vielmehr stellen vom Grünen Klimafonds akkreditierte Durchführungsorganisationen und Intermediäre Anträge auf Förderung. Zu den akkreditierten Durchführungsorganisationen zählen multilaterale Behörden wie das UN Entwicklungsprogramm (UNDP), die multilateralen Entwicklungsbanken oder die International Finance Corporation (IFC) der Weltbank sowie nationale und regionale Behörden und Entwicklungsbanken. Auch Privatbanken und Naturschutzorganisationen wie der WWF und Conservation International erhielten eine Akkreditierung. Die Mehrzahl der bisher bewilligten Projekte wurde von internationalen Durchführungsorganisationen wie der UNDP und multilateralen Entwicklungsbanken eingereicht, wobei Projekte und Programme im Bereich Energiegewinnung aus Wind-, Solar- oder Wasserkraft und Energieeinsparungen bisher im Vordergrund standen.

Vermehrt bewilligte der Verwaltungsrat des Grünen Klimafonds zuletzt auch Förderanträge zur Renaturierung sogenannter degradierter landwirtschaftlicher Flächen und Wälder und Projekte, die Landnutzung verändern sollen. Problematisch ist dabei unter anderem der Schwerpunkt solcher Projekte auf Aufforstungen, oft mit schnellwachsenden Baumarten wie Eukalyptus in Monokultur, sowie eine Betonung von "Ökosystemleistungen" gegenüber der Renaturierung von ökologischen Funktionen. In der Kritik steht die Entscheidung des Grünen Klimafonds-Verwaltungsrats, die Förderung des umstrittenen Wald- und Klimaschutzinstruments Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation (REDD+) zu forcieren. REDD+ dominiert die internationale Waldpolitik seit 2005, ist einen Wirkungsnachweis aber bisher weitgehend schuldig geblieben. Der Grüne Klimafonds kündigte an, vorrangig besonders strittige REDD+-Maßnahmen, sogenannte 'ergebnisabhängige Vergütungen' (results-based payments) und REDD+-Projekte des Privatsektors finanzieren zu wollen, die handelbare Emissionsgutschriften generieren.

Der Zeitpunkt der Ankündigung, mehr Fördergelder für diese besonders strittigen REDD+-Maßnahmen zur Verfügung zu stellen, überrascht: Andernorts wächst die Einsicht, dass der Ansatz von REDD+ wenig geeignet scheint, die Ursachen großflächiger Entwaldung zu addressieren. Und selbst Befürworter des Handels mit Emissionsgutschriften äußern sich angesichts der sich verschärfenden Klimakrise skeptisch über die zukünftige Rolle des Handels mit Emissionsgutschriften. Die Entscheidung des Grünen Klimafond-Verwaltungsrats, die Förderung für REDD+-Maßnahmen zu forcieren, ist auch angesichts des zu erwartenden Finanzierungsumfangs bemerkenswert: Dem Fonds wird eine zentrale Rolle in der zukünftigen Klimafinanzierung zugewiesen. Gleichzeitig zeichnen sich, abgesehen von der internationalen Luftfahrtindustrie als potenziellem Käufer von Emissionsgutschriften aus REDD+-Projekten, kaum langfristige umfangreiche Finanzierungsoptionen für REDD+ aus anderen Quellen ab. Der Grüne Klimafonds könnte sich somit zur wichtig(st)en Quelle für eine langfristige Finanzierung des umstrittenen Instruments REDD+ entwickeln.

Wo bleibt der Nachweis, dass REDD+ die Entwaldung tatsächlich reduziert?

Mehr als eine Milliarde US-Dollar flossen in den letzten 15 Jahren in Pilotinitiativen multilateraler Institutionen wie der Weltbank, sowie in Unterstützung für REDD+-Projekte des Privatsektors und Forschungsprogramme. Dennoch blieb das Versprechen von REDD+ als Wunderwaffe gegen die Entwaldung unerfüllt: Die Zerstörung von Wäldern schreitet alarmierend schnell voran und ein globaler Handel mit Emissionsgutschriften, der einen großen Teil der Mittel für REDD+-Maßnahmen bereitstellen sollte, ist nicht entstanden. Abgesehen von einer potenziellen Nachfrage der internationalen Luftfahrtindustrie, die erwägt, das klimaschädigende Wachstum des internationalen Flugverkehrs ab 2025 mit dem Kauf von Emissionsgutschriften zu rechtfertigen, ist ein solcher globaler Markt mit Emissionsgutschriften auch in naher Zukunft nicht absehbar.

Andererseits mehren sich Berichte über Landnahmen und Konflikte im Zusammenhang mit der Umsetzung von REDD+-Maßnahmen. Befürworter des Ansatzes zitieren überhöhte Zahlen für vermeintlich erfolgreiche REDD+-Projekte. In einem Bericht kritisiert die britische Organisation Rainforest Foundation UK die Entscheidung des Grünen Klimafonds, die Förderung von REDD+ zu forcieren. Der Bericht beklagt, dass aus den Erfahrungen mit REDD+ Maßnahmen, die systematisch lokale Gemeinschaften von REDD+-Entscheidungsprozessen ausgrenzen, keine Lehren gezogen werden und es an unabhängiger Überprüfung von REDD+ Projekten und Programmen mangelt.

Ungeachtet der anhaltenden und wachsenden Kritik am Ansatz von REDD+ und trotz fehlender überzeugender Nachweise, dass REDD+  einen positiven Beitrag zu Waldschutz und Klimaschutz liefern kann, bewilligte der Grüne Klimafonds im Februar 2019 seine erste sogenannte 'ergebnisabhängige REDD+-Vergütung': Der Verwaltungsrat bewilligte einen Förderantrag der UNDP über 96,5 Millionen USD für Emissionen, die angeblich in Brasilien durch vermiedene Entwaldung in den Jahren 2014 und 2015 reduziert wurden.

Geld für Emissionsminderungen, die nur in Berichten existieren?

Den vom Verwaltungsrat des Grünen Klimafonds auf seiner auf der 22. Sitzung im Februar 2019 bewilligten Förderantrag für 'ergebnisabhängige REDD+-Vergütung' reichte die UNDP im Namen der brasilianischen Regierung ein. UNDP zählt zu den akkreditierten Institutionen, und ist somit berechtigt, Förderanträge beim Grünen Klimafonds einzureichen. Ergebnisabhängige REDD+-Vergütung wird gezahlt, wenn der Projektträger nachweist, dass die tatsächliche (Emission aus) Entwaldung im Vergütungszeitraum unter einem vereinbarten Referenzwert lag. Im Förderantrag wird eine 'ergebnisabhängige REDD+-Vergütung' für angebliche Emissionsminderungen in den Jahren 2014 und 2015 gefordert. Angeblich, weil – wie auch bei anderen REDD+-Zahlungen - der Nachweis strittig ist.
Im vorliegenden Fall bewilligte der Verwaltunsrat des Grünen Klimafonds die Vergütung, weil die brasilianische Regierung den Nachweis vorlegte, die Emissionen aus Entwaldung in den Jahren 2014 und 2015 unter dem Durchschnitt der Entwaldung zwischen 1996 und 2010 gehalten zu haben (siehe Grafik). Dieser Zeitraum umfasst jedoch die Spitzenjahre der Entwaldung im brasilianischen Amazonas, was zu einem Referenzwert führt, der deutlich über den tatsächlichen Entwaldungsraten der letzten zehn Jahre liegt.
 

Tatsächlich ist der Referenzwert so aufgebläht, dass die brasilianische Regierung selbst unter dem massiven Anstieg der Entwaldung im brasilianischen Amazonasgebiet seit Januar 2019 weiterhin Anspruch auf eine 'erfolgsabhängige REDD+-Vergütung' für Emissionsminderungen aus vermiedener Entwaldung hätte.

Selbst bei Verdopplung der Entwaldungsrate der vergangenen Jahre im brasilianischen Amazonas läge die Entwaldung noch unter dem Referenzwert, den der Grüne Klimafonds bei seiner ersten Zusage im Februar 2019 für die Vergütung von 'erfolgsabhängiger REDD+-Vergütung' zugrunde legte.
(a) FREL Forest Reference Level the government of Brazil submitted to the UNFCCC. Basis for the 2019 Green Climate Fund 'results-based REDD+' payment: Average deforestation 1996-2010: 16.640km2  *
(b) Reference level Brazilian Amazon Fund 1 for payments 2011-2015. The Fund is managed by the Brazilian Development Bank BNDES and aims to raise donations for measures that reduce deforestation: Average deforestation 2001-2010: 16.540km2
(c) Reference level Brazilian Amazon Fund 2 for payments 2016-2020: Average deforestation 2006-2015: 8.150km2
(d) 2009 Brazilian government commitment to reduce deforestation in the Amazon by 80 percent by 2020, compared to 1996-2005 average deforestation: 3.925km2
*Vergütung wird für Tonnen Kohlendioxid (CO2) gezahlt. Umrechnung von km2 entwaldeter Fläche auf die Größe des Waldkohlenstoffspeichers in Tonnen CO2 sowie natürliche Schwankungen führen zu hohen Schwankungen in den Berechnungen der Kohlenstoffspeicherung im Wald.
Entwaldung im brasilianischen Amazonas. Auswirkungen der Referenzwertwahl auf die Höhe der Vergütung beim Ansatz von 'erfolgsabhängiger Vergütung' für REDD+Berechnungen basieren auf den Entwaldungszahlen des PRODES Programms des Brazilianischen Instituto Nacional de Pesquisas Espaciais (INPE).  

Die Grafik zeigt, dass sich abhängig von der Wahl des Referenzwerts ein breites Spektrum an Emissionsminderungen errechnet läßt. Ein alternativer Referenzwert zu dem vom Grünen Klimafonds gewählten ist zum Beispiel die freiwillige Selbstverpflichtung der brasilianischen Regierung aus dem Jahr 2009 (Option d in der Grafik). Darin verpflichtete sich die Regierung, die Entwaldung im brasilianischen Amazonasgebiet bis 2020 verglichen mit der durchschnittlichen Entwaldung zwischen 1996 und 2005 um 80 Prozent zu reduzieren. Zieht man diese Zahl als Referenzwert heran, lagen die Emissionen aus der Entwaldung im brasilianischen Amazonasgebiet im Jahr 2014 knapp unter dem Referenzwert, 2015 und in den Folgejahren jedoch darüber (siehe Grafik). Für 2014 wäre bei diesem Referenzwert nur eine geringe 'erfolgsabhängige Vergütung' erfolgt, für 2015 wäre keine Vergütung gewährt worden.

Brasilien wird oft zitiert als Beispiel für ein Land, das die Entwaldung erfolgreich bekämpft hat. Tatsächlich hat das Land von 2004 bis 2012 einen beeindruckenden Rückgang der Entwaldung erzielt. Der Anstieg der Entwaldung in den letzten Jahren  zeigt aber auch, dass REDD+ nicht dazu beigetragen hat, die Entwaldungsraten in Brasilien auf diesem niedrigen Niveau zu halten: Der starke Rückgang der Entwaldung zwischen 2004 und 2012 wurde unter anderem durch die Umsetzung von Maßnahmen der Umweltbehörden gegen die illegale Abholzung von Wäldern erreicht. Seit 2012 wurden die erfolgreichen ordnungsrechtlichen Ansätze und das Ausheben illegaler Entwaldungscamps jedoch immer weiter zurückgefahren und die Regierung setzte vermehrt auf die Umsetzung von REDD+ und Zahlungen für den Erhalt sogenannter Ökosystemleistungen. Eine Folge: Die Entwaldungskurve zeigt seit einigen Jahren wieder nach oben, 2018 stieg die Entwaldung sogar sprunghaft an.

Subventionen für umstrittene REDD+-Projekte des Privatsektors geplant?

Auf der Liste potenzieller zukünftiger Förderanträge befindet sich ein Antrag der IFC über 72 Millionen US-Dollar für ein Waldanleihenprogramm (Multi-Country Forests Bond program). Die IFC, der Zweig der Weltbank, der privatwirtschaftliche Unternehmen fördert, besitzt ebenfalls die Akkreditierung des Grünen Klimafonds. Das vorgeschlagene Waldanleihenprogramm orientiert sich an einer bestehenden IFC-Anleiheninitiative, die Emissionsgutschriften eines umstrittenen REDD+-Projekts in Kenia verwendet.

Im Gegensatz zu den Förderanträgen, die UNDP im Namen der brasilianischen Regierung und, zur 23. Sitzung im Namen der Regierung von Ecuador vorgelegte, sieht das IFC-Konzept für Waldanleihen Subventionen für REDD+-Projekte des Privatsektors vor und zielt darauf ab, einen Handel mit Emissionsgutschriften aus REDD+-Projekten zu fördern. Nach bisher verfügbaren Informationen zum geplanten IFC-Waldanleihe-Programm ist eine Finanzierung von REDD+-Projekten des Privatsektors in drei Ländern vorgesehen: der Demokratischen Republik Kongo, Madagaskar und Peru.

Die vom IFC verwendete Bezeichnung 'Waldanleihe' ist im vorliegenden Fall jedoch irreführend: Mit dem Kapital aus den Anleihen sollen nicht Waldschutz- oder REDD+-Projekte direkt finanziert werden, sondern eine breite Palette von Klimaschutz-Projekten in Bereichen wie Transport oder erneuerbare Energiegewinnung.

Worin besteht dann die Verbindung zu Wäldern und REDD+? Die Käufer der Anleihen - Investoren, die die Kredite, die die IFC im Rahmen des 'Waldanleihenprogramms an Projekte des Privatsektors vergibt – erhalten eine jährliche Vergütung. Kaufen sie Waldanleihen des IFC, können sie wählen, ob sie diese jährliche Vergütung in bar oder in Form von Emissionsgutschriften aus REDD+-Projekten oder einer Mischung aus beidem erhalten möchten. Die IFC hofft, dass genügend Käufer von Anleihen sich für eine Vergütung in Form von REDD+-Krediten entscheiden, und dass dies den Handel mit REDD+-Emissionsgutschriften ankurbeln und neue REDD+-Projekte aus dem Privatsektor fördern wird.

Vorläufige Projektinformationen erwähnen folgende Maßnahmen, die mit den 72 Millionen USD, die sich die IFC vom Grünen Klimafonds erhofft, finanziert werden sollen: (a) eine Vorfinanzierung für neue REDD+-Projekte des Privatsektors (12 Millionen USD); (b) 52,5 Millionen USD für einen Preisstützmechanismus (Liquidity Support Facility), damit der IFC (oder ein Intermediär) den Käufern der Anleihen die REDD+-Emissionsgutschriften für weniger als die üblichen 5 USD anbieten, den Betreibern der REDD+-Projekte aber gleichzeitig einen Kaufpreis von 5 USD pro Emissionsgutschrift garantieren kann.

Das einzige REDD+-Projekt, das derzeit Emissionsgutschriften im Rahmen eines Pilotprogramms für Waldanleihen an die IFC verkauft, ist das Kasigau Corridor REDD+-Projekt in Kenia. Mehrere Publikationen berichten, das Projekt verschärfe historische Ungleichheiten, indem es den am stärksten marginalisierten Bewohner*innen – deren Beitrag zur Klimakrise gleichzeitig vernachlässigbar klein ist - die härtesten Beschränkungen ihrer Landnutzung auferlegt, ohne sie dafür adäquat zu entschädigen. Kritiker*innen halten auch den Referenzwert, anhand dessen das Projekt die angeblichen Emissionsminderungen errechnet für überhöht, was in der Folge dazu führt, dass die durch Projektmaßnahmen veranschlagte Emissionsminderung durch vermiedene Entwaldung zu hoch angesetzt wird.

Ein Bericht der britischen Rainforest Foundation, der die Auswirkungen einer Finanzierung von neuen REDD+-Projekten durch das IFC-Waldanleihenprogramm erörtert, warnt:  "Wenn die IFC das Kasigau Corridor REDD+-Projekt als Modell für die Finanzierung von REDD+-Programmen durch Waldanleihen heranzieht, steht zu befürchten, dass Mittel aus dem Waldanleihenprogramm weder zu erheblichen Kohlendioxid-Einsparungen noch zu einer deutlich verbesserten Lebensgrundlage für lokale Gemeinschaften führen."


Weiterführende Literatur: