Das Versagen der Trump-Regierung in der Corona-Krise

Hintergrund

Das Krisenmanagement der US-Regierung hat bislang auf ganzer Linie versagt. Donald Trump folgt drei Grunddispositionen, die ihm als Populist in der Vergangenheit genutzt haben, die aber in dieser Situation der Bevölkerung in den USA gewaltigen Schaden zufügen werden und sein politisches Ende markieren könnten.

Desinfektion in der New Yorker Metro gegen das Corona-Virus.
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Desinfektion in der New Yorker Metro gegen das neuartige Corona-Virus.

Seit dem Amtsantritt von Donald Trump wird darüber spekuliert, wie eine von ihm geführte Regierung sich im Falle einer großen innen- oder außenpolitischen Krise beweisen würde. Mit der Corona-Krise wird das nun offensichtlich. Das Krisenmanagement der Regierung versagt bislang auf ganzer Linie, weil Trump nicht in der Lage ist, seine destruktiven Instinkte in den Griff zu bekommen. Er folgt drei Grunddispositionen, die ihm als Populist in der Vergangenheit genutzt haben, die aber in dieser Situation der Bevölkerung in den USA gewaltigen Schaden zufügen werden und sein politisches Ende markieren könnten.

Narzissmus, Realitätsverweigerung und zwanghaftes Lügen

Da ist zum Ersten sein grenzenloser Narzissmus, der dazu führt, dass er auch jetzt noch in jedem Statement ausschließlich mit sich selbst beschäftigt ist. Demnach ist der Coronavirus eine unfaire Falle, die ihm wahlweise die Chinesen, Europäer oder Demokraten gestellt haben. Schuld sind immer andere, Selbstkritik ist ausgeschlossen. Das oberste Ziel des Krisenmanagements ist und bleibt sein eigenes Standing und seine Wiederwahl. Damit einher geht eine atemberaubende Empathielosigkeit, die dazu beiträgt, dass Trump die Krise fast ausschließlich als Wirtschaftskrise betrachtet und behandelt und eben nicht als die Krise der öffentlichen Gesundheit, die sie in erster Linie ist.

Dieser Narzissmus wird getragen von der zweiten Trumpschen Disposition, der kompletten Realitätsverweigerung. Trump baut sich sein Weltbild so zusammen, wie es ihm passt. In dieser Wunschwelt ist der Virus kein Problem oder wird Dank seiner beeindruckenden politischen Führung innerhalb kürzester Zeit verschwinden. Auch Trumps Verachtung für Expert/innen und jede Form von unabhängiger Wissenschaft kommt vor diesem Hintergrund voll zum Tragen.

Und da ist nicht zuletzt seine Angewohnheit, zwanghaft zu lügen. Seit seinem Amtsantritt hat Trump schon weit mehr als 15.000 Mal öffentlich Lügen verbreitet. Und das geht jetzt ungebrochen weiter. Er verbreitet falsche Fallzahlen, behauptet ohne jede Grundlage, es gäbe Millionen verfügbare Corona-Tests für Jedermann, in Kürze gäbe es einen Impfstoff und überhaupt sei alles halb so schlimm.

Phantasiewelt trifft auf Realität

Mit diesem Verhalten hat es Trump in den letzten Jahren geschafft, in jeder der zahlreichen internen Krisen seiner Administration, eine große Zahl der republikanischen Wähler/innen auf seine Seite zu ziehen. Kein Wunder, dass er deswegen genau so weitermacht. Er hat mit tatkräftiger Unterstützung von Fox News, sozialen Medien und rechten Verschwörungstheoretikern eine republikanische Parallelwelt konstruiert, in der sich bislang etwa 40 Prozent der amerikanischen Bevölkerung wohl zu fühlen scheint. Die Folge ist, dass sechs von zehn Anhänger/innen der Republikaner derzeit nicht davon ausgehen, dass die Corona-Krise einen großen Einfluss auf ihr Leben haben wird.

Dieses Trumpsche Erfolgsmodell funktioniert aber nur, wenn die Realität der Bürgerinnen und Bürger damit nicht allzu offensichtlich kollidiert. Und im Falle der Corona-Krise stößt das nun an seine Grenzen. Ein sich ausbreitender Virus, der potentiell einen großen Teil der amerikanischen Bevölkerung direkt betreffen wird, kann nicht einfach weggewünscht oder weggelogen werden. Die zunehmende Einschränkung des öffentlichen Lebens, die Schulschließungen, die Folgen der mangelnden öffentlichen Daseinsvorsorge betreffen die Realität fast aller Bürgerinnen und Bürger. Die fallenden Aktienkurse reduzieren täglich die private Rentenvorsorge der meisten Menschen. Die zu erwartende Rezession wird fast alle treffen. Und die befürchtete hohe Zahl von Todesfällen wird auch vor republikanischen Wahlkreisen nicht Halt machen.  

Die USA werden besonders hart betroffen sein

Trotzdem muss befürchtet werden, dass Trump so weitermacht, mit realitätsfernen Durchhalteparolen, und mit einem Regierungsapparat, dessen Dysfunktionalität er selbst kreiert hat. Das wird zusätzlich verstärkt durch die Tatsache, dass er im Vergleich zu den Anfangsjahren seiner Regierung nur noch Ja-Sager um sich geschart hat. Vorbei sind die Zeiten, in denen einige relativ unabhängige Köpfe am Kabinettstisch saßen, zentrale Ministerien leiteten und Trump entweder offen widersprachen oder hinter seinem Rücken pragmatisch handelten. Auch im Kongress gibt es keine nennenswerten Republikaner mit Rückgrat mehr, die Trump die Stirn bieten. Stattdessen folgen die Republikaner weiterhin einer Ideologie, nach der staatliche Institutionen und ein starker Sozialstaat per se des Teufels sind.

Es ist deswegen zu befürchten, dass die Krise die USA besonders hart treffen wird. Wir erleben eine toxische Kombination aus dysfunktionalem Gesundheitssystem, mangelnder sozialer Absicherung, einem großen öffentlichen Vertrauensverlust in staatliche Institutionen und einer Bundesregierung, welche sich der Realität verweigert.

Je stärker das Land betroffen sein wird, desto schneller werden auch die Lügengebäude von Donald Trump in sich zusammenfallen. Demagogen und Populisten können die Realität nicht unbegrenzt verbiegen. Donald Trumps Wiederwahl wird damit deutlich unwahrscheinlicher. Viele Menschen werden in den kommenden Monaten erkennen, welche Bedeutung funktionierende und vertrauenswürdige Institutionen, verlässliche Politik, ein starker Sozialstaat und ein effektiver Multilateralismus haben. Bis dahin aber werden die USA eine Krise erleben, deren gesellschaftliche und wirtschaftliche Folgen unabsehbar sind.