Das Spiel mit der Technik - Wie die Pandemie die Mängel der digitalen Bildung aufdeckte

Die USA setzen großes Vertrauen in Technologie, um Bildungsangebote und Lernergebnisse in den Schulen zu verbessern. Die Pandemie hat jedoch gezeigt, dass mit den meisten digitalen Lernmitteln lediglich herkömmliche Schulroutinen nachgebildet werden. Justin Reich (MIT) erklärt, warum Technologie allein das US-Bildungssystem nicht retten kann.

Dieser Artikel ist Teil unseres Dossiers "Digitale Schule: Lektionen aus der Pandemie".

Ein Tablet auf einem Bücherstapel, daneben ein Apfel und ein Lautsprecher

In den letzten beiden Jahrzehnten haben Bildungstechnologie-Apostel steile Behauptungen darüber aufgestellt, wie neue Technologien die Bildungssysteme verändern werden. Im Jahr 2009 sagten der inzwischen verstorbene Harvard Business School-Professor Clay Christensen und Kolleg/innen voraus, bis 2019 würde die Hälfte aller US-amerikanischen Sekundarschulklassen in Online- und Blended-Learning-Formaten unterrichtet. Diese neuen Kurse würden nur noch ein Drittel der Kosten verursachen und zu besseren Lernergebnissen für Schüler/innen führen.[1]

Die Gründer von Online-Bildungsorganisationen und -Unternehmen bliesen in dasselbe Horn. In seinem TED-Vortrag im Jahr 2011 wollte Sal Khan, der Gründer der Khan Academy, Bildung mit Kurzvideos neu erfinden. Die Schüler/innen könnten so personalisierte Matheaufgaben in ihrem eigenen Tempo am Computer lösen, während die Lehrer/innen in Kleingruppen die Inhalte vertiefen oder fördernd unterstützen würden. Der Gründer von Udacity, Sebastian Thrun, sagte 2012 voraus, in 50 Jahren gäbe es vielleicht nur noch zehn Mega-Hochschulen und sein Unternehmen könnte eine davon sein. Und der renommierte Bildungsforscher Sugata Mitra behauptete 2016 sogar, Schüler/innen bräuchten überhaupt keine Schulen oder Lehrer/innen mehr: Gruppen von Kindern mit Internetzugang könnten sich alles selbst beibringen.[2]

In mancher Hinsicht legten diese Behauptungen nahe, das Bildungswesen sei reif für disruptive Veränderungen. Neue Technologien würden wirkungsvolle neue Lernerfahrungen ermöglichen, neue Organisationsformen in die Klassenzimmer und Schulen bringen und zu besseren Ergebnissen für die Schüler/innen bei gleichzeitig geringeren Kosten führen.

Dann wurde die Welt im Jahr 2020 von einer Pandemie heimgesucht. Nach Angaben der Vereinten Nationen (UNESCO) betrafen die weltweiten Schulschließungen eine Milliarde Schüler/innen. Primar- und Sekundarschulen wechselten rasch zu Online-Lernformaten und sahen sich sogleich mit Problemen konfrontiert: Wie lassen sich weiterhin Schulmahlzeiten ausgeben? Wie die Technologien der Schulen bei den Familien zu Hause bereitstellen? Lehrer/innen ohne Erfahrung im Fernunterricht begannen, neue Lehrpläne und Unterrichtseinheiten zu entwickeln und in einem dynamischen und ungewissen politischen Umfeld neue Ansätze zu erfinden. All das unter wechselnden und widersprüchlichen Vorgaben von Schulen, Schulbezirken und Regierungen.[3]

Entgegen der Verheißung, neue Technologien würden bestehende Bildungsangebote verbessern, mussten diese neuen Formen des Online-Lernens gegen ein geschwächtes und überlastetes System antreten. Für die meisten Lernenden und Familien bewegte sich die Erfahrung des Online-Lernens irgendwo zwischen Enttäuschung und Katastrophe. Wie einer der Grundschulleiter in meiner Heimatstadt es ausdrückte:

„Früher hatten wir 285 Kinder in einem einzigen physischen Raum; jetzt versuchen wir, Kinder in 285 verschiedenen Räumen zu unterstützen.“

Die beiden vorherrschenden Lerntechnologien der Pandemie

Gewiss waren Bildungstechnologien während der Pandemie eine wichtige Brücke zum Lernen aus der Ferne. Allerdings sind die am weitesten verbreiteten Technologien mitnichten Neulinge. Der Übergang wird weder von MOOCs (Massiv Open Online Courses), intelligenten Tutoren, virtueller Realität, künstlicher Intelligenz noch von anderen neuartigen Tools getrieben, sondern vielmehr von zwei der ältesten verfügbaren Technologien überhaupt: von Lernmanagementsystemen und Videokonferenzen.

Das theoretische Konzept für Lernmanagementsysteme stammt aus den Sechzigern und Siebzigern des vorigen Jahrhunderts. Ihre Kommerzialisierung setzte in den 1990er Jahren ein und in den 2000ern wurde die Technologie als Open Source verfügbar. Diese Systeme sind auf allen Bildungsebenen allgegenwärtig geworden. Systeme wie SeeSaw und Google Classroom werden eher bei jüngeren Schüler/innen eingesetzt; Canvas, Schoology und andere eher in der Sekundarstufe und auch danach. Über so ein System können Schüler/innen und Lehrer/innen Dokumente wie Arbeitsblätter austauschen, aber auch Diskussionsforen, Portfolios, Peer-Reviews und automatisch benotete Prüfungen erstellen. In erster Linie aber dienen solche Systeme der Verwaltung schulischer Unterlagen.

Videotelefonie, wie sie bei ihrer Einführung in den 30er Jahren genannt wurde, war die andere wesentliche Lerntechnologie der Pandemie. In mancher Hinsicht ist der Nutzen von Videokonferenzen offensichtlich. In typischen Klassenzimmern besteht ein Großteil des Unterrichtsgeschehens darin, dass Lehrkräfte mit Schüler/innengruppen sprechen. Theoretisch ermöglicht Videotelefonie diese Interaktion auch aus der Ferne.

Doch viele Gestalter/innen und andere Expert/innen im Bereich Online-Lernen überraschte doch, wie stark diese Art des zeitgleichen Lernens während längerer Schulschließungen zunahm. Synchrones Lernen birgt eine Reihe ernsthafter Probleme. Es schließt viele Schüler/innen mit unzureichender Bandbreite oder unzulänglichen Endgeräten aus. Für Familien mit mehreren Kindern oder für Schüler/innen, die sich in verschiedenen Zeitzonen befinden, stellt es eine Herausforderung dar. Viele einfache, unverzichtbare Vorgänge im Klassenzimmer, wie direkter Blickkontakt oder Hinübergehen zu einem unaufmerksam werdenden Schüler, funktionieren in der Videokonferenz nicht. Eine einfache Aufforderung wie „Besprecht das zwei Minuten lang mit euren Sitznachbarn“ lässt sich in einem Klassenzimmer unmittelbar umsetzen. In einer Videokonferenz wird es zur kniffligen Koordinationsaufgabe.

Diese Herausforderungen sind für die jüngsten Schüler/innen umso größer. Um an einer Videokonferenz teilnehmen zu können, muss man einen Computer einschalten, auf einen Browser zugreifen, sich mittels einer URL mit einem zufälligen 10-stelligen Code in das Videokonferenz-Klassenzimmer einloggen und den Anweisungen eines körperlosen Sprechers folgen, die Video- und Stummschalttasten richtig bedienen und die gesamte Oberfläche verwalten können und dabei auch noch auf die vermittelten Inhalte aufpassen. Den meisten Sechsjährigen fehlen die Motivation, die Umsetzungsfähigkeiten, das Auffassungsvermögen und die Feinmotorik, um diese Aufgaben ohne die ständige Aufsicht eines Erwachsenen zu bewältigen. Selbst Erwachsenen fällt es schwer, Aufmerksamkeit und Bedienung bei Videokonferenzen zu koordinieren.

Wie viele Schüler/innen und Familien nun erfahren haben, ist diese spezielle Kombination von Technologien (Lernmanagementsysteme und Videokonferenzen) kein besonders geeigneter Ersatz für das Lernen vor Ort, insbesondere für die Jüngsten. Warum wird also diese Kombination so stark genutzt? Die Antwort liegt im Konservativismus der Schulen.

Schulen als konservative Systeme (im unpolitischen Sinne)

Seit vier Jahrzehnten beobachten Bildungsforscher/innen immer wieder das gleiche Muster in der Geschichte der Unterrichtstechnologie: Wenn Lehrkräfte neue Technologien erhalten, nutzen sie diese in erster Linie, um bestehende Praktiken zu erweitern. Technologien haben keinen disruptiven Einfluss auf bestehende Systeme. Vielmehr zähmen die bestehenden Systeme die neuen Technologien. Die Entwicklung und Vervollkommnung neuer pädagogischer Praktiken ist zeitaufwändig, und neue Technologien machen diese Muster nur noch komplexer. Wenn Lehrer/innen und Schulsysteme neue Technologien evaluieren, wollen sie in der Regel gängige, herkömmliche Routinen nachbilden. Trotz aller Unzulänglichkeiten können Lehrkräfte mit Lernmanagementsystemen und Videokonferenz-Tools ihren Fernunterricht ähnlich gestalten, wie er üblicherweise in ihren Klassenzimmern stattfindet.

Um den Übergang zum Fernlernen während der Pandemie zu verstehen, muss man erst erkennen, dass Schulen zutiefst konservativ auf die globale Krise reagiert haben. In Sekundarschulen gingen viele Lehrer/innen von ihrem Pult direkt zu Webcams im Homeoffice über und unterrichteten weitgehend wie zuvor. In den Grundschulen waren die Anpassungen schon schwieriger. Dennoch erwarteten viele Lehrer/innen aber von den Schüler/innen, dass sie statt an ihren Schultischen an Laptops sitzen und sich so beschulen lassen, wie es in Mathematik, Deutsch, Kunst und ähnlichen Fächern eben üblich ist.

Ob dieses deutlich zu beobachtende Muster denn auch wünschenswert ist, bleibt offen. Begeisterte Befürworter/innen von Bildungstechnologie empfinden den Konservatismus der Schulen typischerweise als schweres Manko: Wenn doch die Schulen nur zu strukturellen Veränderungen bereit wären, um von den leistungsfähigen Funktionen neuer Anwendungen zu profitieren! In ihrer anthropologischen Studie über das Programm „Ein Laptop pro Kind“ mit dem Titel The Charisma Machine (2020) bezeichnet Morgan Ames dies als die „charismatische“ Einstellung gegenüber Technologie, ein Ansatz, der enormes Vertrauen darin setzt, dass neue Technologien soziale Systeme neu organisieren können.

Aus einer anderen Sichtweise hingegen sind Schulen enorm komplexe Institutionen mit einer Vielzahl von Akteur/innen, die unterschiedliche Ziele verfolgen. In den Schulen lernen die Schüler/innen, ihre Schuhe zu schnüren, Polynome zu faktorisieren, Kriegsursachen zu verstehen, eine Fremdsprache zu sprechen, ihr Land zu lieben, ihr Land zu kritisieren, Square Dance zu tanzen, das Plusquamperfekt zu erkennen, auf dem Spielplatz miteinander auszukommen und vieles mehr. Schulen haben eine Vielzahl von Organisationsformen und Routinen erarbeitet, um diesen konkurrierenden Anforderungen gerecht zu werden, wie nach Alter gestufte Klassen, Stundenpläne, Lehrbücher, Benotungszeiträume, Sitzordnungen. Wenn Reformer/innen nun also versuchen, bestehende Schulen mit Technologie hinwegzufegen und durch neue Modelle zu ersetzen, werden sie feststellen, dass große Veränderungen in einem Teil des Systems das empfindliche Gleichgewicht zu anderen Teilen stören.

Der Tüftler-Ansatz für Bildungstechnologie

Aus dieser Perspektive ist ein tiefgreifender Wandel weder möglich noch wünschenswert. Verbesserungsarbeit an Schulen sollte nicht als ein großer transformativer Kraftakt gesehen werden (wie etwa eine völlige Neuorganisation von Schulen basierend auf neuen Technologien), sondern als ein bewusster, stetiger Prozess der schrittweisen Verbesserung, bei dem jeden Tag, jedes Semester, jedes Jahr tausende Kleinigkeiten ein wenig besser funktionieren. Morgan Ames nennt dies den „Tüftler“-Ansatz zur Verbesserung von Schulen. Sie stützt sich dabei auf die Arbeit von David Tyack und Larry Cuban in ihrem 1995 erschienenen Buch Tinkering Toward Utopia.

Für diejenigen, die hoffen, dass Schulen nach ihren Erfahrungen während der Pandemie nun radikal neue Lehr- und Lernmethoden einführen, ist dieser schrittweise Ansatz zur kontinuierlichen Verbesserung wahrscheinlich eine Enttäuschung. Aber alle, die menschliche Entwicklung als lange Reise betrachten, bei der für alle drei Schritte vorwärts auch zwei Schritte zurück gemacht werden, verstehen den Wert solch kleiner Verbesserungen, die alle Beteiligten mittragen.

Während die Vertreter/innen „charismatischer“ Technologieentwicklung Lerntechnologien als facettenreich und transformativ betrachten, sehen „Tüftler“ Lerntechnologien eher als einen recht unübersichtlichen Satz spezifischer Werkzeuge, eine bunte Sammlung von Schraubenschlüsseln und nicht als ein Schweizer Taschenmesser. Zum Beispiel haben Technologieentwickler/innen in den letzten 60 Jahren eine Reihe von adaptiven Lernsystemen (adaptive tutors) programmiert, die den Unterricht für Schüler/innen individueller gestalten sollen. Sie stellen den Schüler/innen Aufgaben, werten ihre Antworten automatisch aus und verweisen die Schüler und Schülerinnen dann auf entsprechend leichteres oder schwierigeres Material zum Weiterlernen.

Diese Lerntechnologien funktionieren in einigen Fächern gut, in anderen jedoch nicht. Ein vernünftiger Einsatz von Technologie in Schulen besteht in der Abstimmung wirksamer Technologien mit den richtigen pädagogischen Zielen. Im Mathematik- und Informatikunterricht klappt das gut. Zum Beispiel gibt es recht brauchbare, spielerisch-adaptive Lernsysteme für Grundschulmathematik, wie etwa Dreambox und STMath. Zudem ist der Fernunterricht per Videokonferenz in Mathematik für jüngere Schüler/innen eine ziemliche Herausforderung. In diesem Bereich gibt es also eine gute Überschneidung von einem gut entwickelten Angebot von Lerntechnologien und dem tatsächlichen Bedarf in den Schulen.

Es gibt aber Anzeichen dafür, dass diese Instrumente bei der Vermittlung von Lesefähigkeiten nicht sehr effektiv sind. In den frühen Phasen des Spracherwerbs, wenn Schüler/innen lernen, sich zu begrüßen und grundlegende Verben zu konjugieren, gibt es einige recht effektive adaptive Lernsysteme/Tutoren. Phonetik hingegen lässt sich mit den verfügbaren Lerntechnologien nicht besonders gut vermitteln. Außerdem sind diese Instrumente in späteren Phasen des Spracherwerbs, wenn Schüler/innen sich beispielsweise durch die Lektüre von Primärquellen neue Kulturen erschließen, viel weniger effektiv. Für die Vermittlung der meisten Themen in den Sozial- und Naturwissenschaften existieren sie kaum.

Warum gibt es bessere adaptive Lernsysteme für Mathematik als für Lesen, Naturwissenschaften und Sozialkunde? Die Antworten sind sowohl technischer als auch politischer Natur. Im öffentlichen Schulsystem der Vereinigten Staaten ist Mathematik ein standardisiertes Prüfungsfach in den Klassen 3 bis 8 und in der High School, während Naturwissenschaften und Sozialkunde viel weniger oder gar nicht standardisiert geprüft werden. Schulbuchverlage entwickeln Produkte für „Märkte“ im Schulwesen, und diese Märkte entstehen oft durch Testanforderungen. Adaptive Lernsysteme (adaptive tutors) funktionieren in Mathe besser als beim Lesen, weil es für Mathematik bessere Werkzeuge zur automatischen Benotung gibt. Computer können richtige Antworten gut erkennen, wenn alle richtigen Antwortmöglichkeiten im Voraus bekannt sind, wie bei Rechenaufgaben. Das funktioniert auch bei gewissen Aspekten der Lesefertigkeit (z. B. stumme Buchstaben bei der Aussprache eines Wortes erkennen). Bei vielen anderen Aufgabenstellungen klappt das aber nicht (z.B. eine vollständige Auflistung aller möglichen Motivationen einer Figur in einer fiktiven Geschichte).

Während der Schulschließungen haben viele Grundschullehrer/innen also eine Kombination aus synchronem Unterricht und gängigen Print- oder Online-Klassenzimmermaterialien verwendet. Wenn wir Fernunterricht in diesen Bereichen verbessern wollen, geht es nicht um die Anschaffung der richtigen Software, sondern um die Zusammenarbeit mit Pädagog/innen, um geeignete Lehrmaterialien zu identifizieren und neue Arten von Online-Unterrichtsroutinen zu entwickeln.

In erster Linie geht es auch darum, sich mit denjenigen digitalen Problembereichen auseinanderzusetzen, die eng mit anderen strukturellen gesellschaftlichen Ungleichheiten zusammenhängen. Die Pandemie hat Lücken der Chancengleichheit sowohl aufgedeckt als auch vertieft. Diese waren schon zuvor ein schwerer moralischer Makel unserer Gesellschaft und müssen im Mittelpunkt künftiger politischer Veränderungen stehen. Millionen von Familien in den Vereinigten Staaten haben keinen ausreichenden Breitband-Internetzugang oder verfügen nicht über Endgeräte für jedes ihrer Kinder. Vielen fehlen die Ressourcen, um für sichere, ruhige Lernräume zu sorgen und Tutoren für zusätzliche Unterstützung anzuheuern. Für Schüler/innen, die schon im traditionellen Bildungsumfeld unterversorgt waren, wiegen die Nachteile der Online-Beschulung oft schwerer als für andere.[4]

Schulen können die Gesellschaft nicht reparieren

Die vielleicht wichtigste Lektion der Pandemie ist, dass Schulsysteme nicht der einzige Anbieter von Infrastruktur und Sicherheitsnetzen für Kinder und ihre Familien sein können. Die Schulen in den USA haben Außerordentliches geleistet, indem sie den herausfordernden Wechsel zum Fernlernen bewältigt haben, dabei zugleich Kinder und Familien mit Mahlzeiten und Technologie versorgten, Gebäude für bessere Belüftungssysteme nachrüsteten, Gesundheits-Screenings anboten, auf sonderpädagogische und psychische Bedürfnisse eingingen und Lücken im sozialen Sicherheitsnetz füllten, egal ob es um Wohnsituation, Bekleidung und andere Bedürfnisse ging.

Überlastete Schulen können all dies nicht leisten. Die sozialen Sicherungssysteme sollten angemessene Mittel für Lebensmittelversorgung und Wohnraum für Kinder und ihre Familien bereitstellen. Die öffentlichen Gesundheitssysteme sollten Screenings, Tests, Nachverfolgung und Quarantänemöglichkeiten für Kinder und ihre Familien anbieten. Es sollte durch bezahlte Krankheitszeiten und familiär begründete Beurlaubungen besser dafür gesorgt werden, dass Familien mit erkrankten Angehörigen nicht zwischen Arbeit, Schule und Ansteckungsrisiko wählen müssen. Nach dem Muster der frühen Elektrifizierungsbewegung des zwanzigsten Jahrhunderts sollte es eine Initiative der US-Bundesregierung geben, um durch die Bereitstellung von Breitbandzugängen alle Häuser und Wohnungen ans Internet anzubinden.

Dramatische Verbesserungen des Lernerfolgs erreichen wir nicht durch die Erfindung neuer Technologien, sondern durch unseren Einsatz, das soziale Gefüge zu stärken – vor allem in Hinblick auf unsere Kinder. Wenn diese grundlegenden Fragen erst einmal angegangen wurden, kommt der EdTech eine wichtige Rolle für die Zukunft des Schulwesens zu. Das gilt insbesondere im Hinblick auf künftige Katastrophen, wie extreme Wetterereignisse oder Pandemien und ihre Auswirkungen auf Lernalltag und Lernorte von Schüler/innen. Unsere Lerntechnologien sind nur so leistungsfähig und effektiv wie die Gemeinschaften, die ihre Nutzung steuern.

Dieser Artikel ist Teil unseres Dossiers "Digitale Schule: Lektionen aus der Pandemie - Ein transatlantischer Erfahrungsaustausch".

Aus dem Englischen übersetzt von Kerstin Trimble.

 

Bibliographie

Ames, M (2019): The charisma machine: The life, death and Legacy of One Laptop Per Child. Cambridge: MIT Press.

Christensen, C.; Johnson, C.; Horn, M. (2008): Disrupting class. McGraw-Hill.

Dynarski, S. (2018): Online courses are harming the students who need the most help. New York Times, 18.01.2018. https://www.nytimes.com/2018/01/19/business/online-courses-are-harming-the-students-who-need-the-most-help.html

Kaupp, R. (2012): Online penalty: The impact of online instruction on the Latino-White achievement gap. In: Journal of Applied Research in the Community College, 19(2), S. 3-11.

Khan, S. (2011): Let’s use video to reinvent education. https://www.youtube.com/watch?v=nTFEUsudhfs

Mitra, S. (2016). The future of learning. Proceedings of the 2016 ACM Learning at Scale Conference. https://dl.acm.org/doi/proceedings/10.1145/2876034

Reich, J.; Buttimer, C.; Coleman, D.; Colwell, R.; Faruqi, F.; Larke, L. (2020): What's lost, What’s left, What’s next: Lessons learned from the lived experiences of teachers during the 2020 novel coronavirus pandemic. https://edarxiv.org/8exp9

Tyack, D.; Cuban, L. (1995): Tinkering toward utopia. Cambridge, MA: Harvard University Press.

UNESCO (2020): Globale Nachverfolgung der durch COVID-19 verursachten Schulschließungen. https://en.unesco.org/covid19/educationresponse

 

[1] Christensen, C.; Johnson, C.; Horn, M. (2008): Disrupting class. McGraw-Hill, S. 101.

[2] Reich, J. (2020): Failure to disrupt: Why technology alone can’t transform education. Cambridge: Harvard UP.

[3] Vgl. Reich, J.; Buttimer, C.; Coleman, D.; Colwell, R.; Faruqi, F.; Larke, L. (2020): What’s lost, What's left, What's next: Lessons learned from the lived experiences of teachers during the 2020 novel coronavirus pandemic.

[4] Kaupp, R. (2012): Online penalty: The impact of online instruction on the Latino-White achievement gap. In: Journal of Applied Research in the Community College, 19(2), S. 3-11.